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Diskriminierung in MedienFremdgemacht und romantisiert

Immer wieder berichten deutsche Medien diskriminierend über Sinti:ze und Rom:nja, machen sie fremd. Es braucht Gegenerzählungen und Sensibilisierung.

Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, im Dezember 2019 Foto: Gregor Fischer/dpa

Es gibt also ein Problem. Es nennt sich Diskriminierung durch Journalismus. An diesem Donnerstagabend im Studio des Berliner Senders ALEX TV geht es um eine besondere Ausprägung: um die diskriminierende Berichterstattung über Sinti:ze und Rom:nja, um Sprache und Bilder, die sie fremdmachen und kriminalisieren. Doch wie tiefgreifend das Problem ist, darüber ist man sich auf der Bühne uneinig.

Es sei strukturell verankert, betonen die Journalistin Ferda Ataman von der Organisation Neue Deutsche Medienmacher:innen,der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch und die Politikwissenschaftlerin Andrea Wierich. Es gehe um einzelne Journalist:innen und Medien, wie etwa Spiegel TV und Sat.1, meint dagegen Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma. So strahlte Sat.1 im August 2019 etwa eine Dokumentation von Spiegel TV aus, sie hieß „Roma: Ein Volk zwischen Armut und Angeberei“. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma befand die Doku diskriminierend, auch ein Gutachten des Politologen Hajo Funke bestätigte das.

Die Konfliktlinien verlaufen am Donnerstagabend in Berlin vor allem entlang der Frage, die in Diskussionen um Antiziganismus und andere Formen der Diskriminierung immer wieder verhandelt werden muss: Handelt es sich um die Vorurteile einzelner Individuen? Oder sind es Denkkonstrukte, die historisch gewachsen sind und sich übergreifend in das kollektive Bewusstsein gefressen haben? Wer gehört zu unserer Gesellschaft? Und wer muss seine Zugehörigkeit unter Beweis stellen?

Der Abend zeigt, dass es unmöglich ist, über Repräsentation im Journalismus zu sprechen, ohne zuvor politische Zuschreibungen zu klären. Deutlich wird dies, als der Journalist und Moderator Mohamed Amjahid von seinen Gästen wissen will, wie sie zu der Herkunftsnennung von Verdächtigen und Straftäter:innen stehen. Nach den Vorfällen in der Silvesternacht in Köln 2015/16 hatte der Presserat seine Empfehlungen gelockert: Wenn ein allgemeines Interesse bestünde, könne die Herkunft der Täter:innen benannt werden. Doch was bedeutet überhaupt Herkunft?

Gleichwertig behandeln

Sinti:ze würden seit über 600 Jahren in deutschen Städten leben, sagt Rose. Dennoch würden Journalist:innen sie auf ihre vermeintliche Abstammung reduzieren, anstatt sie als gleichwertige Deutsche zu behandeln. Wenn es jedoch um den Schutz des Rechtsstaats gehe, befürworte er, dass die Nationalität von Menschen ohne deutschen Pass benannt werde – oder der Aufenthaltsstatus von Geflüchteten. Ataman hält dagegen: Dies solle nur genannt werden, „wenn es für den Tathergang wichtig ist.“ Andernfalls würden Journalist:innen nur gehaltlose Stereotype verbreiten.

Die Veranstaltung zeigt auch, wie schwierig es ist, bestehende Narrative hinter sich zu lassen, sich nicht an ihnen abzuarbeiten, eigene Erzählungen zu erschaffen. „Wir dürfen nicht weiter über Kriminalität reden“, sagt zwar Ataman zu Recht nach der ersten Hälfte, doch die Diskussion wird sich die meiste Zeit um das Bild der stehlenden, betrügenden Sinti:ze und Rom:nja drehen. Es ist ebenjenes Kriminalitätsframing, das den Zuschauer:innen von diesem Abend vermutlich in Erinnerung bleiben wird. Für Gegenerzählungen und neue Assoziationen bleibt keine Zeit.

Wie lässt sich dieses Journalismusproblem also lösen? Zumindest werden Ansätze besprochen: etwa Sensibilisierungsworkshops in Redaktionen, die Wierich gemeinsam mit der Jugendorganisation Amaro Foro ab März anbieten wird. Ataman fordert diversere Redaktionen. Diese könnten auch Softwares installieren, die automatisch rassistische Begriffe markieren und erklären, schlägt Stefanowitsch vor. Dann könne niemand mehr behaupten: Die Zeit war zu knapp, ich wusste es nicht besser.

