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„Männerwelten“-Video von Joko & KlaasNur ein Schlaglicht

Mehrere Frauen thematisieren 15 Minuten lang sexualisierte Gewalt. Eine starke Aktion, bei der jedoch wichtige Perspektiven fehlen.

Palina Rojinski (l.) und Sophie Passmann zeigen Dickpics, die Rojinski geschickt bekommen hat Foto: Screenshot Youtube

„Ich hatte einen Pyjama an, als ich 8, 9, 10 Jahre alt war. Auch mit 17 hatte ich einen Pyjama an.“ „Es passierte dreimal durch drei verschiedene Menschen und jedes einzelne Mal trug ich T-Shirt und Jeans.“ Es ist eine der häufigsten Fragen, die Opfer von Vergewaltigung gestellt wird: Was hattest du an? Die genannten Antworten stammen aus der digitalen Ausstellung „Männerwelten“, in der Frauen 15 Minuten lang sexualisierte Gewalt und Belästigung thematisierten. Ausgestrahlt am Mittwochabend zur Primetime auf ProSieben.

Hintergrund der Sendung ist die Show „Joko und Klaas gegen ProSieben“ vom Vortag. Darin kämpfen die beiden Comedians gegen ihren Sender. Wenn sie gewinnen, bekommen sie 15 Minuten Sendezeit, die sie nach ihren Wünschen gestalten können. Eine PR-Aktion klar, doch es ist nicht das erste Mal, dass sie diese wichtigen Themen widmen. Im Mai 2019 ließen sie „Sea-Watch“-Kapitänin Pia Klemp und andere Aktivist:innen zu Seenotrettung, Rechtsextremismus und Obdachlosigkeit zu Wort kommen.

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„Männerwelten“

Eine Puppe mit einer beigen Hose und einem blauen T-Shirt
Eine Puppe mit einer beigen Hose und einem blauen T-Shirt

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Dass Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf sich nun ausgerechnet für das Thema Belästigung von Frauen entschieden haben, mag überraschen. Vor acht Jahren fasste Joko als Teil eines Spiels einer Hostess auf der IFA-Messe ungefragt an die Brust und an den Po. Klaas kommentierte feixend: „Die fährt jetzt gleich nach Hause und dann wird die erst einmal schön heulen unter der Dusche.“ Dass diese Aktion kein lustiger Scherz, sondern sexuelle Belästigung ist, hatten die beiden wohl damals nicht auf dem Schirm.

In „Männerwelten“ reflektieren die beiden nun nicht ihre eigenen Verhaltensweisen – sie treten gar nicht auf. Die Autorin Sophie Passmann ist es, die durch die Ausstellung führt und die Zuschauer:innen mit Fakten versorgt: „Fast die Hälfte aller Frauen in Deutschland wurde schon einmal sexuell belästigt.“ Oder: „Unter den Videos von weiblichen Influencerinnen sind im Schnitt 16 von 100 Kommentaren sexistisch.“

Dickpics und Vergewaltigungsfantasien

Neben dem Ausstellungsraum mit den Outfits von Vergewaltigungsopfern zeigt Moderatorin Palina Rojinski Dickpics, die sie ungefragt geschickt bekommt. Influencerin Stefanie Giesinger und die Journalistin Visa Vie lesen Online-Kommentare vor: Beleidigungen, Vergewaltigungs- und Mordfantasien. Collien Ulmen-Fernandes und Katrin Bauerfeind lesen in verteilten Rollen Chatverläufe vor. Nicht berühmte Frauen erzählen von ihren Erfahrungen mit Belästigung und sexualisierter Gewalt im öffentlichen Raum.

Auch nach über 100 Jahren Feminismus ist es wichtig, sexualisierte Gewalt öffentlich zu problematisieren. #MeToo hat die Debatte seit 2017 wieder auf den Tisch gebracht, doch durch die aktuelle Pandemie scheint das Thema in Vergessenheit zu geraten, dabei bleiben Belästigung und Gewalt Alltag von vielen Frauen. Dass Joko und Klaas ihre Reichweite dafür nutzen, ist richtig. Noch viel wichtiger ist es, den Mut der beteiligten Frauen zu erwähnen, die ihre Erfahrungen mit der Öffentlichkeit teilen. Und die ist groß: 2,04 Millionen Menschen sahen die Sendung live im Fernsehen. Am Donnerstagnachmittag gibt es schon über 1,2 Millionen Aufrufe bei YouTube.

Auch die Resonanz in sozialen Medien ist groß: Viele Männer geben sich überrascht und schockiert – Frauen erzählen von ihren Erfahrungen. Doch nicht nur zustimmendes Feedback wird geteilt: Einige kritisieren die Kooperation mit Terre des Femmes, einer Frauenrechtsorganisation, die in den vergangenen Jahren wiederholt mit trans- und islamfeindlichen Inhalten aufgefallen ist. Und auch dass (fast) nur Frauen der Mehrheitsgesellschaft im Video gezeigt werden, wird von Feminist:innen problematisiert.

Es ist klar, dass das Gezeigte nur einen Ausschnitt zeigt. Doch die fehlende Perspektive von LGBTIQ Menschen, Women of Color oder Frauen mit Behinderung ist keine Kleinigkeit. Frauen mit Behinderung sind zwei- bis dreimal so häufig von sexualisierter Gewalt betroffen wie andere. Women of Color werden deutlich häufiger Opfer digitaler Gewalt als weiße Frauen. Diese Frauen hätten im Video zu Wort kommen müssen.

