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Aktionsplan gegen RassismusGrüne wollen „Rasse“ streichen

Grundgesetzänderung, virtuelle Polizeiwache, mehr Rechte für MigrantInnen: Die Grünen legen nach Hanau einen Aktionsplan vor.

Wollen das Grundgesetz ändern: Grünen-ChefInnen Annalena Baerbock und Robert Habeck Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz Mit einer virtuellen Polizeiwache, einer Änderung des Grundgesetzes und mehr Rechten für MigrantInnen wollen die Grünen den grassierenden Rassismus bekämpfen. „Wir werden jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen, sondern uns dafür einsetzen, dass Konsequenzen daraus folgen“, heißt es in einem Entwurf für einen Plan mit 23 Punkten, der am Sonntagnachmittag vom Parteirat beschlossen werden soll.

Die virtuelle Polizeiwache soll dabei helfen, Gewalt und Hass im Netz zu erfassen und zu ahnden. Bei ihr solle man flächendeckend online Strafanzeigen stellen können, fordern die Grünen. Eine „Task Force Rechtsextremismus“ mit einer zentralen Hotline soll als Anlaufstelle für Menschen dienen, die von rechter Gewalt bedroht sind.

Die Grünen möchten auch Strukturen mit mehr Geld ausstatten, die die Demokratie stärken. Ein Demokratiefördergesetz im Bund soll helfen, um politische Bildung, antirassistische Initiativen und Opferhilfe besser zu fördern. In dem Entwurf heißt es dazu: „Die Förderung bewährter zivilgesellschaftlicher Träger, Projekte und Netzwerke durch den Bund muss finanziell ausgebaut und verstetigt werden.“

Frankreich macht es vor

Außerdem wollen die Grünen einen bei der Bundesregierung angesiedelten Beauftragten gegen Rassismus einsetzen. „Um Rassismus entschieden zu bekämpfen, braucht es klare Verantwortlichkeiten auf Bundesebene“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die Grünen wollen zudem den Begriff „Rasse“ aus dem Grundgesetz streichen. In Artikel 3 heißt es, dass niemand wegen seiner Rasse benachteiligt oder bevorzugt werden dürfe – eine Reaktion der AutorInnen auf den Rassenwahn der Nazis. Die Einteilung von Menschen in Rassen gilt in der Wissenschaft aber seit Langem als unhaltbar. In Frankreich wurde der Begriff deshalb im Jahr 2018 aus der Verfassung gestrichen.

Die Grünen möchten zudem den Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in Verwaltungen und Behörden erhöhen – vor allem bei der Polizei. Sie erklären in ihrem Plan aber nicht, wie das passieren soll. Von einer Quotenregelung ist nicht die Rede.

Außerdem wird gefordert, Antidiskriminierung in Lehrpläne aufzunehmen und das Geburtsrecht auszuweiten. Kinder, die in Deutschland auf die Welt kommen, sollen nach dem Willen der Grünen die deutsche Staatsangehörigkeit bekommen, wenn mindestens ein Elternteil einen legalen Aufenthaltstitel besitzt.

NSU-Akten unter Verschluss

Nach dem rechtsextremen Terroranschlag in Hanau versuchen die Grünen, die allgemeine Betroffenheit mit inhaltlichen Ideen zu untermauern. Auch die Bundestagsfraktion hat neulich einen Aktionsplan gegen Rechts vorgelegt. Dort, wo sie regieren, halten die Grünen ihre hehren Forderungen allerdings nicht immer ein. Ein Beispiel ist die schwarz-grüne Koalition in Hessen.

Als SPD und Linkspartei im Jahr 2014 im hessischen Landtag für einen Untersuchungsausschuss zu den NSU-Morden stimmten, enthielten sich die Grünen zusammen mit der CDU. Die schwarz-grüne Koalition hat auch dafür gesorgt, dass wichtige Akten des Landesverfassungsschutzes zum NSU 30 Jahre lang unter Verschluss bleiben. Die Linkspartei fordert die Veröffentlichung.

„Die Grünen haben in Hessen dafür gesorgt, dass Demokratieprogramme mehr Geld bekommen“, sagt Hermann Schaus, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im hessischen Landtag. „Aber sie tun längst nicht so viel, wie nötig wäre.“

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12 Kommentare

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  • Ethnie und Kultur sind die neue Rasse. Rassismus gibt es auch unter Migranten. Nicht wegen einer (behaupteten) Rasse diskriminiert zu werden, ist ein wichtiges Grundrecht, dass durch eine Umbenamsung nicht eingeschränkt werden sollte. Nicht im GG steht sexuelle Identität - und das gehört auch hinein.

  • Rasse streichen? Was ist mit der "sexuellen Identität", die in Art. 3 aufgenommen werden sollte? Darauf warte ich seit Jahren. Die Grünen zeigten hier kein ebenso energisches Vorgehen wie beim Wort "Rassismus". Warum diese unnötige Spaltung?

  • Schöner Plan! Zum ersten Mal in meinem Leben schießt mir der Gedanke durch den Kopf, dass ich zur Not die Grünen wählen könnte.

  • Ich halte die Grünen eben wegen ihrer Politik in Hessen für wenig glaubwürdig, wenn es um die volle Aufklärung rassistisch bedingter Verbrechen geht. Insofern ist diese Kampagne wieder einmal nur Symbolpolitik.

  • „Die Grünen haben in Hessen dafür gesorgt, dass Demokratieprogramme mehr Geld bekommen“, sagt Hermann Schaus, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im hessischen Landtag. „Aber sie tun längst nicht so viel, wie nötig wäre.“

    Stimmt.



    Das gilt allerdings nicht nur die DIE GRÜNEN.



