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Deutsch-indische ForschungsprojekteReger Wissenschaftleraustausch

Auf der Agenda der deutschen Regierungsdelegation stehen auch Forschungskooperationen mit Indien. Sie sollen künftig intensiviert werden.

Mit deutscher Beteiligung aufgebaut: Solarthemieanlage in Abu im indischen Rajasthan Foto: dpa

Berlin taz | Als Wissenschaftsland hat Indien, die bevölkerungsreichste Demokratie der Erde, hochfliegende Pläne. Bis zum Jahr 2022 soll ein indischer Weltraumfahrer den Mond betreten, ist das Ziel des ehrgeizigen Raumfahrtprogramms. Im September erhielt die Vorbereitung des Projekts jedoch einen herben Dämpfer, als der Kontakt zu der unbemannten Mondlandefähre „Vikram“ kurz vor dem Aufsetzen auf dem Erdtrabanten abbrach und die Mission scheiterte.

Ob von deutscher Seite doch noch raumfahrttechnische Hilfe geleistet werden kann, ist eher unwahrscheinlich. Aber der Austausch zwischen beiden Ländern in den Bereichen Forschung und Bildung stellt insgesamt einen wichtigen Verhandlungspunkt bei den 5. Indisch-deutschen Regierungskonsultationen dar, die am Freitag in der Hauptstadt Neu-Delhi beginnen. Zur deutschen Delegation, die von Bundeskanzlerin Merkel angeführt wird, zählt auch Bundesforschungsministerin Anja Karliczek. Themen aus ihrem Ressort, die bei dem Treffen verhandelt werden, sind Digitalisierung, berufliche Bildung und Forschung für nachhaltige Entwicklung.

In Deutschland haben die Wissenschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern im zurückliegenden Jahrzehnt erhebliche Fortschritte gemacht. Inzwischen sind die indischen Gaststudenten die zweitgrößte nicht-europäische Ausländergruppe an deutschen Hochschulen nach den Chinesen. Ihre Zahl erhöhte sich zwischen 2007 und 2017 von 2.300 auf rund 16.000 Studierende. Die Zahl der Gastwissenschaftler, die an deutschen Instituten forschen, stieg von 800 auf 2.600. Der Austausch könnte noch intensiver sein, wenn die Bürokratie besser funktionieren würde. „So erhalten zahlreiche indische Studenten aufgrund überlasteter deutscher Konsulate in Indien nicht rechtzeitig zu Semesterbeginn ein Visum und verlieren dadurch ihren Studienplatz in Deutschland“, kritisierte die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag. Mit Sicherheit auch ein Gesprächspunkt für den aktuellen Regierungsaustausch.

In der Forschung sind in den letzten Jahren bilaterale Projekte aus den Bereichen Materialwissenschaften, Biotechnologie, Gesundheitsforschung, Nachhaltigkeitsforschung, Produktionstechnologie, der zivilen Sicherheitsforschung und der „Zukunftsstadt“ angeschoben worden. „Vielfach werden Projekte gefördert, die anwendungsnah sind und aus denen neue Innovationen entstehen sollen, die sowohl Deutschland als auch Indien nützen“, wird aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erklärt.

Der Austausch könnte inten­siver sein, wenn die Bürokratie besser funktionieren würde

Wichtige Schaltstelle ist das im Jahr 2010 eröffnete Indo-German Science and Technology Centre (IGSTC) in Gurgaon, nahe Neu-Delhi. Es verknüpft Hightech-Projekte zwischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen beider Länder. In einem zweiten Zentrum mit ökologischem Schwerpunkt, dem Indo-German Center for Sustainability (IGCS) am Indian Institute of Technology Madras in Chennai, forschen deutsche und indische Wissenschaftler gemeinsam zu den Themen Wassermanagement, Landnutzung, Abfallmanagement und Energie.

In Deutschland wiederum finden Trainings für indische Energieexperten statt. So hilft das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE in Kassel bei der Energiewende in Indien durch die Schulung von Mitarbeitern indischer Stromnetzbetreiber. „Insgesamt strebt das flächenmäßig siebtgrößte Land der Erde an, in den nächsten zehn Jahren neue Erzeugungskapazitäten für erneuerbare Energien mit einer Leistung von 500 Gigawatt zu installieren“, teilt das Fraunhofer-Institut zu der jetzt angelaufenen Kooperation mit. Bis 2030 sollen mindestens 40 Prozent des Stroms für Indien aus erneuerbaren Energien kommen.

Für Ministerin Karliczek geht es nach Indien gleich asiatisch weiter: Am 2. November fliegt sie nach China, das forschungspolitisch für Deutschland noch eine Nummer wichtiger ist.

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