DIE WERBEPAUSE: Eine Frage der Jugend
Der Mensch, und insbesondere der Mensch so etwa zwischen 16 und 30, hat es schwer. So viele Entscheidungen: Rockstar werden oder sich lieber verlieben? Im Dunkeln über Zäune klettern oder aus dem Schiebedach eines Autos heraus Freiheit fühlen?
Mit diesen Motiven und dem Spruch „Don’t be a maybe“, also etwa „Sei kein Unentschlossener“, wirbt der Zigarettenkonzern Philip Morris – oder eher: warb. Denn auf Druck von Verbraucherschutzbehörden hat der Konzern die Kampagne erst einmal von der Straße genommen. Schuld daran ist ein üblicher Verdächtiger: Johannes Spatz vom Forum Rauchfrei, der mit Anzeigen und einem Schreiben an das Bundesverbraucherministerium dafür kämpft, dass die Werbung abgehängt wird. Er sieht Paragraf 22 des Tabakgesetzes verletzt. Der verbietet es unter anderem, mit Motiven zu werben, die „ihrer Art nach besonders dazu geeignet sind, Jugendliche oder Heranwachsende zum Rauchen zu veranlassen“.
Die Mehrheit der Bundesländer scheint das ebenfalls so zu sehen, das geht aus einem Schreiben des Bundesministeriums an Spatz hervor. Zumindest einige der Motive würden, so gibt das Schreiben die Tendenz der Länder wieder, gegen das Verbot verstoßen. Und dann, spannend, aber verklausuliert: „Diese Auffassung wird hier (…) geteilt.“ Das Verbraucherministerium hält die Werbung also auch für einen Gesetzesverstoß, unternimmt aber nichts, weil die Länder zuständig sind. Die können jetzt handeln.
Es ist nicht das erste Mal, dass Behörden eine Kampagne aus genau diesem Grund zumindest als grenzwertig einstufen. Dennoch: Für die werbenden Tabakkonzerne lohnt sich die großzügige Auslegung des Gesetzes: Bis die Behörden auf den möglichen Verstoß aufmerksam werden, sich eine Meinung bilden und Bußgeld oder Sanktionen zumindest ernsthaft in Erwägung ziehen, ist die Kampagne in der Regel sowieso wieder vorbei. SVE
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