    Wo bleibt der Aktionsplan für mehr und direkte-re Demokratie?



    Z.B. www.mehr-demokrati...ratbroschu__re.pdf

    Basisdemokratie gehörte mal zu den Forderungen der GRÜNEN in deren Anfangszeiten.

  • Biologisch-genetisch gibt es keine präzise definierbaren "Rassen". Es war zwar im 19. und 210. Jahrhundert üblich so zu denken. Aber die neuere Forschung ersetzt derartige Vorstellungen mit "Kultur", was nicht bedeutet, dass es sehr verschiedene genetische und biologische Dispositionen gibt. Aber sie schließen sich nicht zu den früher konstruierten 5 Rassen.

    • @Monika Frommel :

      Die Frage ist, wie veränderbar diese Dispositionen sind. Während Hautfarbe recht unveränderbar ist, sind verschiedene Temperamente durch Selbstkontrolle in den Griff zu bekommen. Niemand kann seine kriminelle Ader durch Abstammung von den Wikingern rechtfertigen. Da das meiste veränderbar ist, machen Rassen kaum Sinn und lassen sich zB im medizinischen Bereich auch durch Gruppenbezeichnungen (laktoseintolerant) ersetzen. Davon zu unterscheiden ist die Mitgliedschaft in einer kriminellen Religion, die den Rechtsstaat nicht anerkennt und den Tod von Gotteslästerinnen fordert - egal ob durch die Türkei oder Saudi-Arabien gefördert. Hier besteht ein Handlungsbedarf, der von der Politik sträflicherweise ignoriert wird. Anstelle Partei für eine kriminelle Religion zu ergreifen, sollte ein Minimalkonsenz des Zusammenlebens eingefordert werden - von allen, selbstverständlich auch von den Rechten. Tötungsaufforderungen von jeder Seite sind zu bestrafen.

  • Die Glaubwürdigkeit der Grünen ist in meinen Augen schon lange erschüttert. Die übliche Betroffenheitsrethorik wird stets von "Massnahmenkatalogen" verfolgt, bleibt aber auch bei einer grünen Beteiligung an Landes- oder Bundesregierungen regelmässig auf der Strecke. Weder in der Rot-Grünen Koalition unter Schröder noch in irgendeinem einzigen Landesparlament, auch nicht in BaWü, haben die Grünen je etwas dergleichen Gefordertes umgesetzt, geschweige denn erst den Anlauf dazu unternommen. Deshalb kann man diese Aussagen bis zur Erbringung des Gegenteils getrost unter Wahlrethorik abspeichern.

  • „Die Grünen haben in Hessen dafür gesorgt, dass Demokratieprogramme mehr Geld bekommen“, sagt Hermann Schaus, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im hessischen Landtag. „Aber sie tun längst nicht so viel, wie nötig wäre.“

    Stimmt.



    Das gilt allerdings nicht nur die DIE GRÜNEN.



    Wo bleibt der Aktionsplan für mehr und direkte-re Demokratie?



    Z.B. www.mehr-demokrati...ratbroschu__re.pdf

    Basisdemokratie gehörte mal zu den Forderungen der GRÜNEN in deren Anfangszeiten.

    • @Ute Plass:

      ach ja - es wäre fatal, wenn die GRÜNEN sich nicht weiter entwickelt hätten; denn sie sind mittlerweile regierungsfähig geworden.

  • Längst überfällig

    Zitat: „Die Grünen wollen zudem den Begriff „Rasse“ aus dem Grundgesetz streichen. In Art. 3 heißt es, daß niemand wegen seiner Rasse benachteiligt oder bevorzugt werden dürfe – eine Reaktion auf den Rassenwahn der Nazis. Die Einteilung von Menschen in Rassen gilt in der Wissenschaft aber seit Langem als unhaltbar. In Frankreich wurde der Begriff deshalb 2018 aus der Verfassung gestrichen.“

    Dies ist in der Tat längst überfällig. Es muß nur verwundern, daß man jetzt erst darauf kommt. Das mögliche Gegenargument, mit der Tilgung des Rassismus-Begriffes würde man logischerweise auch den darauf beruhendes Rassismus leugnen, wäre natürlich purer Unsinn, denn argumentativ wäre die Leugnung eines Werterankings menschlicher Rassen wie von Rassen schlechthin eine brauchbare rhetorische Waffe gegen Rassisten jeglicher Couleur, die man damit in Erklärungszwang brächte.

    Was nun ist eigentlich Rassismus? Claude Lévi-Strauss zufolge, dem wohl berühmtesten Anthropologen des 20. Jahrhunderts, handelt es sich beim Rassismus um „eine Lehre, die behauptet, in den geistigen und moralischen Eigenschaften, die einer wie immer definierten Gruppe von Individuen zugeschrieben werden, die unausweichliche Wirkung eines gemeinsamen genetischen Erbes zu erkennen.“ (Rede vor der UNESCO 1971, in: Claude Lévi-Strauss, Race et culture, Édition de l‘UNESCO, 1971) Demnach ist auch die Ableitung positiver, vermeintlich genetisch bedingter Gruppeneigenschaften bereits ein Ausdruck rassistischer Anschauungen. Zurecht: Die Zuerkennung positiver kognitiver oder moralischer Charaktermerkmale impliziert im Umkehrschluß, anderen genetisch definierten Gruppen von Individuen jene positiven Eigenschaften a priori abzusprechen. Mithin ist auch etwa die Neigung eines Sarrazin, einzelnen religiösen oder ethnischen Volksgruppen angeblich genetisch konditionierte positive Charaktereigenschaften zuzuschreiben, nichts als in der Wolle gefärbter Rassismus. Da beißt die Maus keinen Faden ab.