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Volkswagen stellt auf E-Autos umAutos für die Generation ID.3

Mit seinem ersten vollelektrischen Fahrzeug will VW ins Elektrozeitalter aufschließen. In Zwickau rollen nun die ersten Exemplare des ID.3 vom Band.

Am Fließband: Merkel mit einem Arbeiter, VW-Chef Diess und Sachsens Ministerpräsident Kretschmer Foto: dpa

Der Produktionsstart des ID.3 ist von hohem Symbolwert. Er steht nicht nur für die geistige Trendwende im VW-Konzern, dem noch vor wenigen Jahren die Atmosphäre so egal war, dass er mit Abgaswerten getrickst hat. Er steht auch für die Weiterentwicklung des Standorts Deutschland. „Mit Recht kann man sagen, dass VW heute in eine neue Ära geht“, sagt Autoexperte Ferdinand Duden­höffer vom Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen. „Es ist ein historisches Ereignis.“

Der ID.3 ist nach Ansicht der Experten so wichtig, weil der wichtigste deutsche Autohersteller damit in die Liga von Tesla, BYD oder Nissan aufschließt. Denn es waren in den vergangenen Jahren Firmen aus den USA, China und Japan, die die ernstgemeinte Massenproduktion von batteriebetriebenen Wagen in Angriff genommen haben. Zugleich haben sie mit ihren futuristischen Ingenieurleistungen ein modernes Image aufgebaut, neben dem deutsche Produkte plötzlich alt aussahen. Deshalb platziert Konzernchef Herbert Diess den ID.3 nun anstelle des Golf in der Mitte der VW-Modellpalette – so wie dieser einst den Käfer verdrängt hat. Der elektrische ID.3 soll das Standard-Auto für ganz normale Leute sein.

Dazu muss der ID.3 nicht das beste oder modernste Elektroauto der Welt sein, aber er muss hohe Zuverlässigkeit bei schönem Design zu einem akzeptablen Preis bieten. Das scheint gelungen zu sein. Das Modell mit der kleinsten Batterie kostet knapp 30.000 Euro. Mit der jetzt von 4.000 auf 6.000 erhöhten Förderung werden daraus 24.000 Euro – das sind zwar noch einige Tausend Euro mehr als ein einfacher Golf, aber der Preis soll in den kommenden Jahren weiter sinken. Der ADAC spricht daher schon vom „Volks-Elek­tro­auto“. Das Einstiegsmodell erlaubt allerdings nur eine Reichweite von 330 Kilometern. Wer mit einer Ladung 550 Kilometer weit fahren will, muss wohl rund 15.000 Euro mehr ausgeben – Batterien sind teuer. Dafür hat das Ding aber auch 204 PS.

Anschluss behalten

Damit zieht Deutschland mit den Herstellerländern gleich, die schon seit Jahren reguläre Serienmodelle für den Massenmarkt hervorbringen; Tesla ist kein Schreckgespenst aus einer anderen Welt mehr, sondern ein Konkurrent auf dem gleichen Feld. Nach Ansicht von Experten wie Dudenhöffer ist es durchaus nicht zu spät, um den Anschluss zu behalten. In der Wirtschaftsgeschichte sind nicht nur die Pioniere einer Technik erfolgreich. Google war nicht die erste Internetsuchmaschine, Toyota nicht der Erfinder des Autos und Osram nicht der erste Anbieter von Glühlampen – aber sie waren in entscheidenden Punkten besser als die Vorreiter und konnten sich daher im Markt durchsetzen. Der Markt für E-Mobilität steckt trotz allen Geredes in der Praxis noch in den Anfängen. Und mit starken Marken wie VW, Daimler und BMW gibt es auch künftig ein gutes Argument, ein deutsches Produkt zu kaufen.

Autogipfel

Die Regierung will die E-Auto-Kaufprämie von 4.000 um 50 Prozent auf 6.000 Euro erhöhen. Ob sich die Industrie daran wie bisher beteiligt, war auch Thema beim Autogipfel zur Förderung der Elektromobilität am Montagabend im Kanzleramt. Bis 2030 sollen eine Million Ladepunkte geschaffen werden, damit bis Ende des kommenden Jahrzehnts zehn Millionen E-Autos auf deutschen Straßen fahren können. Tankstellen sollen Auflagen zum Bau von Ladepunkten bekommen. Bis 2022 sollen mindestens vier Schnell-Ladepunkte an jeder Autobahn-Raststätte stehen.

Ob das Umsteuern der deutschen Autobauer klappt, hängt laut Diess davon ab, ob Deutschland selbst ein echter Referenzmarkt für die neue Technik wird. Diess verlangte deshalb zum Produktionsstart des ID.3 eine höhere CO2-Besteuerung, als die Bundesregierung sie bisher vorsieht. Die Forderung eines Autobosses nach strikten Umweltgesetzen klingt wie verkehrte Welt, ist aber betriebswirtschaftlich logisch. VW investiert in den kommenden Jahren 30 Milliarden Euro in die Elektromobilität. Damit sich das lohnt, müssen die Kunden auch zugreifen.

Für Volkswagen ist der ID.3 der Einstieg in den Ausstieg aus der Ära des Verbrennungsmotors. Das Unternehmen hat daher nicht einfach ein Auto entwickelt, sondern einen ganzen Technik-Baukasten, mit dem sich künftig alle Modelle elektrifizieren lassen. Das neue Modell ist nur die erste Anwendung des „Modularen E-Antriebs-Baukasten“ (MEB), andere sollen schnell folgen. „Mit der MEB-Plattform gelingt es – so wie Tesla – Elek­troautos ganz spezifisch zu bauen und nicht als Kompromiss“, sagt Dudenhöffer. VW gehe „die Neuausrichtung der Branche sehr beherzt an“.

Diess verteidigte am Montag seinen strengen Fokus auf Elektromobilität in Abgrenzung zu Wasserstoff und künstlichem Benzin. Die Welt brauche jetzt sofort umweltfreundliche Mobilität, und beide Alternativen seien noch nicht so weit. Sie sind zudem wegen ihres geringen Wirkungsgrades auf einen Überfluss an Ökostrom angewiesen, den es vorerst nicht gebe. „Ohne Elektroauto können wir den Kampf gegen den Klimawandel nicht gewinnen“, sagte Diess.

Das Ladeproblem

Wie schnell sich das Elektroauto durchsetzt, hängt nun davon ab, wie leicht es sich laden lässt. Bisher hapert es hier noch. Das Verkehrsministerium hat am Montag seinen „Masterplan Ladeinfrastruktur“ veröffentlicht: Um wie geplant in zehn Jahren zehn Millionen E-Fahrzeuge auf die Straße zu bringen, wären eine Million Ladesäulen nötig. Andere Länder investieren bereits sehr viel mehr. Über eine Million Strompunkte gibt es in China bereits, bis Ende 2020 sollen es 4,8 Millionen sein. Volkswagen will dafür sorgen, dass es auch Autos aus deutscher Massenproduktion gibt, die sich damit laden lassen. Mit 1,2 Milliarden Euro Investitionen ist Zwickau zum größten Elektroautowerk Europas geworden.

Über die Zukunft der Automobilbranche entscheide jedoch nicht nur die Antriebsart, sagt Achim Berg, Präsident des Digitalverbands Bitkom. „Wir brauchen intelligente, vernetzte Fahrzeuge, die Staus vermeiden und die schwächsten Verkehrsteilnehmer vor Unfällen schützen.“ Auch hier ist die Konkurrenz weiter. Tesla treibt die Einführung des selbstlenkenden Autos voran, während chinesische Modelle schon so digital sind, dass sie wie die fahrende Verlängerung des Handys wirken. „Wir brauchen die weltweit besten Rahmenbedingungen für das vernetzte Fahren“, fordert Berg. Sonst wirken deutsche Autos schnell altbacken.

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10 Kommentare

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  • 0G
    08069 (Profil gelöscht)

    Oh liebe taz Redaktion,



    da bin ich gerade gestern hier als Zahlungsmitglied beigetreten, weil mir die Berichterstattung gefallen hat. Und heute dieser ungefilterte Lobgesang auf VW? Dazu das symbolträchtige Foto mit Autokanzlerin 2.0?



    Ich suche verzweifelt nach der Pointe, sie kommt aber nicht. Oder sie ist so gut versteckt , dass ich sie nicht finde.

