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Berliner SPD verschiebt ParteitagMichael Müller setzt sich durch

Die SPD verschiebt ihren Parteitag und damit die Wahl von Franziska Giffey und Raed Saleh. Michael Müller gewinnt als Kandidat gegen Sawsan Chebli.

Sawsan Chebli hat das Nachsehen gegen Michael Müller Foto: dpa

Berlin taz | Es läuft für Michael Müller, obwohl in Berlin bald nichts mehr läuft. Am Donnerstag setzte sich der Regierende Bürgermeister am frühen Nachmittag mit seinem Vorschlag durch, den für Samstag geplanten Landesparteitag abzublasen. Man könne nicht Theater schließen und dann im Estrel zu einem Parteitag zusammenkommen. Das wäre das falsche Signal, hieß es aus seinem Umfeld. Dem schloss sich auch der geschäftsführende Landesvorstand an, der über die Frage zu beraten hatte.

Damit bleibt Müller vorerst nicht nur Regierungschef, sondern auch Landesvorsitzender der Berliner SPD. Für Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und SPD-Fraktionschef Raed Saleh ist es dagegen ein Rückschlag. Eigentlich sollten beide am Samstag von den 279 Delegierten zur neuen Doppelspitze des SPD-Landesverbands gewählt werden – und Michael Müller als Landeschef ablösen. So hatten es Giffey, Saleh und Müller im Januar abgesprochen. Im Gegenzug sicherten Giffey und Saleh zu, den Weg frei zu machen für den Einzug Michael Müllers in den Bundestag.

Auch da hat der 55-Jährige nun eine wichtige Hürde genommen. Am Mittwochabend gab der Kreisverband der SPD in Charlottenburg-Wilmersdorf bekannt, dass Müller das Duell gegen seine Herausforderin Sawsan Chebli gewonnen habe. Müller bekam 58,4 Prozent der Stimmen. Chebli, im Roten Rathaus Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement, 40,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung der 2.500 Mitglieder lag bei 59,2 Prozent. Damit kandidiert Müller im nächsten Herbst als Direktkandidat für den Bundestag im Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf.

Ob er seinen Rückzug aus der Landespolitik tatsächlich mit einem Einzug in den Bundestag versüßen kann, ist allerdings noch nicht ausgemacht. Denn da hat auch noch Kevin Kühnert ein Wörtchen mitzureden. Der ehemalige Juso-Chef hatte Müller schon in dessen Heimatkreis Tempelhof-Schöneberg düpiert. Eigentlich wollte Müller dort für den Bundestag kandidieren, doch Kühnert warf zuerst seinen Hut in den Ring. Müller scheute den Konflikt und wich nach Charlottenburg-Wilmersdorf aus. Dort wurde er dann von der Kampfkandidatur der 42-jährigen Chebli überrascht.

Sondersitzung

Nach dem am Mittwoch beschlossenen Lockdown kam am Donnerstagabend der rot-rot-grüne Senat zusammen. Ergebnisse gab es bis Redaktionsschluss nicht. Als sicher gilt, dass die Schließung von Kultureinrichtungen und Restaurants nicht allein über eine neue Verordnung erfolgt. Am Sonntag tagt das Abgeordnetenhaus in einer Sondersitzung. Dabei soll es eine Regierungserklärung des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) geben. Auch in Potsdam soll der Landtag beraten.

In Berlin waren die Neuinfektionen am Mittwochabend auf den bisherigen Rekordwert von 1.161 neuen Fällen gestiegen. Der Inzidenzwert liegt nun bei 144,3. (wera)

Von Kevin Kühnert wird nun auch abhängen, ob Müller bekommt, was er will. So wichtig Müllers Sieg über Chebli auch war, so unwahrscheinlich ist es, dass Müller das Direktmandat holt. In den vergangenen beiden Bundestagswahlen gewann die CDU den Wahlkreis.

Müller ist also darauf angewiesen, einen sicheren Platz auf der Landesliste zu bekommen. Darüber entscheiden wollen die Genossinnen und Genossen auf einem Parteitag im Dezember, auf dem auch Giffey als Spitzenkandidatin gekürt werden soll. Sollte Kühnert dabei für Platz eins kandidieren und auch gewinnen, bestehe die Gefahr, dass Müller auf der Liste nach unten durchgereicht werde, sagt ein Sozialdemokrat. Er sieht deshalb Giffey und Saleh in der Pflicht, die Personalfrage im Vorfeld zu klären.

Sawsan Chebli gratulierte am Mittwoch Michael Müller zu dessen Nominierung. Gleichzeitig dankte sie ihren Unterstützerinnen und Unterstützern: „Ich bin überzeugt, dass der faire demokratische Wettbewerb, den wir in den letzten Wochen geführt haben, der SPD nicht geschadet hat“, schrieb Chebli in einer Erklärung. Sie werde sich weiter dafür engagieren, „dass die SPD mehr Frauen und mehr Menschen mit Migrationsgeschichte zur Wahl stellt“.

