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Soll muslimischen Frauen im Justizdienst das Tragen von Kopftüchern erlaubt werden?

Debatte um Neutralität im Gerichtssaal: Eine Petition wehrt sich gegen ein geplantes Gesetz in Niedersachsen, das religiöse Symbole bei Richter*innen und Staatsanwält*innen verbieten soll

Umstrittenes Stück Stoff: Kopftuch im Gerichtssaal Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Von Simone Schmollack

„Kein Kopftuchverbot in Niedersachsen“. So knapp wie präzise ist eine Petition auf der Internetkampagnenplattform „OpenPetition“ überschrieben, die sich gegen eine aktuelle Gesetzesinitiative der niedersächsischen Landesregierung richtet. Dem Gesetzentwurf aus dem Justizministerium zufolge sollen Richter*innen und Staatsanwält*innen im Gerichtssaal künftig keine religiösen Symbole und Kleidungsstücke tragen dürfen, weder ein christliches Kreuz noch die jüdische Kippa oder ein muslimisches Kopftuch.

Das Gesetz soll die „religiöse, weltanschauliche und politische Neutralität der Justiz“ ausdrücken und stärken, begründet Justizministerin Barbara Havliza, CDU, den Vorstoß: „Jeder im Gericht muss den Eindruck haben, ein Richter oder Staatsanwalt sei völlig frei von religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen.“

„Im Gerichtssaal sollen weder Kreuz noch Kippa und Kopftuch erlaubt sein“

Anlass für den Gesetzentwurf ist die Beschwerde muslimischer Referendarinnen, die als Sitzungsbeteiligte auch im Gerichtssaal ein Kopftuch tragen wollten. Das jedoch verstoße gegen das Neutralitätsgebot der Justiz, so Havliza. Zudem sollen mit einer einheitlichen Regelung regionale Unterschiede vermieden werden. Neben den Regierungsfraktionen unterstützen die Oppositionsparteien FDP und AfD den Entwurf, während die Grünen ihn ablehnen. Damit breche man „unnötig einen gesellschaftlichen Konflikt vom Zaun“, kritisiert Helge Limburg, Vizefraktionschef der Grünen im Niedersächsischen Landtag, das Vorhaben. Kritik am Gesetz kommt ebenso von Islamverbänden: Damit schließe man muslimische Frauen aus vom Richter*innenamt aus.

Die Petition benötigt 5.000 Unterschriften, um angenommen zu werden. Bislang haben 1.218 Menschen unterschrieben, davon 156 in Niedersachsen.

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