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Neue Vorwürfe gegen Jeffrey EpsteinKein Einzeltäter

Carolina Schwarz
Kommentar von Carolina Schwarz

Jeffrey Epstein soll Mädchen vergewaltigt und auf einer Privatinsel festgehalten haben. Es ist höchste Zeit, seine Mittäter und Helfer zu ermitteln.

Die Insel des Horrors: Little St. James Island, US-amerikanisches Außengebiet Foto: Marco Bello/reuters

M it gerade einmal 15 Jahren versucht ein Mädchen schwimmend von der karibischen Insel Little Saint James zu fliehen. Zuvor soll sie von Jeffrey Epstein missbraucht worden sein. Ihre Flucht gelingt nicht, sie wird gefangen. Zurück auf der Insel wird ihr Pass vernichtet. Der Vorfall klingt nach einer Szene aus einem Horrorfilm, doch er ist Gegenstand der am Mittwoch erhobenen Klage der Generalstaatsanwaltschaft der Amerikanischen Jungferninseln.

Die Generalstaatsanwältin Denise George verlangt Entschädigungen aus dem ­Epstein-Erbe für mutmaßlich von dem Mil­lio­när begangene Verbrechen. Er soll Dutzende Mädchen, einige von ihnen erst elf oder zwölf Jahre alt, vergewaltigt und auf seiner Privatinsel gefangen gehalten haben. Das geht aus neuen Beweisen hervor, einer Namensliste und einer Datenbank, womit Epstein den Aufenthalt der Mädchen kontrolliert haben soll.

Die Straftaten sollen in den Jahren 2001 bis 2018 stattgefunden haben – also bis kurz vor Epsteins Tod. Auch nach der neu erhobenen Zivilklage sind viele Fragen ungeklärt. Höchste Priorität der Ermittlungen sollten nun die möglichen Mit­wis­se­r*in­nen und Mit­täte­r*in­nen haben. Es ist klar, dass Epstein seine Straftaten nicht ohne Hilfe begangen hat.

Epstein war in seiner Zelle im Metropolitan Correctional Center im August 2019 gestorben. Laut der Gerichtsmedizin beging er Suizid. Sein Tod ist Gegenstand von drei Ermittlungen in den USA. Nur einen Monat vorher war Epstein, verurteilter Sexualstraftäter und mil­lio­nenschwerer Investmentbanker, verhaftet worden. Laut Anklage soll er zwischen 2002 und 2005 einen Sexsklavinnenring in New York und Florida betrieben haben – und Hunderte minderjährige Mädchen sexuell missbraucht und zur Prostitution angestiftet haben. Der Prozess hätte im Juni 2020 beginnen sollen, im Fall einer Verurteilung hätten ihm bis zu 45 Jahre Haft gedroht. Epstein hatte alle Vorwürfe abgestritten.

Unterstützung aus der Elite

Epstein verkehrte in elitären Kreisen. Das geht aus öffentlichen Fotos, Zeugenaussagen und Epsteins „little black book“ hervor. Das Adressbuch aus dem Jahr 2005 enthält Hunderte Telefonnummern von mächtigen und reichen Prominenten. Es gibt gemeinsame Fotos und Videos von Epstein und US-Präsident Donald Trump. Auch Bill Clinton taucht mit 21 Telefonnummern in dem Adressbuch und in den Logbüchern von Epsteins Privatjet auf, ebenso der Filmproduzent Woody Allen. Heute distanzieren sich alle von ihm. Welche Rolle sie in den Missbrauchsfällen spielten, ist nicht geklärt.

Erste Konsequenzen für einen möglichen Mittäter gab es im Fall Prinz Andrew, einer der Söhne von Queen Elizabeth. Virgina Giuffre sagte öffentlich aus, sie sei eine von Epsteins Sexsklavinnen gewesen und dreimal zum Sex mit dem Royal gezwungen worden, zweimal davon als Minderjährige im Jahr 2001. Nach einem BBC-Interview, in dem er alle Vorwürfe abzustreiten versuchte, legte Prinz Andrew seine öffentlichen Ämter nieder.