Tatsächlich ist das Ergebnis für Chebli ein Achtungserfolg – und es ist ein Hinweis dafür, dass sich die SPD verändert. In Neukölln wurde am Wochenende der 35-jährige Hakan Demir zum Direktkandidaten für die Bundestagswahl gewählt. Demir setzte sich mit 51,95 Prozent gegen den ehemaligen Kulturstaatssekretär Tim Renner durch, der 45,18 Prozent der Stimmen bekam. Dabei galt Renner ausdrücklich als Wunschkandidat von Giffey.

Demirs Ergebnis ist damit auch ein Votum der Basis gegen Hinterzimmerdeals wie den zwischen Giffey, Saleh und Müller. Dass Chebli es nicht geschafft hat, lag wohl auch daran, dass sie sich zwar auf Twitter immer wieder gegen Rassismus und Frauenfeindlichkeit wendet. Inhaltlich aber gilt sie nicht als Parteilinke. Gut möglich auch, dass die SPD-Mitglieder im schicken Westen der Stadt rund um den Kurfürstendamm ihre Partei nicht noch mehr schädigen wollten, da sie es ohnehin schon schwer hat. In Umfragen nämlich liegen die Berliner Sozialdemokraten derzeit bei 15 bis 18 Prozent. Weit hinter Grünen und CDU, aber auch noch hinter der Linken.

Einen Erfolg erzielte Giffey dann aber trotz der ihr verwehrten Wahl am Samstag. Am Donnerstag kooptierte sie der Landesvorstand in das Gremium. Ein bisschen vorsitzen darf sie also jetzt schon.

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6 Kommentare

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  • Egal wie man zu Fr. Cheblis steht, ihr Aufstieg ein Phönix ähnlicher.... Eltern aus der bildungsfernen Zuwanderungsethnie... 12 Geschwister, von untersten sozialen Stufe,als Frau im muslimischen Mannerklüngel durchgeboxt... diese Power verlangt Anerkennung und politische Zukunft. Egal welche Eitelkeiten und ähnliche Schwächen ihr angedichtet werden oder auch in der Wirklichkeit vorhanden sind.... was die SPD ins Rennen schickt...sind alles verwöhnte/untalentierte Looser*. Müller weroderwas, Kevin Kühnert was hat er geleistet/gerissen... von den anderen Berliner konturlosen Hinterbänkler ganz zu schweigen.

  • Frau Cheblis einzige Qualifikation ist ihr Vita. Wer sie als Sprecherin des Auswärtigen Amtes erlebt, mal mit Mitarbeitern vom ihr gesprochen hat oder sie auch nur zuletzt bei Chez Krömer gesehen hat, weiß dass die Abstimmung kein Kulturkampf war. Es hat sich einfach der bessere Kandidat durchgesetzt (was bei Müller für ein sehr niedriges Niveau des Kandidatenfeldes spricht!)

    • @Clara Kreuzer:

      Einspruch!

      Ich fand Sawsan Cheblis bei Krömer juti.

      www.youtube.com/watch?v=ouQ_SCvwZUk

      Sich auf die schnoddrige Art von Krömer einzustellen, mußte auch erst mal bringen.



      Die SPD ist in Berlin an vierter Stelle.

      Vorwärts und Müller vergessen!

      Leider hat der sich ja schon den größeren Luxusliner reserviert!

  • Sach mal so - Alles Müller oder was?! Nö

    Da hamsich mal wieder die Wilmersdorfer Witwen mit deCharlottis



    m.youtube.com/watch?v=IQU8Z3AGxXE



    Durchgesetzt - wa! Berlin bleibt doch Berlin! Wer dort inne SPD is - wär in Bayern in der CSU - kerr.

  • taz-Zitat: “Müller stand für das Establishment...“



    Unerträglich ist, dass SPD-Mann Michael Müller offenbar ein Problem mit der Rechtsprechung („für Recht erkennen, entscheiden, was rechtens ist“) hat:



    “(…) Der Regierende beklagt sich über Wirte, die gegen die Sperrstunde juristisch vorgehen. Das offenbart ein fragwürdiges Verständnis des Rechtsstaats



    “(…) 'Es ist kein Erfolg, sich ein oder zwei Stunden mehr Freiheit zu erstreiten, wohl wissend, was das nach sich zieht', sagte Michael Müller nach der Senatssitzung, in der verschärfte Auflagen für Treffen von Privatpersonen und das Tragen von Masken auf zehn Straßen beschlossen wurden. Und auch, die Sperrstunde 'gerichtsfest' zu machen. (...)“ (taz Berlin, 24.10.20)



    Es wäre für das Ansehen unserer Rechtsordnung sicher hilfreich, würden Regierungschefs wie Michael Müller nicht ihre eigenen moralischen Kategorien über das Gesetz stellen. Denn ein moralisch begründetes Recht über dem tatsächlichen Recht gibt es nicht! (Quelle: Wolfgang Kubicki in Cicero)

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Thomas Brunst:

      Kubicki hat auch keine Moral, mit der er irgendwas begründen könnte. Deshalb.



      Müller hat Recht, auch wenn er es nicht bekommen hat