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Die Linke stellt Abgeordneten kaltStrafe für ein Wahlverbrechen

Die Bremer Linkspartei will offenbar ihren Parlamentarier Mazlum Koc loswerden. Ihm wird sein erfolgreicher Personenwahlkampf vorgeworfen.

Mit Plakaten wie diesem (hier nur ein Ausschnitt) hat es Mazlum Koc ins Parlament geschafft Foto: Archiv

Bremen taz | Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass Die Linke ihr Bürgerschaftsmitglied Mazlum Koc aus der Partei ausschließen will. Parteichef Felix Pithan will sich dazu auf Nachfrage zwar „nicht äußern“ – den Vorgang aber auch nicht dementieren. Andere in der Linkspartei sprechen von einem „schwebenden Verfahren“ und wollen deshalb presseöffentlich derzeit nichts sagen.

Koc selbst will „keinen Kommentar“ abgeben. Und Landesgeschäftsführer Andreas Hein-Foge erklärte am Montagmorgen lediglich, bisher liege ihm kein formeller Antrag auf Parteiausschluss vor. Möglicherweise will der Landesvorstand die Auseinandersetzung aber auch in einem internen Gespräch mit Mazlum Koc regeln.

Koc, 30, war bis zur Wahl Mitglied im Beirat Woltmershausen und rückte erst im August in die Bürgerschaft nach, als Kristina Vogt und Claudia Bernhard – beide inzwischen Senatorinnen – aus dem Landtag ausschieden. Er kandidierte zwar nur auf Platz 18 der Liste, bekam aber 2.297 Personenstimmen.

Zum Vergleich: Klaus-Rainer Rupp, der seit 2007 in der Bürgerschaft sitzt, bekam 2.202 Personenstimmen, die neue Fraktionschefin Sofia Leonidakis 3.518 und bei dem Abgeordneten Cindi Tuncel – ebenfalls Kurde, anders als Koc aber Jeside – waren es 3.063. Koc hat, anders als alle anderen Abgeordneten der Linksfraktion im Landtag, keinerlei Sprecherposten bekommen, auch sitzt er in keiner Deputation.

Seine Funktionslosigkeit überrascht

Seine Seite auf der Homepage der Linksfraktion ist fast reinweiß und frei von Informationen, abgesehen von einem Foto und dem Zitat: „Ich möchte meine im Woltmerhausener Beirat gemachten Erfahrungen mit in die Bürgerschaft tragen und für die kurdische Mitmenschen kämpfen.“ Auch der offiziellen Homepage der Bremischen Bürgerschaft ist neben Geburtsdatum und -ort nur sein Familienstand zu entnehmen: Koc ist ledig.

Mazlum Koc sitzt nun zwar als Nachrücker im Parlament, darf aber zu nichts sprechen und für niemanden außer natürlich für sich selbst

Diese Funktionslosigkeit überrascht auch, weil der Junggeselle noch 2017 auf Listenplatz vier für den Bundestag kandidieren durfte. Er hat sich als Flüchtlingsbetreuer bei der AWO Bremen engagiert, sein Vater, Yüksel Koc, wurde im Frühjahr wegen eines Hungerstreiks für Abdullah Öcalan bekannt, dem Chef der hierzulande als Terrororganisation verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK. Yüksel Koc war früher Vorsitzender des Kurdischen Vereins in Bremen, dem legalen Arm der PKK, dem auch Mazlum Koc angehört.

Zum Vorwurf wird ihm das ausdrücklich nicht gemacht – wohl aber sein Verhalten im Wahlkampf. In der Linkspartei gab es dazu den klaren Beschluss, dass nur für Spitzenkandidatin Kristina Vogt als Person geworben werden durfte.

Einige sind „richtig sauer“

Mazlum Koc war nur für die Beiratswahl in Woltmershausen Spitzenkandidat, Personenwahlkampf hat er aber trotzdem gemacht – erfolgreich und, obwohl er „mehrfach aufgefordert“ worden sei, das zu lassen, wie es aus der Partei heißt. Darüber seien einige „richtig sauer“, hört man immer wieder. Hinzu kommen nun andere, persönlichere Vorwürfe gegen Koc, zu denen aber keiner der Betroffenen derzeit öffentlich Stellung bezieht.

In der Partei regt sich Kritik am Umgang des Landesvorstandes mit dem Fall. Denn der Kreisverband Links der Weser, in dem Koc bislang Mitglied ist, hat sich mit der Angelegenheit bisher „nicht befasst“, wie Vorstandsmitglied Roman Fabian der taz sagt. Das liegt daran, dass er über das offenbar anstehende Verfahren aber auch „nicht informiert“ wurde.

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2 Kommentare

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  • Wenn man Kandidaten vernbietet, für sich zu werben, will man offensichtlich nicht, dass der Wähler sich für einzelne Kandidaten entscheidet. Soviel zum Demokratieverständnis der Linken.

  • Ist das antikurdischer Rassismus?