Man brauche mehr positive Repräsentationen von Sinti:ze und Rom:nja in den Medien, fordert ein Zuschauer aus dem Publikum. Rund 50 Personen schauen im Studio live zu. Doch hilft das allein gegen eine Homogenisierung von Minderheiten, dagegen, dass sie – wenn auch gut gemeint – wieder fremd gemacht, vielleicht romantisiert werden? „Wir wollen eine normale Berichterstattung“, sagt Wierich, eine, die Individualität zulasse. Zumindest darin sind sich alle auf der Bühne einig: Dahin ist es noch ein langer Weg.

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5 Kommentare

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  • "Sinti:ze und Rom:nja" ???

    Hab ich was verpasst?



    Hab ab da auch nicht mehr weitergelesen. Die Gefahr war zu groß , dass es noch komplizierter wird.

  • In meinem Bekanntenkreis gibt es viele Zigeuner / Roma / Sinti, die sich für unterschiedliche Selbstbezeichnungen entschieden haben. Ich kenne aber niemanden, der sich oder seine Gruppe als "Sinti:ze und Rom:nja" bezeichnet. Wenn diverse Aktivisten das Wort "Zigeuner" ablehnen, weil es eine Fremdbezeichnung sei (ähnlich übrigens wie Ungarn oder Germans), ist es absurd nun die p.c.-Konstruktion "Sinti:ze und Rom:nja" einzuführen. Es wäre gut, wenn sich gewisse "Eliten" mehr mit den eigenen Widersprüchen beschäftigen würden, als mit den "Fehlern" anderer.

  • Sinti:ze... Rom:nja...

    Diskriminierung der deutschen Schriftsprache. Wenn schon so eine Abneigung gegen das generische Maskulinum und so femininfördernd, warum dann nicht einfach "Sintize und Sinti" und natürlich dann auch, Sie ahnen es, "Romnja und Roma" schreiben, aber wozu das ganze, wozu auch...

    • @Joooohhhhnnnyyyyy...:

      Lustig ist ja auch, dass "Roma" eine weibliche Endung besitzt, wird aber vorsichtshalber noch mal feminisiert. In der "sensiblen Sprache" wird gern mit der Brechstange formuliert.

      • @jan ü.:

        Roma ist eigentlich der Plural von Rom (maskulin) und somit das generische Maskulinum für diese ethnische Gruppe. Romni wäre der weibliche Singular. Das gleiche gilt für Sinti (generisches Mask. plural), welches von Sinto (m.sg.) abgeleitet ist. Sintezza wäre die weibliche Singularform und Sintezze vermutlich der Plural.

        Rom*nja und Sint*ezze sind wiederum ausgedachte Quatschwörter von Leuten, die vorgeben, Sinti und Roma „respektvoll und diskrimierungsfrei“ benennen zu wollen, ungeachtet der Tatsache, dass die Mehrheit der so Bezeichneten, ebenfalls Schwierigkeiten hätten, diese Begriffe zu verstehen. Aber darum geht es ja meistens auch nicht.

        Komplizierter wird es mit dem Ausdruck „Zigeuner“, der von Aktivisten wie auch vom Zentralrat der Sinti und Roma als diskriminierend abgelehnt wird, aber von anderen Gruppen und Interessenvertretungen als Selbstbezeichnung gegenüber Gadsche („Nichtzigeuner“) aus unterschiedlichen Gründen teilweise präferiert wird, was man in der ganzen Diskussion natürlich unter den Tisch fallen lässt (die Auseinandersetzung mit einer facettenreichen Realität wäre auch für einige Aktivisten zu anstrengend).

        So kommt es in diesen Debatten zu zahlreichen Verwirrungen. Ferda Ataman, die selbst weder Sintezza noch Romni ist, findet selbst die Andeutung des Wortes als „Z-Wort“ als diskriminierende Zumutung, dass man es lieber als „das ganz schlimme Schimpfwort“ tabuisieren sollte. Ataman lehnt auch den Begriff „Antiziganismus“ vehement ab, da das „ganz schlimme Schimpfwort“ hier reproduziert werde und zu Traumata führe. Das geht wiederum dem Zentralrat der Sinti und Roma (der übrigens ja auch nicht Zentralrat der Sint*ezze und Rom*nja heisst), dann doch zu weit und fordert, dass Antiziganismus analog zum Begriff Antisemitismus verwendet werden soll.

        Derweil veranstaltete der Verein Maro Drom e.V. „Das Zigeunerfestival“ in Köln unter Leitung des Sinti-Jazz-Musikers Markus Reinhardt...