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Qualität und Bedingungen in den KitasErzieherIn bleiben ist zu schwer

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Jeder Vierte schmeißt den Erzieher-Job nach fünf Jahren hin. Es braucht deutlich höhere Löhne, klar. Aber auch bessere Strukturen.

Selbst wenige Kinder zu hüten ist anstrengend – das Gehalt von ErzieherInnen wird dem nicht gerecht Foto: Unsplash/ Felipe Salgado

W er schon mal einen Kindergeburtstag für sieben Vierjährige ausgerichtet hat, kennt das: Ohrensausen, Heiserkeit, totale Erschöpfung am Abend. Sieben Vierjährige an fünf Tagen in der Woche zu betreuen gilt im Kitabereich als optimal. In den meisten Ländern sind den ErzieherInnen mehr Kindern zugeteilt, wie der Bildungsmonitor frühkindliche Bildung der Bertelsmann-Stiftung zeigt. Hochachtung vor dieser Leistung!

Im Verdienst spiegelt sich das nicht wider. Eine Erzieherin mit sechsjähriger Berufserfahrung verdient 3.400 Euro brutto im Monat. Das berechnen UnternehmensberaterInnen als Dreitagespauschale. Kein Wunder also, dass bundesweit ErzieherInnen fehlen.

Am Enthusiasmus liegt es nicht. Fast 40.000 Menschen beginnen laut Bundesfamilienministerium jedes Jahr eine Ausbildung zur ErzieherIn, fast doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Allerdings verlässt auch jede/r Vierte das Arbeitsfeld Kita nach den ersten fünf Berufsjahren. Da liegt es auf der Hand, dass der Beruf attraktiver werden muss. Mit besserer Bezahlung, aber auch stärkerer Entlastung im Alltag. Die Kitas brauchen mehr Personal..

Es genügt aber nicht, laut zu fordern, dass die Länder, statt Eltern von Gebühren zu entlasten, doch einfach in zusätzliches Personal investieren sollten. Denn die Kita ist inzwischen eine Bildungseinrichtung ähnlich der Schule. Und es käme ja auch niemand auf die Idee, Schulgebühren zu fordern, damit LehrerInnen angeheuert und die Klassen verkleinert werden können. Abgesehen davon, gibt es derzeit schlicht nicht genügend Fachkräfte, um die Nachfrage in den Kitas, aber auch in den Schulen, die ja vermehrt Ganztagsschulen sein sollen, zu decken.

Für kurzfristige und einfache Lösungen ist es jetzt zu spät. Vielmehr müssen künftig mehr Erzieherinnen ausgebildet und im Beruf gehalten werden. Dazu muss die Gesellschaft – also Menschen mit und ohne Kinder in Bund, Ländern und Kommunen – bereit sein, mehr Geld in den Bildungsbereich zu investieren. Damit ErzieherInnen die Wertschätzung erhalten, die sie verdienen.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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5 Kommentare

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  • Es ist nicht zu schwer, es ist einfach deprimierend. Ich finde auch das Gehalt in Ordnung. Schade, dass immer so getan wird, als wäre das sooo wenig. Deswegen lassen sich gerade Berufsanfänger bei freien Trägern übers Ohr hauen. Da ist meistens mehr drin.



    Aber es gibt keinen konkreten Auftrag. Es ist ganz leicht für ganz viele ErzieherInnen sich vor der Arbeit zu drücken. Weil die meisten (Träger, Eltern, Politik) sich nur dafür interessieren, dass jemand die Kinder beaufsichtigt. Deswegen verlassen so viele nach wenigen Jahren die Kitas. Weil ihre persönlichen Ansprüche an die Arbeit mit Kindern einfach höher sind. Aber wenn man erst das halbe Team fremdmotivieren muss,geht man lieber einen anderen Weg. Wäre doch mal eine interessante Studie, warum gelernte pädagogische Fachkräfte nach der Ausbildung/dem Studium und warum nach einigen Berufsjahren nicht mehr in einer Kita arbeiten möchten.

  • Hört mir endlich auf mit den Löhnen. Die sind im Vergleich zu anderen Berufen ziemlich in Ordnung. Als Erzieher verdient man ca. 1500 € Netto und mehr. Das Problem, gerade in Kindertagesstätten sind Träger und Strukturen, in denen man stetig gegängelt wird.

    • @Hampelstielz:

      In anderen Berufen trägt man nicht so viel Verantwortung und ist nicht mit so vielen Aufgaben konfrontiert wie ein Erzieher! Es ist nicht nur ein bisschen spielen und Kaffee trinken-es ist 16 Kinder öfters mal alleine, weil die Kollegin krank oder im Urlaub oder stelle unbesetzt, Dokumentation , Elterngespräche, Angebote, Ausflüge-Kita ist eine Bildungseinrichtung-warum bekommen wir so viel weniger als die Lehrer ! Bei privaten Trägern verdient man weit unter Tarif -da sollte man eine gerechte Regelung finden. Bessere Arbeitsbedingungen mit höherem Erzieherschlüssel und gesetzlichen Vor- und Nachbereitungszeit sind nötig! Gesellschaftliche Anerkennung!

      • @Marina Friedrich:

        Punkt 1: Häufig ist der Alltag recht bequrm. Ich berichte aus dem "Inneren" undceben nicht von Aussenstelle.

        Dank unserer Drogenpolitik habe ich dann zum Gärtner umgeschult. Davor war ich aber mit herzblut Erzieher.

        Ich muss auch sagen, dass ich immer (und zwar gezielt) in der 'öffentlichen Hand' gearbeitet habe. Habe aber mitbekommen, dass freie Träger assozialer in der Entlohnung sind.



        Ist aber auch nur Trägerabhängig. Angemessen und einzig sinnvoll ist die Kapitalismuskritik.

      • @Marina Friedrich:

        Sicher, aber in anderen Berufen tätigt man im Akkord oder andere Art. Was mich stört ist halt, dass es keinen regelmässigen Aufschrei gibt, was 'deine' oder 'Unsere' z.B. Verkäuferin, Hausmeisterin etc. bezieht., nur sehr werbeträchtig gilt es. Weil z.B. pseudofeministisch (Hallo 2000, Männer können im Kindergarten arbeiten und zwar nicht als Hausmeister oder auswärts, sondern direkt als Pädagogen.)