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Balkan und Terror in WienScham und Bestürzung

Muslimische Würdenträger verurteilen den Anschlag scharf. Im nordmazedonischen Heimatdorf des Täters betonen die Bewohner ihre Friedfertigkeit.

Gedenken: Am Ruprechtsplatz in Wien erinnern Kerzen an die Opfer des Anschlags Foto: Georg Hochmuth/apa

Sarajevo taz | Chelopek heißt der Heimatort der Familie des in Wien getöteten Terroristen Kujtim F. Das Dorf liegt 12 Kilometer südlich der Stadt Tetovo in Nordmazedonien. Als die Nachricht dort eintraf, „schämten wir uns“, sagten Bewohner, die das Nachrichtenportal Klix.ba interviewt hatte. Die Befragten distanzierten sich sofort von der Tat. „Wir sind ein friedliches Dorf.“

Chelopek ist albanisch und muslimisch. Albaner stellen mindestens 25 Prozent der 2 Millionen Einwohner des weitgehend von slawischen Mazedoniern, die orthodoxen Glaubens sind, bewohnten Landes. Anders als die Albaner des Kosovo und die Bewohner Albaniens zeichnet sich die Gegend, in der Chelopek liegt, durch einen sehr konservativen Islam aus, bei dem die Moschee das Zentrum des Dorfes ist.

Im Kosovo und in Albanien sind die Albaner dagegen nicht nur Muslime, sondern auch katholische und orthodoxe Christen. Hinzu kommt die liberale muslimische Bektashi-Sekte. Die meisten Albaner in den Nachbarländern sind nicht besonders religiös. Die konservativen Albaner aus Nordmazedonien werden deshalb in Prish­tina oder Tirana oft belächelt, auch wenn die Region seit Jahrzehnten über vielfältige Kontakte nach Westeuropa verfügt.

So gingen arbeitssuchende Albaner aus Tetovo in den sechziger und siebziger Jahren als Gastarbeiter nach Westberlin, was eine gewisse Modernisierung der Stadt Tetovo zur Folge hatte. In einer zweiten Auswanderungswelle während der Kriege in den 90er Jahren kamen Albaner aus der Region auch nach Wien. Dazu gehören die Eltern des Attentäters.

Moderne Frau

Nikolaus Rast, der Anwalt, der Kujtim F. in dem Verfahren wegen dessen versuchter Einreise nach Syrien vertrat, wird bei klix.ba mit den Worten zitiert, er habe die Verteidigung nur übernommen, weil es sich bei der Mutter um eine moderne westliche Frau gehandelt habe. Sie sei verzweifelt gewesen über die Entwicklung ihres Sohnes, der sich von einem normalen Jungen zu einem Islamisten gewandelt habe.

Auch unter den mehr als zehn Millionen Muslimen des Westbalkans– sie leben in Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Serbien und Montenegro – hat das Attentat Bestürzung und Ängste ausgelöst. Alle religiösen Führer haben die Tat umgehend verurteilt.

Trotzdem versuchen Repräsentanten anderer Volksgruppen die Muslime insgesamt in die Nähe des Terrorismus zu rücken. So benutzte der Kroatische Volksrat in Bosnien die Tat, um den „islamischen Terrorismus“ innenpolitisch gegen die Bosniaken in Bosnien und Herzegowina zu wenden.

Das Oberhaupt der bosnischen Muslime Husein Kavazović sagte, man brauche angesichts der Kriege der 90er Jahre keine Belehrung über europäische Werte, und zitierte den Papst, keine Religion sei an sich terroristisch. Der bosnische Historiker Milivoj Bešlin fragt in der bosnischen Zeitschrift Saff, warum Terroristen wie der Norweger Anders Breiveg nicht als „christliche Terroristen“ bezeichnet würden.

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1 Kommentar

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  • 7G
    75787 (Profil gelöscht)

    Wieder großes Entsetzen, Rechte und Terrororganisation reiben sich die Hände. Solange die Lebenswirklichkeit für Nachkommen von Immigranten nur Frust und Verbitterung bereithält, egal ob auf dem Arbeits-, Wohnungsmarkt oder einfach nur in der Abwertung gegenüber "Alteingesessene", steht der nächsten hasserfüllten Tat nichts im Wege. Der Staat könnte rasch dagegenhalten, indem er aufhört seine Bürger zusätzlich zu spalten.