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Rechte Vorfälle bei der Polizei BerlinHakenkreuze in Police Academy

Der Staatsschutz ermittelt wegen Hakenkreuzen in einer Polizeischule. Und der Senat zweifelt an SEK-Beamten in rechter Szenekleidung.

Mehrere rechte Vorfälle gab es in den vergangenen Jahren an Polizeischulen in Berlin Foto: dpa

Berlin taz | Fünf reche Vorkommnisse in den vergangenen drei Jahren hat die Polizei Berlin an ihren Ausbildungstätten gezählt: In der Polizeiakademie Charlottenburger Chaussee gab es im Juni ein Strafermittlungsverfahren wegen des Verwendens verfassungsfeindlicher Kennzeichen aufgrund eines auf einer Tischplatte eingeritzten Hakenkreuzes. Im Februar wurde gegen eine angehende Polizistin ermittelt, die „beleidigende Äußerungen“ gemacht haben soll, „die im Gesamtkontext rechtsmotiviert gewertet werden können“.

Im September 2017 wurde in der Charlottenburger Chaussee zudem wegen Beschimpfung von Bekenntnissen, ­Religionsgesellschaften und Weltanschau­ungsvereinigungen ermittelt, weil islamfeindliche Sprüche an der Tür der Herrentoilette standen. In Berlins anderer Polizeiakademie in der Radelandstraße gab es in den vergangenen Jahren zwei ähnliche Vorfälle: Im ­April 2019 gab es Hakenkreuzritzereien auf der ­Herrentoilette, im April 2018 klebten volks­verhetzende Aufkleber am Hausmeistergebäude.

Das geht aus der Antwort auf die parlamentarischen Anfrage der Grünen June Tomiak hervor. Die Abgeordnete hatte nachgefragt, weil Anfang Juni durch eine Polizeimeldung bekannt geworden war, dass der Staatsschutz wegen eines in einen Tisch geritzten verfremdeten Hakenkreuzes das oben genannte Strafermittlungsverfahren in der Charlottenburger Chaussee eingeleitet hatte. Laut der Meldung hatte zuvor eine Auszubildende die Schnitzerei entdeckt und gemeldet.

Der „Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen politisch motivierter Kriminalität“ erhebt diese Daten in einer Eingangsstatistik. Die Polizei Berlin hat gut 3.000 Auszubildende. Beide Akademien liegen in Spandau. Dort findet vor allem die Ausbildung für den mittleren Dienst statt. Allerdings sind in den Liegenschaften teilweise auch weitere Dienststellen untergebracht.

„Grunt Style“ beim SEK

Auch nachgefragt hatte June Tomiak nach einem SEK-Einsatz vom 8. Juni, bei dem ein Beamter ein T-Shirt der Marke Grunt Style trug (taz berichtete). Das militaristische Modelabel ist in der US-amerikanischen Alt-Right-Bewegung und bei den White Supremacists beliebt und wirbt damit, die „patriotischste Marke der Welt“ zu sein.

Dem Senat erscheint es in seiner Antwort dann auch „zweifelhaft“, dass die Modemarke zu Polizist:innen passt, die sich rückhaltlos für den Schutz der freiheitlichen demokra­tischen Grundordnung einsetzen. Dennoch ließen sich „sicherheitsbehördlich keine Bezüge des US-Unternehmens Grunt Style“ zur rechts­extremen Szene feststellen, so der Senat.

Insofern ergebe sich kein Anfangsverdacht auf eine rechtsextreme Einstellung und kein Anlass zu einer Prüfung der charakterlichen ­Eignung der betreffenden Dienstkraft. Die ­Polizei ­Berlin werde den Vorfall allerdings zum Anlass ­nehmen, „eine nochmalige Sensibili­sierung“ der Dienstkräfte des SEK zu veranlassen.

Grüne: „Rechte Szenebekleidung“

June Tomiak sagt dazu: „Ich finde es merkwürdig, dass die Innenbehörde das herunterspielt. Grunt Style ist rechte Szenebekleidung. Gerade in den Staaten ist die Marke bekannt geworden durch einen Videospot, in dem eine inszenierte Demo gegen Polizeigewalt eine USA-Flagge ­anzündet und dann Polizisten dramatisch das Visier herunterklappen und in die Eskalation gehen.“ Auch wenn der Verfassungsschutz die Marke nicht so einstufe, bleibe es trotzdem rechte Szenekleidung, so Tomiak.

„Grunt Style hat auch so T-Shirt-Sprüche wie ‚This is my killing shirt‘, und in Deutschland gibt es rechtsextreme Strukturen in Spezialeinheiten, wie Fälle aus anderen Ländern zeigen. Es ist immer ein Politikum, wenn Spezialeinheiten Szenebekleidung tragen.“ Aber Tomiak findet zumindest gut, dass die Innenbehörde Handlungsbedarf sieht und sensibilisieren will.

Bei rechten Vorfällen auf Polizeischulen sei es wiederum wichtig, schnell zu reagieren, so Tomiak: „Jeder Fall ist natürlich ein Problem. Die Frage ist, wie damit umgegangen wird.“ Im aktuellen Fall sei schnell gehandelt worden. Zudem habe auch eine Auszubildende selbst da­rauf hingewiesen, so Tomiak. Sie sei gespannt, ob der Fall aufgeklärt werden könne.

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