: Parkplatz mit Leinwand
In Norddeutschland ist in Coronazeiten das ausgestorben gewähnte Autokino wieder gefragt. Doch die neuen alten Autokinos bekommen gleich Konkurrenz
Von Wilfried Hippen
Corona verhilft dem Genre Autokino zu einer kleinen Renaissance. Auch in Norddeutschland gibt es sie seit einigen Wochen wieder. Im schleswig-holsteinischen Itzehoe beispielsweise auf den Malzmüllerwiesen. In Niedersachsen gibt es eines auf dem Braunschweiger Schützenplatz und an der Halle Gartlage in Osnabrück. Je nach Standort passen zwischen 80 und 200 Autos vor die Leinwand. Die Preise und Bedingungen sind bei allen Autokinos ähnlich: Für etwa 25 Euro können zwei Erwachsene in einem Auto einen Film angucken.
Das Bremer Multiplexkino Cinespace wanderte zunächst extra ins niedersächsische Umland aus, weil dort die Coronaregeln andere waren: Ab der letzten Aprilwoche organisierten die BremerInnen in Brinkum/Stuhr direkt hinter der Landesgrenze auf einem Parkplatz eines der ersten Autokinos der Region.
Hinterhof und Bürgerweide
Inzwischen sind aber auch im Stadtstaat Bremen die Bestimmungen gelockert worden, sodass Cinespace mit seinem 250-Plätze-Autokino auf den eigenen Hinterhof im Stadtteil Walle, direkt an der Weser, umgezogen ist. Ebenfalls in Bremen hat am vergangenen Freitag auch das bislang größte Autokino der Region seinen Betrieb aufgenommen: Auf der Bürgerweide, dem größten Veranstaltungsgelände der Stadt, wo in Nicht-Coronazeiten etwa auch der Bremer Freimarkt stattfindet, hat die Schaustellerfamilie Renoldi eine 35 hohe und 15 Meter breite Leinwand aufgebaut. Davor ist Platz für bis zu 650 Autos; die Vorstellungen beginnen um 21.45 Uhr.
Der Einlass findet ohne jeden Kontakt zwischen BesucherInnen und Kinopersonal statt, die Tickets gibt es nur im Netz zu kaufen und werden dann durch die geschlossene Autoscheibe gescannt. Zu sehen gibt es hier Erfolgsfilme aus der Vorjahres- Kinosaison, dazu ein paar ältere Blockbuster wie „Django Unchained“.
Alle Autokinos müssen zur Zeit auf etwas abgehangene Filme zurückgreifen, denn die Verleiher haben die Kinostarts der neuen Filme erst einmal bis in den Herbst verschoben.
In Hamburg hat es am längsten gedauert, bis die nötigen Anträge genehmigt wurden. Auf dem Heiligengeistfeld in St. Pauli werden die Zeise Kinos und der Eventveranstalter Bergmann ein Autokino mit 500 Stellplätzen aufbauen. Zur Premiere Anfang Juni – genauer stand es vergangene Woche noch nicht fest – soll dort der Udo-Lindenberg-Film „Lindenberg – Mach dein Ding“ aufgeführt werden. Persönlich vorstellen werden diese Hamburgensie die Regisseurin Hermine Huntgeburth und Produzent Michael Lehmann.
Auch für später ist Beiprogramm geplant: Fatih Akin kommt vorbei, wenn sein „Soul Kitchen“ läuft, und Stefanie Hempel wird live eine musikalische Einstimmung zu dem Beatles-Film „Yesterday“ geben.
Bleibt abzuwarten, wie das Kino direkt neben dem Stadion des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli angenommen wird. Denn es bekommt gleich wieder Konkurrenz: Anfang Juni dürfen auch normale Kinos wieder öffnen, das gab Hamburgs Senat am Dienstag bekannt.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen