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Ausbau der Schul-GanztagsbetreuungFehlt nur noch das Personal

Ralf Pauli
Kommentar von Ralf Pauli

Gut, dass die Regierung in den Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschüler:innen investiert. Trotzdem können Eltern nicht aufatmen.

Da hat die zuständige Betreuungsperson wohl nicht so genau hingeschaut … Foto: Unsplash/Abigail Miller

Z ugegeben: Die Richtung stimmt. Es ist gut und notwendig, dass die Bundesregierung in den Ausbau der Ganztagsbetreuung investiert. Bisher endet der Rechtsanspruch für Eltern auf einen Betreuungsplatz nämlich dann, wenn das Kind in die Grundschule kommt. Für Paare oder Alleinerziehende heißt das im Extremfall: Beruf und Familie sind nur so lange miteinander vereinbar, bis das Kind seine Schultüte bekommt.

Damit die Grundschule nicht zum Karriereknick wird, will die Regierung Eltern ab 2025, wie im Koalitionsvertrag versprochen, eine Ganztagsbetreuung auch für die Zeit nach der Kita garantieren. Zwei Milliarden Euro macht das Groko-Kabinett in den kommenden zwei Jahren locker, damit die Kommunen die notwendigen baulichen Maßnahmen vornehmen können. Doch damit allein ist noch keine Betreuung sichergestellt.

Für die „Betriebskosten“ sind weitere Milliarden notwendig. Geht man wie das Deutsche Jugendinstitut davon aus, dass derzeit bundesweit 665.000 Plätze fehlen (und richtet diese ein), würden bis 2025 noch mal 3,9 Milliarden Euro für Sachmittel und Personal fällig. Doch dass die Länder dafür aufkommen, wie die Groko sich das so vorstellt, dürfte wohl nicht klappen. Schon vor dem Kabinettsbeschluss am Mittwoch haben die Länder die Finanzierungspläne des Bunds für unzureichend erklärt. Und selbst wenn die Länder nun für die übrigen Kosten aufkommen, wird die Ganztagsbetreuung für alle scheitern, und zwar am Personal.

In fünf Jahren fehlen je nach Prognose zwischen 300.000 und 600.000 Er­zieher:innen. Wo die plötzlich für die zusätzliche Betreuung von Grund­schü­le­r:innen herkommen sollen, bleibt das große Groko-Geheimnis. Vor diesem Szenario muss es Eltern wie blanker Hohn vorkommen, wenn die Regierung demnächst einen Rechtsanspruch beschließt, den sie sehr sicher nicht wird einhalten können. Sondern der nur dazu führt, dass, ähnlich wie schon bei den Kitas, die Anforderungen ans Personal gesenkt werden.

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Ralf Pauli
Redakteur Bildung/taz1
Seit 2013 für die taz tätig, derzeit als Bildungsredakteur sowie Redakteur im Ressort taz.eins. Andere Themen: Lateinamerika, Integration, Populismus.
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1 Kommentar

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  • Nun ja, auch wenn ich den Artikel nur überflogen habe, bin ich anderer Meinung, als der Autor.



    Wo er sieht, nur mit der Ganztagsschule und der damit verbundenen Pflicht für Kinder in dieser und deren Aktivitäten den Tag zu verbringen, liegt die Grundlage Beruf und Kinder zu ermöglichen, sehe ich eine nicht unerhebliche Einschränkung der Freiheit von Kindern.



    Die freie Wahl, welche auch schon sechs/siebenjährigen zu zusprechen ist, was sie mit ihrer Freizeit anstellen wollen ist dann nämlich nicht mehr gegeben.



    Aber besonders mit fortschreitendem Alter wird die Freizeitgestaltung der Kids doch in der Regel vielfältiger und kann mit Angeboten in der Schule nicht mehr abgedeckt werden.



    Die Vermischung mit anderen Gleichaltrigen aus anderen Schulen auf Spielplätzen, o.ä. ist auch nicht mehr gegeben.



    Außerdem werden Entwicklungsschritte hin zu einem selbständigen und verantwortungsvollen Selbst unterbunden, die ein "Schlüsselkind" ganz natürlich macht, weil es auch mal auf sich allein gestellt ist.



    Dies sind nur Auszüge von Kritik an einem System, welches Kinder immer mehr zu dauerbetreuten, funktionierenden kleinen Erwachsenen werden lässt, und Eltern immer mehr die Fürsorgepflicht abnimmt.



    Viel mehr sollten diese unterstützt werden dieser gerecht zu werden.

    Ps.: und ja meine Eltern waren beide voll arbeiten, während meiner gesamten Schulzeit.