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Kinder ohne SchulplatzDer nötige Nachdruck kommt spät

Anna Klöpper
Kommentar von Anna Klöpper

In Tempelhof-Schöneberg sind 90 Kinder ohne einen Schulplatz – einige schon seit den Herbstferien. Wie kann das sein? Ein Wochenkommentar.

In Tempelhof-Schöneberg sucht der Bezirk für 90 Kinder einen Schulplatz Foto: picture alliance/Marijan Murat/dpa

E s ist schon ein wenig verwunderlich: Da warten 90 Kinder in Tempelhof-Schöneberg auf einen Schulplatz, einige von ihnen seit den Herbstferien. Aber erst als die Geschichte zu Wochenbeginn an die Öffentlichkeit gelangt, geht plötzlich alles ganz schnell. Selbstverständlich gelte die Schulpflicht, äußerten sich Schulstadtrat und Bildungssenatorin unisono. Und dass man optimistisch sei, nun binnen weniger Tage Klassenräume und Personal aufzutreiben.

Die Kinder, die da teils seit Wochen auf einen Schulplatz warten, sind Kinder mit einem Fluchthintergrund. Sie sollen zunächst in kleineren Lerngruppen – den Willkommensklassen – vor allem Deutsch lernen, bevor sie in reguläre Klassen kommen. Weil es immer wieder Bewegung gebe in den insgesamt acht Wohnheimen für Geflüchtete im Bezirk, sei auch die Warteliste auf einen Schulplatz entsprechend dynamisch, heißt es aus dem Schulamt. Dass man inzwischen bei fast 100 Kindern angelangt ist, die nicht zur Schule gehen können, ist allerdings schon einigermaßen bemerkenswert.

Bleibt die Frage nach dem Warum. Haben die Schulen zu wenige Räume? Oder haben sie gefühlt zu viele andere Baustellen, als dass sie sich auch noch um die Einrichtung einer Lerngruppe kümmern möchten? Und vor allem: Warum wird den Schulen die Frage nach dem „Warum“ seitens der zuständigen Stellen erst so spät mit dem nötigen Nachdruck gestellt?

Flüchtlingsunterkünfte sind nicht unbedingt die besten Orte für Kinder, so etwas wie Integration passiert jedenfalls woanders – zum Beispiel in der Schule. Und zwar nicht nur in der Willkommensklasse beim Deutschlernen, sondern vor allem auch auf dem Pausenhof, beim Mittagessen, auf dem Schulweg.

Flüchtlingsunter­künfte sind nicht unbedingt die besten Orte für Kinder

Vielleicht hätte die Priorität also darauf liegen sollen, die Kinder überhaupt erst mal in die Schulen zu bringen – und wenn eine Schule keine Willkommensklasse gründen will, dann eben in eine bestehenden Klasse. Da ist die Sprachförderung dann erst mal suboptimal? In der Gemeinschaftsunterkunft hätte das Kind überhaupt keine gehabt.

Insgesamt 26 Schulen hätten derzeit Willkommensklassen eingerichtet, sagt Schulstadtrat Oliver Schworck (SPD) – weniger als die Hälfte der 60 öffentlichen Schulen im Bezirk. Jede Schule, die keine Lerngruppe hat, mag dafür aus ihrer Sicht berechtigte Gründe haben. Aber dass das Schulamt lediglich feststellen kann, dass sich offenbar keine Schule imstande sieht, die Kinder aufzunehmen, und erst dann ein wenig forscher gegenüber den Schulleitungen auftritt, wenn auch der öffentliche Druck steigt, wirkt schon ein wenig verschlafen. Anders gesagt: Man hat den Eindruck, dass hier der nötige Nachdruck gefehlt hat.

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Anna Klöpper
Leiterin taz.eins
Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.
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1 Kommentar

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  • An vielen Schulen werden die "Willkommensklassen" oder "Vorbereitungsklassen" nur statistisch geführt, die Kinder werden einfach Teil von bestehenden Lerngruppen und lernen so in der Mitte aller anderen Kinder Tag für Tag Deutsch und Mathematik und Sachunterricht und... :-)