Volksbegehren Deutsche Wohnen enteignen: Enteignungs-Ini geht Geduld aus
Hält der Senat das Ergebnis der juristischen Prüfung zurück? Das Volksbehren will die Entscheidung über ihr Anliegen per Anordnung erzwingen.
Laut der Ini gibt es mittlerweile Anzeichen, dass die Prüfung bereits abgeschlossen sei, aber von der Innenverwaltung zurückgehalten werden. Das sei rechtswidrig, heißt es von den Aktivist:innen. Mehrfach sei der Volks-Initiative ein baldiges Ende der Prüfungen in Aussicht gestellt worden.
In einem Telefonat am 18. August habe es sogar geheißen, dass die Prüfung fast abgeschlossen sei, aber auch noch mit anderen Senatsverwaltungen abgestimmt werde – also vor Abschluss der juristischen Prüfung. „Eine Beteiligung anderer Senatsverwaltungen oder gar eine senatsinterne Abstimmung über die Zulässigkeitsprüfung ist im Abstimmungsgesetz nicht vorgesehen“, sagt der Prozessbevollmächtigte Sebastian Schneider der taz.
Ralf Hoffrogge, der den Inhalt des genannten Telefonats eidesstattlich versichert hat, sagt: „Die willkürliche Verzögerung der Innenverwaltung muss ein Ende haben. Der demokratische Prozess wird vom Senat sabotiert.“ Man hätte über ein Jahr Geduld gehabt – mittlerweile aber häuften sich die Indizien, dass der Senat die juristische Prüfung und politische Interventionen vermische. „Das wäre illegal“, sagt Hoffrogge.
Volksentscheid zur Bundestagswahl?
„Unser Ziel ist es, den Volksentscheid gemeinsam mit der Bundestags- und Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2021 durchzuführen“, sagt Schneider. Als Vorbereitung bräuchte es 13 Monate, nachdem die Prüfung abgeschlossen ist – das sei mittlerweile extrem eng.
Die Motivation dahinter könnte Uneinigkeit innerhalb des Senats in der Enteignungsfrage sein: Nach dem Abschluss der rechtlichen Prüfung hat die rot-rot-grüne Koalition 15 Tage Zeit, um eine Position zum Volksbegehren zu entwickeln. Doch die ist strittig: Linke und Grüne sind für die Enteignung großer privater Wohnungsunternehmen, die SPD dagegen.
Antrag Man braucht 20.000 Unterschriften für einen Antrag auf Volksbegehren. Die Innenverwaltung prüft die Zulässigkeit. Ist diese gegeben, prüft der Senat, inwiefern über Ziele verhandelt werden kann.
Volksbegehren Kommt es zu keiner Verhandlungslösung, braucht man für ein Begehren weitere 175.000 Unterschriften.
Volksentscheid Mündet das Begehren nicht direkt in ein Gesetz, kommt es zur Abstimmung. Dort muss sich eine Mehrheit für das Anliegen aussprechen, Mindestwahlbeteiligung: 25 Prozent.
Ende vergangener Woche hat der Senat eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um seine offizielle Haltung zum Volksbegehren zu finden. Die Innenverwaltung sagte der taz zu den Vorwürfen, dass sie nichts zurückhalte. Man befinde sich derzeit in der senatsinternen Abstimmung.
Immerhin aber sagte Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) auf der Senats-Pressekonferenz am Dienstag, dass der Senat sich in der nächsten oder übernächsten Woche mit dem Thema beschäftigen werde. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen von Senator Sebastian Scheel (Linke) teilte der taz zudem mit, dass das Thema am 22. September, also nächste Woche, als Tagesordnungspunkt für die Senatssitzung angemeldet sei.
Wenn der Senat sich kommende Woche damit befasst, könnte es für das Volksbegehren zeitlich für eine mögliche Abstimmung bei der nächsten Wahl reichen – zumal bei den 13 Monaten Frist noch ein wenig Luft ist: Die Volks-Ini könnte Anträge schneller stellen, als die Fristen es vorsehen, ebenso darf sich das Parlament schneller mit dem Anliegen befassen als in den vorgegebenen 4 Monaten.
Den Gesamtprozess will Rot-Rot-Grün im übrigen beschleunigen. Nach einer beschlossenen Reform des Abstimmungsgesetzes noch in dieser Legislatur soll die Prüfung von Volksbegehren künftig nur noch fünf Monate dauern dürfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Trumps Personalentscheidungen
Kabinett ohne Erwachsene
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein