Katastrophe mit 21 Toten: Loveparade-Prozess vor dem Aus
Wegen Corona droht ein Ende des Mammutprozesses: auch die letzten verbliebenen drei Angeklagten könnten ohne Strafen oder Auflagen davonkommen.
Denn dann ist es mehr als zehn Jahre her, dass bei der Duisburger Loveparade 21 Menschen getötet und 650 zum Teil schwerst verletzt und traumatisiert wurden: Auf einer Rampe, die vom dunklen und dreckigen Karl-Lehr-Tunnel unter dem Güterbahnhof der Ruhrgebietsstadt zum damaligen Veranstaltungsgelände führte, wurden sie bei einer Massenpanik in drangvoller Enge erdrückt – alle 21 Todesopfer starben durch Quetschungen des Brustkorbs.
Schnell ins Visier der Öffentlichkeit gerieten Duisburgs damaliger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) sowie der Chef der Veranstaltungsfirma Lopavent und Inhaber der Fitnesskette McFit, Rainer Schaller. Beide wurden jedoch nicht angeklagt, als der Prozess im Februar 2017 in einem zweiten Anlauf endlich begann. 2016 hatte das Gericht sogar vollständig abgelehnt, überhaupt eine Hauptverhandlung zu eröffnen: Es mangele schlicht an „konkretem Tatverdacht“ gegen einzelne, namentlich benennbare Verantwortliche.
Auch im zweiten Anlauf 2017 mussten sich nur Mitarbeiter*innen von Sauerland und Schaller für die Katastrophe verantworten. Im eigens als Gerichtssaal angemieteten Osttrakt des Düsseldorfer Kongresszentrums saßen nur Ex-Stadtentwicklungsdezernent Jürgen Dressler und fünf weitere Stadtbedienstete auf der Anklagebank. Dazu kamen vier Beschäftigte Schallers, die bei der Lopavent als Gesamtleiter, technischer Leiter, Produktionsleiter und als Sicherheitschef beschäftigt waren.
Die Rolle der Polizei
Die Rolle der Polizeiführung, deren Beamte sogar noch mit einem Bulli in die Menschenmenge vor der Rampe zum Loveparade-Veranstaltungsgeläde hereingefahren waren und die so die drangvolle Enge noch vergrößert hatten, wurde dagegen nie beleuchtet.
Im Februar 2019 folgte dann eine weitere Enttäuschung für die Nebenkläger*innen, darunter viele Angehörige von Getöteten: Wegen geringer Schwere der Schuld wurde das Verfahren gegen sieben der zehn Angeklagten nach Paragraf 153 der Strafprozessordnung eingestellt. Ihnen sei ihnen kein „schuldhaftes Verhalten“ nachzuweisen, erklärte Oberstaatsanwalt Uwe Mühlhoff. Der Nachweis, welche Handlung welches Beschuldigten direkt zum Tod oder zur Verletzung von Menschen geführt habe, sei nicht zu erbringen.
Ohne jede Auflage konnten sieben der zehn Angeklagten deshalb den Saal verlassen. Auf der Anklagebank zurück blieben nur noch drei Mitarbeiter der Lopavent – und auch bei Ihnen zweifeln die Duisburger Richter, ob ihnen schuldhafte fahrlässige Tötung individuell nachgewiesen werden kann.
Bei der Katastrophe habe es sich um ein „multikausales Geschehen“ gehandelt, erklärt das Gericht stattdessen. Bis zum 20. April sollen Anklage, Nebenkläger*innen und Verteidigung nun erklären, ob sie einer Einstellung des Verfahrens zustimmen.
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