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Ab siebten Monat gibt’s 87 Prozent

Statt bisher maximal 67 Prozent des ausgefallenen Lohns soll die Leistung der Bundesagentur für Arbeit künftig bis zu 87 Prozent betragen. Gewerkschaften kritisiert dennoch: zu spät

Von Hannes Koch

Vieles ist in der Coronakrise möglich, was bisher unrealistisch erschien. So hat die Koalition mal eben das Kurzarbeitsgeld stark erhöht. Davon werden Millionen Beschäftigte profitieren, deren Firmen Arbeitszeit und Bezahlung verringern, weil sie weniger Aufträge haben.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte die Anhebung gefordert, um vor allem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit niedrigen Einkommen zu unterstützen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sah es ähnlich, die Union sträubte sich zunächst. Nun hat man sich auf einen Kompromiss geeinigt: Eine Erhöhung kommt, allerdings erst ab dem vierten Monat der Kurzarbeit.

Bisher liegt das Kurzarbeitsgeld bei 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns für Beschäftigte ohne Kinder und 67 Prozent mit Nachwuchs. Künftig steigt die Leistung ab dem vierten Monat der verringerten Tätigkeit auf 70 beziehungsweise 77 Prozent. Ab dem siebten Monat werden 80 und 87 Prozent gezahlt.

Diese Erhöhung komme zu spät, kritisierte die Gastronomiegewerkschaft NGG. Den Beschäftigten fehle der Lohn jetzt, nicht erst in vier oder sieben Monaten. Dabei können die erhöhte Leistung nur solche Arbeitnehmer erhalten, deren Arbeitszeit um die Hälfte oder mehr verringert wurde. Einstweilen soll die Aufstockung bis zum 31. Dezember laufen.

Grundsätzlich haben alle sozial­versicherungspflichtigen Beschäftigten einen Anspruch auf Kurzarbeitsgeld. Auszubildende bekommen es aber erst nach sechs Wochen. Minijobber und Selbstständige bekommen es dagegen gar nicht. Beantragen müssen es die Unternehmen. Die Unterstützung kann fließen, wenn mindestens 10 Prozent der Belegschaft von einem Arbeitsausfall mit mindestens 10 Prozent betroffen sind.

Die Leistung ersetzt einen Teil des wegfallenden Lohns. Reduziert eine Firma beispielsweise Arbeitszeit und Lohn um 50 Prozent, zahlt die Bundesagentur für Arbeit (BA) anfangs 60 Prozent der Hälfte. Konkret: Beträgt der volle Nettolohn 2.000 Euro, und fallen 1.000 Euro weg, ersetzt die Bundesagentur 600 Euro. Das reduzierte Gehalt plus Kurzarbeitsgeld summiert sich auf 1.600 Euro.

Die Agentur nimmt das Geld aus dem Haushalt der Sozialversicherung. Bisher rechnete sie mit einer Rücklage von rund 26 Milliarden Euro zum Jahresende. Angesichts der Corona­krise werde die Reserve dieses Jahr nun aber wohl „zu Ende gehen“, sagte Bernd Fitzenberger, Chef des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bei der Bundesagentur.

Laut Anke Hassel, Professorin der privaten Hertie-Hochschule in Berlin, reichen die Mittel der Bundesagentur 2020 für rund 3 Millionen Kurzarbeiter. Sollte mehr nötig sein, wird der Finanzminister Milliarden aus dem Bundeshaushalt beisteuern müssen. Bisher haben rund 718.000 Betriebe Kurzarbeit angemeldet.

Für Beschäftigte, die trotz des höheren Kurzarbeitsgelds finanziell nicht über die Runden kommen, hat die Koalition eine weitere Regelung beschlossen. Arbeitnehmer können in systemrelevanten Tätigkeiten Geld hinzuverdienen, ohne dass es auf das Kurzarbeitsgeld angerechnet wird. Voraussetzung: Der Gesamtverdienst darf den bisherigen Normallohn nicht übersteigen. Als systemrelevant gelten dabei unter anderem Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Lebensmitteleinzelhandel und Güterverkehr. Außerdem soll das Arbeitslosengeld I für Personen um drei Monate verlängert werden, deren Anspruch zwischen Mai und Dezember 2020 enden würde.

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