Umsetzung von DSGVO: Unternehmen hadern mit Datenschutz
Nur jedes fünfte Unternehmen hat die Datenschutz-Grundverordnung vollständig umgesetzt. Firmen sehen die DSGVO nach wie vor kritisch.
Dass 57 Prozent die Umstellung mindestens größtenteils erreicht haben, sei ein „guter Wert“, sagt Bundesdatenschutzbeauftragter Ulrich Kelber. Alan Dahi von „None of Your Business“ sieht das anders: 20 Prozent seien „viel zu wenig“ für eine datenschutzkonforme Zukunft. Datenschutz im Unternehmen müsse ein stetiger Prozess sein, deswegen sieht er für die Unternehmen mit überwiegender Umsetzung viel Potenzial und Arbeit.
Die Unternehmen selbst sehen die DSGVO nach wie vor kritisch: Für 89 Prozent der Unternehmen ist sie praktisch nicht vollständig umsetzbar, 92 Prozent fordern Nachbesserungen. Die anhaltende Rechtsunsicherheit stellt die größte Herausforderung dar. Auch Dahi sieht Nachholbedarf bei „gewissen Teilen der DSGVO“. Große Unklarheit herrsche aus seiner Sicht bei der Cookie-Thematik. Er wünscht sich auch bei den Unternehmen mehr Sensibilität für das Thema. Viele müssten noch „erkennen, dass die ihnen anvertrauten Daten wichtig sind.“
Die Covid-19-Pandemie zwingt die Wirtschaft zum Umdenken ihrer Strukturen. Aus Gründen des Datenschutzes nutzen viele Unternehmen Homeoffice jedoch nicht oder nur eingeschränkt. 23 Prozent der Unternehmen verzichten auf Computerprogramme für interne Konferenzen, wie Teams oder Slack. Weitere 17 Prozent haben solche Anwendungen nur eingeschränkt genutzt.
Corona als Datenschutz-Dilemma
Susanne Dehmel von Bitkom sieht die Unternehmen in einem Dilemma: Sie müssten auf Distanz zusammenarbeiten. Gleichzeitig kritisierten „deutsche Aufsichtsbehörden eben jene Tools als nicht datenschutzkonform“. Corona war in Deutschland ein Katalysator für Homeoffice-Arbeit. Mittlerweile verfügen 42 Prozent der Unternehmen über Leitlinien hierzu, vor der Pandemie war es nur jedes fünfte. 13 Prozent gaben an, dass im Unternehmen kein Homeoffice erlaubt sei.
Datenschutz hemmt in den meisten Unternehmen Innovationen. Bei 56 Prozent sind neue, innovative Projekte an Datenschutz-Vorgaben oder Unklarheiten gescheitert. Die Geschäftsprozesse macht die DSGVO bei 71 Prozent komplizierter, 12 Prozent sehen eine Gefahr für das eigene Geschäft.
Dennoch wird die Einführung teilweise positiv gesehen. 69 Prozent der Befragten meinen, dass sie weltweit Maßstäbe für den Umgang mit Personendaten setze. Zwei Drittel rechnen mit einheitlicheren Wettbewerbsbedingungen in der EU, 62 Prozent sehen einen Vorteil für europäische Unternehmen. Für die Studie hat Bitkom über 500 deutsche Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeiter*innen befragt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin