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Warten auf Brandenburg

Der Senat beschließt 8 Milliarden Euro schwere Ausschreibung für die S-Bahn – und muss nun auf die Zustimmung der künftigen, mutmaßlich rot-schwarz-grünen brandenburgischen Landesregierung warten

Foto: Andrea Warnecke/dpa/picture alliance

Von Stefan Alberti

„Chaos?“ Verkehrssenatorin Regine Günther von den Grünen muss am Dienstagmittag lachen, als sie in der Pressekonferenz nach der Senatssitzung hört, was angeblich beim neuen Modell für die S-Bahn droht. Denn „S-Bahn-Chaos“ ist längst ein fester Begriff für frühere und aktuelle Fehlleistungen des bisherigen Betreibers, der staatlichen S-Bahn GmbH. Da fällt es der Senatorin leicht zu argumentieren, warum das am Vormittag vom rot-rot-grünen Senat beschlossene Modell besser sein soll – jenes, in dem Kritiker Zerschlagung und hinderliche Aufsplitterung sehen.

In der bisher größten S-Bahn-Ausschreibung sucht das Land auf den Ost-West-Linien und auf der Nord-Süd-Strecke Anbieter, die Züge bauen, fahren und reparieren. Wenn bis dahin auch Brandenburg zustimmt, soll die europaweite Ausschreibung noch vor Jahresende starten.

8 Milliarden Euro ist das Gesamtpaket groß. Rund 3 Milliarden davon stehen dafür bereit, 1.300 neue Wagen zu kaufen, die anders als bislang komplett dem Land gehören sollen, genauer: einer dafür 2020 zu gründenden Fahrzeuggesellschaft.

Wer künftig die S-Bahn-Fahrgäste durch Berlin und das Brandenburger Umland bewegt, soll sich „bis Ende 2021, Anfang 2022“ klar sein, so die Senatorin. Betroffen von der Ausschreibung sind laut Günther rund zwei Drittel der rund 3.000 Beschäftigten der bislang zuständigen S-Bahn GmbH. Nach Plänen des Senats sollen sie zu den neuen Betreibern wechseln können und das bei gleicher Bezahlung. „Wir haben innerhalb der Koalition alles, was rechtlich möglich ist und darüber hinaus, rechtlich ausgeschöpft“, versichert Günther. Gewerkschafter hingegen stellen infrage, dass dieser Übergang wirklich klappt. Möglich ist aber, dass das gar nicht nötig ist. Denn auch die S-Bahn-GmbH kann sich bewerben, und zwar auch für das Gesamtnetz.

„Wir sind sehr gut im Zeitplan“, ist von Günther auch zu hören. Was nach der Senatsentscheidung vom Dienstag noch fehlt, ist ein ebensolcher Beschluss der Landesregierung in Brandenburg, wo rund ein Zehntel des S-Bahn-Verkehrs stattfindet. Da war man sich im Sommer laut Günther schon einig, doch dann kam die Landtagswahl dazwischen – die neue Regierung wird voraussichtlich erst nächste Woche vereidigt. Eine Rückmeldung wünscht sich Günther binnen vier Wochen nach Amtsantritt. Denn die künftige Ressortleitung ist in jedem Fall neu – das Verkehrsministerium geht von der SPD an die CDU.

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