Eine weitere wichtige Person in den Ermittlungen ist Ghislane Maxwell – enge Vertraute Epsteins und womöglich Mittäterin. Viele Betroffene haben erzählt, dass Maxwell den Sexklavenring Epsteins gemanagt habe, indem sie die minderjährigen Mädchen „rekrutiert“ und „trainiert“ habe. Sie wurde schon mehrmals im Zusammenhang mit Epstein angeklagt – in einigen Fällen wurde sich außergerichtlich geeinigt. Sie ist Gegenstand der aktuellen Ermittlungen. Aber seit dem Tod Epsteins ist nicht bekannt, wo Maxwell sich aufhält.

Die mutmaßlichen Straftaten von Epstein sind ein politischer Skandal – oder sollten es zumindest sein. Denn die aktuelle Zivilklage verstärkt das Bild, dass man mit Reichtum und Macht jahrelang ungeschoren davonkommen kann. Durch die Unterstützung aus seinem Netzwerk konnte Epstein sich sicher fühlen.

Ein Beispiel dafür ist eine außergerichtliche Einigung mit Epstein aus dem Jahr 2008, an der der Jurist Alexander Acosta beteiligt war. Er half Epstein dabei, ein Verfahren vor einem Bundesgericht – also eine mögliche lebenslange Haftstrafe – zu umgehen. Nach der Festnahme Epsteins 2019 trat Acosta deshalb als Arbeitsminister zurück. Um weitere Horrorszenarien zu verhindern, muss das Netzwerk ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden. Denn Jeffrey Epstein war nicht allein.

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Carolina Schwarz
Ressortleiterin taz zwei
Ressortleiterin bei taz zwei - dem Ressort für Gesellschaft und Medien. Schreibt hauptsächlich über intersektionalen Feminismus, (digitale) Gewalt gegen Frauen und Popphänomene. Studium der Literatur- und Kulturwisseschaften in Dresden und Berlin. Seit 2017 bei der taz.
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5 Kommentare

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  • Wer weiß, ob Eppstein auch bei dem Zutodekommen in seiner Zelle nicht allein war...



    Kein verdecktes Netzwerk sieht es gerne, wenn ungewollte Transparenz entsteht.

  • Nicht nur Prince Andrew, sondern auch Donald Trump und Bill Clinton waren gute Freunde von Eppstein. Donald Trump hat Eppstein in der Vergangenheit als guten Freund bezeichnet der "eher auf ziemliche junge Frauen" (aka minderjährige Mädchen) steht. Prince Andrew hat sogar geleugnet das damalige Model (sein minderjähriges Vergewaltigungsopfer) überhaupt gekannt bzw. jemals getroffen zu haben - bis ein Foro von den beiden auftauchte in der Presse - da hatte er plötzlich Erinnerungslücken und ein schlechtes Gedächtnis. Und auch sowohl Trump als auch Clinton werden sexueller Missbrauch, Nötigung und Vergewaltigung vorgeworfen, beiden ist es zuzutrauen, beide sind erwiesenermaßen notorische Lügner (Clinton vor der Weltpresse: "I never had a sexual relationship with that woman (Monica Lewinsky)..." - glatte Lüge -> Amtsenthebungsverfahren - von Trumps tausenden Lügen und Fake News sowie "alternativen Fakten" ganz zu schweigen...). Gegen Trump gab es sogar eine Anklage eines früheren Vergewaltigungsopfers von Eppstein pädokriminellen Kindersex-Parties (Alias "Jane Doe"), die aber leider aufgrund Morddrohungen fanatischer Trumpisten ihre Anklage zurückzog.

  • Eine Schande, daß man sich auch bei schweren Straftaten nach dem US Recht vergleichen kann, daß heißt gegen Bezahlung freikommt.

  • Wenn Epstein sexuelle Gewalt Spaß gemacht hat, hätte es für einen Millionär sicher ungefährlichere Möglichkeiten gegeben. Hat Prinz Andrew so viel gezahlt, dass sich das Risiko amortisierte? Oder ging es darum, von den Kunden ganz andere Gegenleistungen zu verlangen? Stand wer hinter Epstein und hat die Kunden erpresst? Wieviele politische Entscheidungen sind durch Epstein beeinflusst worden?

    • @ben99:

      Männer wie Epstein (und auch Weinstein) kann man meiner Meinung nach nicht mit "normalen" Menschen vergleichen. Diese sind es gewohnt dass alle Menschen vor Ihnen kuschen und sie sich alles für ihr Geld kaufen können. Manche kompensieren dies bei Dominas, die gefährlichere Variante braucht den Kick der "echten" Gewalt und Erniedrigung anderer Menschen.