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Kritik an U5-Planung in HamburgSenat verbuddelt Kohle

Der Umweltverband BUND bemängelt, dass bei der Planung der neuen U-Bahn andere Lösungen wie eine Stadtbahn nicht ausreichend geprüft worden sind.

Für den BUND immer noch einer Alternative: die Stadtbahn Foto: dpa

Hamburg taz | Die Pläne des rot-grünen Senats für eine neue U-Bahn in Bramfeld und Steilshoop stoßen auf Kritik beim Umweltverband BUND: Der Senat habe nicht ausreichend geprüft, ob es Alternativen zu dem aufwendigen Bau einer U-Bahn gäbe, bemängelte der Verband in einer Stellungnahme an die Wirtschaftsbehörde.

Der BUND spricht sich nicht grundsätzlich gegen eine neue U-Bahn aus; er stellt aber noch einmal die grundsätzliche Frage, ob eine Stadtbahn nicht die bessere Lösung wäre. Zwei Hebel gibt es dafür: Eine Alternativenprüfung ist im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung zwingend vorgesehen. Zudem ist nicht sicher, dass die U-Bahn im Verhältnis zu ihren Kosten einen so großen Nutzen bringt, dass sich die Bundesregierung an ihrer Finanzierung beteiligt.

Mit der U5 soll nicht zuletzt die Trabantenstadt Steilshoop nach Jahrzehnten die versprochene Schnellbahnanbindung bekommen. Vor zwei Wochen hatte der Senat die Bürgerschaft gebeten, 1,7 Milliarden Euro für den östlichen Abschnitt von Bramfeld zur City-Nord locker zu machen. Allein durch die „U5-Ost“ verkürze sich die Fahrzeit vom Bramfelder Dorfplatz zum Jungfernstieg von 35 auf 22 Minuten argumentiert der Senat.

Nach Ansicht des BUND würde sich auch mit einer Stadtbahn die Anbindung deutlich verbessern lassen. „Den Planern war der Vergleich Stadtbahn/U-Bahn ganze fünf Zeilen wert“, kritisiert Landeschef Manfred Braasch mit Blick auf die Plan­unterlagen. Das werde weder den rechtlichen Vorgaben noch dem Thema gerecht.

U-Bahn bindet Budget

Denn angesichts der hohen Kosten komme die Planung einer Richtungsentscheidung im öffentlichen Personennahverkehr gleich. Mit dem Geld, das für die U-Bahn verbuddelt wird, könnte ein Vielfaches an Stadtbahn-Kilometern gebaut werden.

Dazu kommt, dass die erwarteten bescheidenen Fahrgastzahlen die hohe Investition möglicherweise nicht rechtfertigen. Wie der Senat der Bürgerschaft mitteilte, lasse sich bei dem „hier anstehenden ersten Realisierungsabschnitt U5-Ost ein Nutzen-Kosten-Faktor größer 1 nicht nachweisen“. Der Abschnitt kostet also mehr, als er gesamtwirtschaftlich bringt.

Erst nach Fertigstellung der kompletten U5 von Bramfeld nach Steilshoop würde die Fahrgastzahl von 20.000 auf 50.000 täglich steigen und U-Bahn-Dimensionen erreichen. Der Senat will deshalb für die gesamte U5 auf einmal noch eine Förderung über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz beantragen. Das solle Anfang der 2020er-Jahre geschehen. Selbst dann noch sei aber „damit zu rechnen, dass Teile der Kosten herausgerechnet werden müssen, um eine Förderfähigkeit zu erreichen“, gibt der Senat zu.

1,5 Millionen Tonnen Aushub

Der BUND kritisiert auch, dass die Pläne des Senats die Bauphase nicht ausreichend berücksichtigten. Für den knapp sechs Kilometer langen Tunnel müssten 1,5 Millionen Tonnen Erdreich entsorgt werden. Außerdem müssten die Treibhausgasemissionen verglichen werden. Hier sei zu erwarten, dass eine Stadtbahn besser abschneiden würde, weil der Tunnelbau viel Energie benötige.

Unterdessen ist bekannt geworden, dass der parteilose Wirtschaftssenator Michael Westhagemann die Klagemöglichkeiten bei Bauprojekten einschränken möchte. Dem NDR gegenüber äußerte er das paradoxe Argument, nur durch eine schnellere Planung und Genehmigung von Infrastrukturprojekten ließen sich die Klimaziele erreichen.

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2 Kommentare

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  • Es ist gut, dass die U5 kommt, 2040 wird sie dann wohl auch im Westen ankommen. Die Stadt hätte Steilshoop und Osdorfer Born viel früher anbinden müssen. Und was sind schon Zahlen? Die Stadtbahn wäre mir auch lieber gewesen, aber jetzt ist der Zug abgefahren und vielleicht ist das auch gut so, denn die U-Bahn ist auf lange Sicht deutlich besser.

  • Immerhin fünf Zeilen für eine denkbare Alternative zur U5. Und während man im Fall U5 v/s Stadtbahn immerhin auf eine jahrelange Diskussion verweisen kann, klappt das bei der Hafenquerspange nicht. In diesem Fall wäre die denkbare Alternative eine „Container Exchange Route“ (CER). Nie gehört? So etwas wird gerade im Hafen von Rotterdam auf 20 km Länge gebaut.

    Es handelt sich dabei um eine Fahrstraße nur für elektrisch angetriebene, fahrerlose Containerfahrzeuge (AGVs), die dort mit 40 km/h die hafeninterne Umfuhr bewältigen sollen, also leise und lokal abgasfrei. Hat irgendjemand eine Idee wie man es umweltfreundlicher machen könnte?

    Man erwartet in Rotterdam, dass sich mit der Inbetriebnahme der CER die Kosten einer Umfuhr halbieren werden und es dann zu einer Verschiebung des Ladungsaufkommens auf der Nordrange um mindestens(!) 2-3 Mio. TEU jährlich kommen wird. Spätestens das müsste doch eigentlich das Hamburger Abendblatt auf den Plan rufen, passiert aber nicht.

    Eigentlich geht es um die Frage, wie man Kurzstrecken-Güterverkehr künftig klimaneutral organisieren kann. Doch auch die taz-hamburg schweigt sich aus über das, was da gerade in dem größten Hafen Europas passiert. Spinnen die Holländer? Oder spinnt die Hamburger Presse?

    Bleibt dem mündigen Bürger also nur selbst zu googeln mit den Stichworten „Container Exchange Route“ oder „A new hinterland transport concept for the port of Rotterdam“.