Gleichgeschlechtliche Partnerschaft: Montenegro traut sich
Der Balkanstaat führt gleichgeschlechtliche Partnerschaften ein. Man darf sich freuen, auch wenn damit längst nicht alles rundläuft für LGBTQ im Land.
A usgerechnet die Menschen aus Montenegro, gern verspottet als „Bergserb*innen“, vor allem aus der Richtung Belgrad und Umgebung, trauen sich jetzt aus der Deckung. Nach mehreren Anläufen hat das Parlament in Podgorica die Einführung Eingetragener Lebenspartnerschaften beschlossen. Damit dürfen sich Schwule und Lesben künftig gleicher Rechte und Pflichten erfreuen wie heterosexuelle Eheleute. Nur bei der Adoption hört der Spaß auf, aber da haben ja auch andernorts vermeintlich aufgeklärte Geister noch Gesprächsbedarf.
Das Balkanland mit rund 600.000 Einwohner*innen steht nur selten im Zentrum internationaler Aufmerksamkeit. Im vergangenen November machte ein 19-jähriger trans Mann Schlagzeilen, der sich nach mehreren tätlichen Angriffen öffentlich taufen ließ.
Im Schoß der Orthodoxen Kirche Schutz zu suchen liegt in Montenegro nicht unbedingt nahe. Schließlich gehört es zum Standardprogramm der Popen, sich bevorzugt an Prides als „Paraden von Sodom und Gomorrha“ abzuarbeiten und LGBTQ-Menschen als „Päderasten“ zu verunglimpfen.
Diese kruden Thesen fallen bei vielen Politiker*innen und einem Großteil der Bevölkerung immer noch auf fruchtbaren Boden. Der Chef der größten Oppositionspartei, Nebošja Medojević, beklagte sich bitterlich. Nach allem, was die Community Montenegro schon weggenommen habe, wolle sie jetzt auch noch an die Familien ran.
Vorbereitung auf eine EU-Mitgliedschaft
Wie wohltuend waren da die Worte von Regierungschef Milo Đjukanović, der die Reife der Gesellschaft lobte und das Land einen Schritt näher an den am weitesten entwickelten Demokratien der Welt sieht. Überbordendes Engagement für LGBTQ-Belange ist nicht überliefert. Dafür war Đjukanović umso aktiver, wenn es um die Anbahnung lukrativer Geschäfte mit dem Schwerpunkt Zigarettenschmuggel ging.
Der Sinneswandel ist kein Zufall. Nach dem Nato-Beitritt 2017 möchte er sich für eine Mitgliedschaft in der EU empfehlen. Vor allem die Russ*innen, die sich im Immobiliensektor breitmachen und nach politischem Einfluss streben, sind ihm nicht geheuer. Doch von solchen Hintergedanken abgesehen: LGBTQ-Menschen feiern ihren Sieg und rüsten sich für die nächste Etappe. Wohl wissend: Da ist noch (Berg-)Luft nach oben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!