    Es müsste doch so langsam bekannt sein, dass eine Umbettung unserer fetten Leiber vom verbrennungsgesteuerten Luxusmobil in ein E-Luxusmobil nicht viel zur Verbesserung von Bewusstsein und Klima beiträgt.



    Ich warte sehnsüchtig darauf, dass sich endlich ein Automobilkonzern entschließt, eine Fertigungsstraße für Velomobile umzubauen, damit diese wirklich fortschrittlichen und vorbildlichen Geräte mal einer breiten Masse zugänglich gemacht werden.



    Solange ein großer Teil der Bevölkerung viele Tausend Zusatzkalorien an gespeicherter Energie (1 kg Körperfett = ca. 7000 kcal) mit sich herumschleppen, wäre das tatsächlich mal eine Alternative. Immerhin braucht ein Mensch auf 100 km beim Radfahren nur rund 1500-1800 kcal. Theoretisch kann also ein Mensch mit 20 kg Übergewicht gut 8000 km mit dem Rad fahren ohne mehr als den täglichen Grundumsatz durch Nahrung decken zu müssen.

  • Die deutsche Symbiose aus Wirtschaft und Politik driftet immer ausschweifender in Richtung Unzurechnungsfähigkeit und die taz hängt sich dran !??? Merkels Motto durchdringt das kollektive Bewußtsein:



    Mit uns zum Sinkflug, es lebe die Sintflut, scheiß auf die Sinnwut - zum Kuckuk noch eins...bin auch schon janz infiziwirt...

  • Wie jetzt? Taz beteiligt sich an der Lobhudelei für die untergehende deutsche Autoindustrie, die noch nie vor Lug und Betrug zurückschreckte. Keine kritische Würdigung des absurden Wettlaufs um mehr und mehr und grösser und grösser, jetzt halt Knetevermehrung für Aktionäre auf Elektrobasis. Kleiner und weniger, deutlich weniger ist notwendig, nur nicht für Merkel, Diess und Co. Nun den fröhlich weiter immer weiter freie Fahrt für freie Bürger. Heinz

  • da bietet der sion von sono motors aus München mehr bei geringerem Invest.

  • "Dafür hat das Ding aber auch 204 PS."

    Warum?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ganz einfach, weil so ein vergleichsweise kleiner PKW-Drehstrom-Elektromotor problemlos kurzzeitig so kräftig sein kann...für den normalen Alltagsbetrieb auf der Landstraße und vor allem im Stadtverkehr leistet der aber nur einen Bruchteil davon. Ist im Prinzip bei den jetzigen Benzin- und Dieselmotoren auch nicht anders, allerdings haben diese dann im Teillastbetrieb oft einen grottig schlechten Wirkungsgrad, das ist beim E-Motor nicht so.

      • @Saile:

        Man muss den Motor passend auslegen. Nicht PS Zahlen hinterher jagen.

        PS: Es ist schon bezeichnend, dass man die Leistung eines Elektromotors in PS angibt...

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Richtig, die Einheit Pferdestärke ist sowieso veraltet...und der Motor ist bestimmt recht passend, sprich sparsam, für den ID3 ausgelegt, schon um eine möglichst große Reichweite zu generieren.

          Aber die „204 PS“ machen sich halt im Prospekt ganz gut...hat übrigens auch nur das Modell mit dem größten Akku, die anderen sind mit „150 PS“ angegeben...wie gesagt, die werden nur beim Ampelsprint gebraucht und dass dieser unnötig Reichweite kosten weiß zum Glück jede_r...

          Ein Beispiel noch: Der Tesla Model S 85 ist mit 270kw (367PS) angegeben...im Fahrzeugschein stehen aber gerade mal 69kw (=Dauerleistung) ;-)

          • @Saile:

            Das allgemeine Problem ist, dass die Hersteller immer noch groß und schwer bauen. Dazu ein großer Motor. Ein sinnvolles E-Auto ist aber möglichst leicht...

  • "Volkswagen has manufacturing or assembly facilities in Mexico, the United States, Slovakia, China, India, Indonesia, Russia, Malaysia, Brazil, Argentina, Portugal, Spain, Poland, the Czech Republic, Bosnia and Herzegovina, Kenya and South Africa." Wiki/eng

    Die Nachfrage nach hochsubventionierten e-Mobilen ist ein lokales Phänomen.