Konzern spendiert Haltestelle: Ein Bahnhof für die Saatgutfirma
Im südniedersächsischen Einbeck wird ein neuer Bahnhaltepunkt eingeweiht. Die Deutsche Bahn muss dafür keinen Cent bezahlen.
Auch die südniedersächsische Stadt Einbeck war 30 Jahre vom Schienennetz abgekoppelt und wird erst seit einem Jahr wieder von Zügen angefahren. Wer zuvor aus der Bier-Stadt mit der Bahn reisen wollte, musste sich mit dem Auto oder dem Rad zu dem fünf Kilometer entfernten Bahnhof Salzderhelden begeben. Dort halten die Regionalzüge auf ihrem Weg nach Hannover oder Göttingen. Die Verbindung von Salzderhelden zum Bahnhof Einbeck-Mitte wird jetzt von der privaten Ilmebahn bedient.
Am Sonntag tuckert ein festlich geschmückter „Adventszug“ durch die Region, und in diesem Rahmen wird in Einbeck ein weiterer Bahnhaltepunkt offiziell eingeweiht. Das ist natürlich ganz im Sinne der neuen Strategie der Deutschen Bahn, und dieses Mal muss sie nicht einmal dafür bezahlen. Die neue Haltestelle „Einbeck Otto-Hahn-Straße“ liegt im Gewerbegebiet der Stadt – und nur wenige Schritte entfernt vom Hauptsitz des Saatgutkonzerns KWS.
Das Unternehmen ist ein ganz großer Player der Branche, nach Umsatz weltweit die Nummer vier, und war im Geschäftsjahr 2018/19 mit rund 5.500 Beschäftigten in mehr als 70 Ländern aktiv. Wegen seiner seit 1993 vorgenommenen Freiland-Versuche mit gentechnisch veränderten Zuckerrüben wurde der Konzern heftig von Umweltschützern kritisiert.
KWS hat schon das Krankenhaus gerettet
Gleichzeitig zählt KWS zu den großen Kultursponsoren der Region. Der Konzern bezuschusst Ausstellungen und Museen wie den „PS-Speicher“ in Einbeck. Auch das in der Insolvenz stehende Einbecker Krankenhaus konnte nur dank KWS-Millionen überleben. Die neue Bahn-Haltestelle hat das Unternehmen zu mehr als zwei Dritteln finanziert, den Rest steuert die Ilmebahn-Gesellschaft bei. Die Gesamtkosten für die Inbetriebnahme, Ausstattung und Beschilderung belaufen sich auf rund 350.000 Euro.
Pendler aus Göttingen könnten nun „in direkter Nähe des Firmengeländes aussteigen“, sagt Georg Folttmann, bei KWS zuständig für das Baumanagement. Dienstreisende des Unternehmens wiederum könnten ihren Wagen auf dem Firmengelände abstellen und ihre Reise an der Haltestelle Otto-Hahn-Straße antreten. Allein in Einbeck beschäftigt KWS rund 1.500 Mitarbeitende, jährlich werden dort etwa 7.000 Besucher empfangen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar