Verfahren gegen Fifa-Präsident: Neue Staffel im Krimi um die Fifa
Gianni Infantino steht für Kontinuität im Fußball-Weltverband. Als Saubermann angetreten, liefert er nun einen Skandal nach dem anderen.
E inen Besuch im Hotel Schweizerhof in Bern wird man so schnell nicht vergessen. Es ist das erste Haus am Platz. Im Spa-Bereich kann man sich seine Verspannungen wegmassieren lassen, indem man sich eine Honig-Faszien-Massage gönnt, die auch deswegen bestimmt ganz toll ist, weil dazu der hoteleigene „Sky Deluxe Honig“ verwendet wird. Auch tut der edle Schuppen alles dafür, dass ein Besuch im Restaurant unvergesslich bleibt, was sicher auch am Preis von knapp 50 Franken für ein Wiener Schnitzel liegt. Und eine Nacht im „Charming Queen Room“ wird gewiss so angenehem gestaltet, dass sie den Gästen für immer und ewig in Erinnerung bleibt. Doch es gibt Menschen, die einfach vergessen, was sie in dem noblen Schuppen getrieben haben. Gianni Infantino zum Beispiel, der Fifa-Präsident.
Der hat sich im Juni 2016 in ebenjenem Hotel in Bern mit dem Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber getroffen. Zu gern würde man wissen, was die beiden besprochen haben. Leider wissen das selbst die Beteiligten nicht mehr. Das behaupten jedenfalls Infantino und Lauber. Der Verdacht liegt nahe, dass da etwas verhandelt wurde, was nicht verhandelt hätte werden dürfen. Das sieht auch der Sonderstaatsanwalt so, der nun ein Verfahren gegen Infantino eingeleitet hat.
Dem Strafverfahren vorausgegangen war ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, in dem festgestellt wurde, dass die kollektive Amnesie aller an dem Treffen beteiligten Personen „abwegig“ sei. Jetzt wird gegen Infantino ermittelt, und wenn Laubers Immunität aufgehoben wird, dann wird auch gegen ihn ein Verfahren eingeleitet. Es geht um um Amtsmissbrauch, Verletzung des Amtsgeheimnisses, Begünstigung und die Anstiftung zu diesen Tatbeständen.
Immerwährender Skandal
Für die Schweizer Justiz ist dies ein nie dagewesener Skandal. Bei der Fifa ist es die Fortsetzung einer Skandalgeschichte, die das Wesen des Verbandes ebenso definiert wie die Ausrichtung von Fußballweltmeisterschaften. Als Beschuldigter in einem Strafverfahren muss Infantino damit rechnen, dass auch die Ethikkommisssion des Weltverbands nun aktiv wird. Die muss sich seit dem Amtsantritt Infantinos immer wieder mit ihrem eigenen Chef befassen. Mal geht es um die Nutzung von teuren Privatjets, mal um die Einflussnahme auf die Wahlen zum Präsidenten des afrikanischen Kontinentalverbands. Bis jetzt musste Infantino die hauseigenen, gleichwohl unabhängigen Richter nicht fürchten.
Doch die sind immer dann besonders aktiv gewesen, wenn ordentliche Gerichte gegen Funktionäre aktiv geworden sind. So kam es zu den Sperren gegen Ex-Fifa-Boss Sepp Blatter oder den ehemaligen Präsidenten der europäischen Fußballunion Uefa, Michel Platini.
Das Statement, das Infantino am Donnerstag verschicken ließ, trägt jedenfalls nicht gerade zur Aufklärung bei. „Die Treffen mit dem Bundesanwalt sollten zur lückenlosen Aufklärung beitragen. Zum damaligen Zeitpunkt waren über 20 Verfahren gegen ehemalige Fifa-Mitglieder anhängig. Dieser wesentlichen Aufklärungspflicht auch im Sinne der Fifa bin ich nachgekommen und werde dies auch weiter tun.“ Wenn es so einfach gewesen ist, warum haben er und Lauber nicht einfach offen darüber gesprochen, weswegen sie sich getroffen haben? Warum haben behauptet, vergessen zu haben, worum es bei dem Treffen ging?
Grundsätzlich übrigens leidet Infantino keineswegs an Amnesie. In seinem Statement sagt er. „Man erinnert sich noch gut daran, wo die Fifa als Institution im Jahr 2015 stand und dass ein gerichtliches Eingreifen erforderlich war, um die Glaubwürdigkeit der Organisation wiederherzustellen.“ Es darf gelacht werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Mögliche Neuwahlen in Deutschland
Nur Trump kann noch helfen
Orbán und Schröder in Wien
Gäste zum Gruseln
Prognose zu KI und Stromverbrauch
Der Energiefresser
Nahost-Konflikt vor US-Wahl
„Netanjahu wartet ab“
FAQ zur Rundfunkreform
Wie die Öffentlich-Rechtlichen aus der Krise kommen sollen
Umgang mit Trauer
Deutschland, warum weinst du nicht?