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Korruption in SüdafrikaHaftbefehl für ANC-Generalsekretär

Ace Magashule soll vor einem Richter erscheinen und in Haft kommen. Es ist der bisherige Höhepunkt von Präsident Ramaphosas Kampf gegen Korruption.

ANC-Generalsekretär Ace Magashule, hier vor der Presse im Februar 2018 Foto: Themba Hadebe / AP

KAPSTADT taz | Am Nachmittag des 10. November unterbrachen die meisten Radio- und Fernsehstationen in Südafrika ihr Programm: Haftbefehl für ANC-Generalsekretär Ace Magashule! Die oberste nationale Strafverfolgungsbehörde NPA bestätigte, dass der nach dem Präsidenten zweitstärkste Mann im regierenden ANC sich am Freitag vor einem Richter wegen Anklagen zu Korruption in Millionenhöhe zu melden habe und bei Weigerung polizeilich vorgeführt werden würde.

Magashule soll sich unter anderem für die Veruntreuung von Staatsgeldern in Höhe von 255 Millionen Rand (ca. 14 Millionen Euro) in einem Wohnungsbauprojekt aus dem Jahr 2014 verantworten. Vermutlich werden Magashules Anwälte beantragen, dass der Angeklagte vorerst gegen Kaution auf freiem Fuß bleibt. Da keine Fluchtgefahr besteht, wird das Gericht in Bloemfontein dies wohl erlauben, zumal seine Verteidigung Zeit zur Prozessvorbereitung erhalten muss.

In den letzten Wochen hat es in Südafrika bereits dreizehn Verhaftungen von höheren ANC-Mitgliedern und ihnen nahestehenden Geschäftsleuten gegeben. Das entspricht der Linie von Präsident Cyril Ramaphosa, der bei seiner Amtsübernahme Ende Februar 2018 versprochen hatte, mit der maßlosen Korruption seines Vorgängers Jacob Zuma und dessen Umfeld aufzuräumen.

Es war aber auch klar, dass Ramaphosa mit starker Opposition in der eigenen Partei zu rechnen habe – jenen, die sich Zuma weiter verbunden fühlten. Obwohl gegen Zuma inzwischen 18 Anklagen wegen schwerer Korruption vorliegen und in 700 Fällen von „Betrug und Geldwäsche“ gegen ihn ermittelt wird, geschah bisher faktisch nichts.

Eine eigens eingerichtete Kommission unter dem stellvertretenden obersten Richter Raymond Zondo mit dem Ziel, Belege für den Missbrauch staatlicher Macht („State Capture“) vorzulegen, hat zwar zahllose schockierende Details zu Tage gefördert, konnte aber Zuma bisher nichts anhaben.

Selbst offiziellen Vorladungen entzog sich Zuma, meist wegen angeblicher Krankheit. Zuletzt ließen seine Anwälte erklären, dass sie Richter Zondo als „befangen“ ablehnten. Währenddessen agierte das „Zuma-Lager“ im ANC mit neuem Selbstbewusstsein weiter. Zu den schlimmsten Zeiten der Coronapandemie in den Monaten Juni und Juli verschwanden Gelder in Millionenhöhe, die für die medizinische Versorgung bestimmt waren, oder flossen in völlig überteuerte Aufträge, die an Parteifreunde gegangen waren.

Stärkster Gegenspieler des Präsidenten

Ace Magashule gilt als stärkster Gegenspieler Ramaphosas im ANC. Der ehemalige Ministerpräsident der Provinz Free State vermittelte während der Pandemie einen millionenschweren Auftrag für Schutzkleidung direkt an seine beiden Söhne. Er verteidigt dies als etwas, das „auch andere Väter für ihre Söhne tun würden“. Als Ramaphosa ihn kritisierte, erklärte er, dass „die Einheit der Partei über allem anderen“ zu stehen habe.

Allen war klar, dass auf Dauer dieser Machtkampf der beiden Lager im ANC nicht versöhnt werden könnte, wie Ramaphosa lange gehofft zu haben schien. Mitte Oktober zog eine Gruppe von ANC-Mitgliedern aus dem Free State zur Parteizentrale in Johannesburg, um dort die Entlassung ihres ehemaligen Vorsitzenden zu fordern. Dabei sangen sie: „Limene mene makahambe“ (ein Lügner muss gehen).

Nun folgt der Haftbefehl. Noch diese Woche soll im ANC-Vorstand entschieden werden, ob Magashule seine Amtsgeschäfte wird ruhen lassen müssen. Magashule selbst bleibt bei seiner Weltsicht: „Ich bin ein gesetzestreuer Bürger und habe mir nichts zuschulden kommen lassen.“

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