Die 15 Minuten „Männerwelten“ sind im Idealfall ein Anstoß für eine erneute Debatte in Deutschland. Die sollte sich vor allem darauf konzentrieren, wie ein Umdenken in der Gesellschaft erfolgen kann, welche Hilfestellungen dafür nötig sind und wer in welcher Form Verantwortung übernehmen muss. Und diese Debatte muss in­ter­sektional geführt werden. Denn im Kampf gegen Machtmissbrauch, Unterdrückung und Gewalt darf es kein „ein Problem nach dem anderen“, sondern nur ein miteinander verschränkt geben.

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5 Kommentare

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  • Jojo und Klaas die nach "Running Man" Manier die Menschen belustigen, nehme ich nicht Ernst .

  • Da verzweifle ich vielleicht ein bisschen am anderen Geschlecht, aber es kamen eben hauptsächlich von Frauen negative Kommentare, zu wenig dies und das, warum mit Terre des Femmes.

    Natürlich kann ich Kritik üben, ich sehe das immer bei meiner Arbeit im IT Bereich, jeder meiner Kunden kann mir minutenlang vorbeten was alles Scheiße ist, wenn man fragt und was war an der alten Software denn gut, kommt in der Regel, das kennen wir schon, das passt zu unserem Arbeitsablauf, ansonsten nichts.

    Es gab hier ein 15 Minuten Fenster, um auf wichtiges gesellschaftliches Problem hinzuweisen, was da gegenüber Frauen passiert ist asozial.

    Aber anstatt den Schwung der Sendung aufzunehmen und das Thema auszubauen, demoliert man lieber den Ausgangspunkt.



    Auch hier ein Beispiel von der Arbeit, niemand liefert ein Produkt das 100% läuft, Fehler patchen wir hinterher, hoffentlich, raus.

    So kommt man nicht voran und das ist ein how to demoliere ich mein eigenes Anliegen am Besten selbst in 5 Schritten, ich verstehe das ehrlich gesagt nicht.

    Wo hätte man zur Primetime so neh Sendung bekommen?

    Ist wie beim Judo, Bewegungsenergie zum eigenen Vorteil ausnutzen...

  • Wow.



    Die Inszenierung ist gelungen:



    Joko & Klaas "schenken" Frauen 15 Minuten ihrer Primetime, damit sie endlich zu Wort kommen. Tatsächlich loben wir die beiden für diesen Akt der Selbstaufopferung.



    Im Ernst?



    Nein. Im Ernst sind hier nur die drei, vier genannten Statistischen Daten, das Thema selbst wird inszeniert. Eine Collage gezeigt, eine Performance dargeboten: braucht das Thema sexualisierte Gewalt gegen Frauen* eine solche Darstellungsweise, um gehört zu werden? Müssen wir die Realität so "trendy" verpacken? So "unfeministisch", damit man nicht als Feminist*in beschimpft wird?

    Und überhaupt: wer sind hier die Ausgestellten? Was die Exponate? Sie kreisen um sich selbst, um gehört zu werden - mal wieder. Die Frauen* werden in der sogenannten Männerwelt allein gelassen, müssen alleine durch die Ausstellung gehen. Ihre Probleme werden wortwörtlich zur Schau gestellt. Das kann man "interessant" finden - oder auch einfach nur makaber.

    Ich hätte mir ein Statement von den beiden Gönnern gewünscht, die sich dazu äußern, auch selbst sexistische Taten begangen zu haben (siehe dieses Video mit der Mutprobe von 2012).



    Ich hätte mir gewünscht, dass Frauen nicht wieder ALLEINE als Opfer dargestellt werden und aklagen müssen.

    Diese Ausstellung stellt nur aus und verbirgt die Aussteller, die Künstler. Logisch ist das nicht.



    Und am Ende dedattieren wir über J&K und ihre super-genutzten 15 Minuten (Meilenstein!), statt über das Thema selbst zu reden - mit allen Beteiligten.

    • @Ena Lan:

      Ich hätte mir ein Statement von den beiden Gönnern gewünscht, die sich dazu äußern, auch selbst sexistische Taten begangen zu haben (siehe dieses Video mit der Mutprobe von 2012).

      Das hätte ich mir auch gewünscht.

      Ansonsten: Bedenken Sie, dass durch Joko & Klaas eine Zielgruppe erreicht wird, die sonst nicht erreicht wird. Das ist ein Mehrwert.

      Und: Bei allem was Sie fordern. Hand aufs Herz: Langen dafür 15 Minuten? Wahrscheinlich nicht.

      Ist das Problem damit gelöst? Nein, aber es ist ein (kleiner) Schritt in die richtige Richtung.

    • @Ena Lan:

      "Müssen wir die Realität so "trendy" verpacken? So "unfeministisch", damit man nicht als Feminist*in beschimpft wird?"

      Das kann man so sehen, aber man hat hier eine relative "breite" Zuschauerschaft im Blick auf einem Sender in dem jeden Donnerstag sonst um 20:15 Uhr Heidis Mädchen läuft.

      Das ist ein bisschen wie bei den Historikern und Guido Knopp und seinem Histotainment.

      Natürlich kann ich Knopp für seinen mangelnden Tiefgang und die Verallgemeinerungen kritisieren, aber erst die hat Aufmerksamkeit geschaffen, ansonsten gab es nur einen Interessentenkreis von ein paar Tausend Personen.