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Hagia Sophia als MoscheeGebetsteppiche sollen wieder rollen

Das Wahrzeichen Istanbuls soll nach dem Willen Erdoğans wieder ein Gotteshaus für Muslime werden. Damit schließt er sich den Islamisten an.

Innenansicht der Hagia Sophia Foto: Murad Sezer/reuters

Istanbul taz | 86 Jahre lang war die Hagia Sophia, das bekanntesten Wahrzeichen Istanbuls, ein Museum. Nun soll sie nach dem Willen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan wieder in eine Moschee umgewandelt werden.

Seit das höchste Verwaltungsgericht der Türkei vor zwei Tagen begann, über diesen Antrag zu beraten, wittern die Islamisten des Landes Morgenluft. Ganz Eifrige sind bereits dabei, auszumessen, wie groß der Teppich sein soll, der den Marmorboden des altehrwürdigen Gebäudes bedecken muss, damit die Gläubigen dort wieder niederknien können. Und Erdoğan gibt den Fanatikern Futter: „Es war ein Fehler, die Moschee 1934 in ein Museum umzuwandeln“, sagte er kürzlich seinem Haussender A-Haber.

Hatte er noch vor ein paar Jahren islamistischen Eiferern spöttisch erwidert, sie sollten doch erst einmal versuchen, die gegenüberliegende Blaue Moschee voll zu bekommen, bevor sie die Umwandlung der Ayasofia fordern, so hat der Wind sich mittlerweile gedreht.

Jetzt tritt Erdoğan selbst im Prozess als Nebenkläger auf. Weil seine Popularität immer mehr zurückgeht, braucht er nun die Fanatiker und Ultranationalisten, für die die Umwandlung des Museums so etwas wie ein zweiter Sieg über den christlichen Westen ist, den sie in der Hagia Sophia repräsentiert sehen. Schließlich war die Kirche nach der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen 1453 schon einmal für fast 500 Jahre eine Moschee.

Symbol für Trennung von Religion und Staat

Deshalb kommt der Protest der griechischen Regierung oder des US-Außenministeriums Erdoğan wie gerufen. „Wer regiert denn hier?“, rief er seinen Anhängern lauthals zu, „die oder wir?“ Als die griechische Regierung anmerkte, die Unesco müsse einer Umwandlung zustimmen, da die Hagia Sophia ja ein Weltkulturerbe sei, beschied Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu kühl: „Nur wir entscheiden, was aus dem Museum wird“.

Vermittelnd versuchte sich der moderate griechisch-orthodoxe Patriarch Bartholomäus einzuschalten. Er wollte Erdoğan klar machen, dass er mit einem solchen Schritt mutwillig Millionen Christen gegen sich aufbringen würde. Gänzlich missverstanden hatte dagegen der armenische Patriarch von Konstantinopel, Sahag Mashalian, die ganze Debatte. Er sei dafür, dass in der Hagia Sophia wieder gebetet wird, sagte er. Das müsse dann aber nicht nur für die Muslime, sondern auch für die Christen gelten.

Außerhalb der Religionsgemeinschaften sind die CHP-Republikaner gegen eine Umwandlung, weil sie das Erbe von Republik-Begründer Kemal Atatürk, der die Idee hatte, die „Kirche der göttlichen Weisheit“ zu einem Museum zu machen, verteidigen wollen. In langen Artikeln in der Zeitung Cumhuriyet wird dargelegt, dass die damalige Entscheidung rechtlich einwandfrei war und nicht, wie von den Islamisten behauptet, nach damaligen Gesetzen illegal.

Das Erbe Atatürks auszuradieren, ist eines der wichtigsten Anliegen der AKP

Atatürk wollte ein Museum, das für Menschen aller Glaubensrichtungen offen ist. Zugleich sollte damit ein symbolisches Zeichen für den laizistischen Staat, die Trennung von Religion und Regierung gesetzt werden.

Genau das wollten einige Islamisten schon immer ändern und jetzt hat sich Erdoğan ihnen angeschlossen. Das Erbe Atatürks auszuradieren, ist eines der wichtigsten Anliegen seiner AKP. Die liberale Bürgergesellschaft ist in dem Konflikt dagegen weitgehend abgetaucht. Sie ist völlig damit ausgelastet, für den Erhalt ihrer letzten Institutionen, etwa die Anwaltskammer, zu kämpfen.

Museumskasse soll offen bleiben

Das einzige, das die Hagia Sophia als Museum jetzt noch retten kann, ist die Ebbe in den Staatskassen. Die Hagia ist das mit Abstand meistbesuchte Museum der Türkei. Rund vier Millionen Touristen zahlten im letzten Jahr Eintritt für die Hagia.

Mit seiner zeitlosen Schönheit und der 56 Meter hohen Kuppel, die über den Besuchern zu schweben scheint, ist der Bau, der 537 nach Christus als größte Kirche Ost-Roms eingeweiht wurde, ein historisches Juwel, das auch Ungläubige und Agnostiker berührt. Deshalb zahlen die Besucher klaglos den hohen Eintrittspreis von fast 15 Euro – Einnahmen, die das Kulturmministerium auch für den Erhalt anderer, weniger gut besuchten Museen dringend braucht.

Viele vermuten deshalb, dass am Ende ein Kompromiss stehen wird, der das Beten an bestimmten Tagen erlaubt, aber die Museumskasse dennoch weiter offen lässt.

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