Petition zum Krefelder Zoo: Grenzen der Empathie
Nach dem Tod von Menschenaffen im Krefelder Zoo in der Silvesternacht ist die Trauer groß. Dass sie eingesperrt waren, bekümmert dagegen nur wenige.
Deutschland und die Welt trauern. Auf Facebook, Twitter und vorm Krefelder Zoo. In der Silvesternacht hat dort das Affenhaus gebrannt, mehr als 30 Tiere sind gestorben. Collagen in Schwarzweiß mit Bildern der verstorbenen Orang-Utans, Gorillas und Schimpansen kursieren in den sozialen Netzwerken. Hundert Leute sollen vor den Toren des Krefelder Zoos Trauerwacht gehalten haben, Bilder zeigen ein Meer aus Kerzen und Blumenkränzen.
Die Polizei geht davon aus, dass eine Himmelslaterne die Brandursache waren. Dabei handelt es sich um Leuchtkörper, die in Deutschland verboten sind. Am Tag nach dem Unglück haben sich drei Personen, die solche Laternen aufsteigen ließen, selbst bei der Polizei gemeldet. Die Behörden ermitteln.
Die NGO Rettet den Regenwald nimmt den Unfall nun zum Anlass für eine Petition, die privates Silvesterfeuerwerk verbieten lassen will. Das produziere ohnehin nur Müll, und der Lärm sei für Tiere in Städten „der Horror“. Über 25.000 Menschen haben in wenigen Tagen unterschrieben.
Himmelslaternen, die die Brandursache waren, sind jedoch in Deutschland sowieso schon verboten. Darum sollte man den Unfall eher als Anstoß sehen, ein anderes Problem zu thematisieren, so sehen es andere Tierschützer. Nämlich dass die Menschenaffen im Krefelder Zoo überhaupt eingesperrt waren.
Anlass der Petition: Ein Unfall, bei dem Affen im Zoo starben
Das wollen die Initiatoren: Feuerwerk verbieten, Menschenaffen raus aus den Zoos
Das wollen sie nicht: Tiere, die Menschen ähnlich sind, leiden lassen
Der Fokus bei der öffentlichen Trauer liegt vor allem auf den toten Menschenaffen. Für sie scheinen sich die Menschen mehr zu interessieren als für die Nagetiere und Vögel, die ebenfalls bei dem Brand getötet wurden. Woran das liegt? Die DNA von Menschenaffen ist zu 98,4 Prozent deckungsgleich mit der DNA des Menschen. Das zeigt sich zum Beispiel in ihrer menschenähnlichen Mimik und ihrem Sozialverhalten. Sie sind uns ähnlich, deshalb fühlen wir mit ihnen und sind besonders erschüttert über ihren Tod.
Unsere Empathie für die Tiere geht jedoch nur so weit, dass wir es als tragisch empfinden, wenn sie, wie in Krefeld, bei lebendigem Leibe verbrennen. Nicht aber, wenn sie ihr Leben lang eingesperrt sind. Tierschutzorganisationen klagen schon lange an, dass besonders Menschenaffen unter ihren Lebensbedingungen in Zoos leiden. Sie verletzen sich selbst, entwickeln Apathien, zwanghafte Bewegungsabfolgen und Essstörungen.
Unser Autor stand schon als Kind auf Skiern, heute verspürt er wegen des Klimawandels vor allem eines: Skischam. Für die taz am wochenende vom 15. Februar nimmt er Abschied von der Piste und fährt ein letztes Mal. Außerdem: Wer gewinnt die Bürgerschaftswahlen in Hamburg? Auf Wahlkampftour mit den Kandidaten der Grünen und der SPD. Und: Waffel kann auch Döner sein, Obstdöner. Über das heilendste Gericht der Welt. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Schon seit mehreren Monaten laufen dazu zwei Petitionen für den Schutz und die Rechte von Menschenaffen. „Menschenaffen raus aus Zoos!“, fordert Peta. Steuergelder sollten statt für Zoos, in Zukunft für den Schutz der natürlichen Lebensräume von Menschenaffen verwendet werden. Rettet den Regenwald e. V. richtet eine Petition an die Unesco, in der sie fordern, Menschenaffen zu einem „lebendigen Welterbe“ zu erklären. Der Verein argumentiert, dass dadurch frei lebende Menschenaffen und ihre Lebensräume besser geschützt und auch die Lebensbedingungen für die in Gefangenschaft lebenden Tiere besser werden müssten.
Wenn das Leid von Menschenaffen so viel gesellschaftliche Anteilnahme und Trauer erzeugt, wie der Unfall in Krefeld suggeriert, dann sollte auch darüber nachgedacht werden, inwiefern es moralisch vertretbar ist, diese Tiere überhaupt in Gefangenschaft zu halten.
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