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Klimaschutzpläne der KoalitionKlima und Konto schützen

Aufgalopp zum Klima-Kabinett: Die Union plädiert für den Emissionshandel, um CO2-Emissionen zu verringern. Die SPD zieht widerwillig mit.

So sehen es FFF-Demonstranten in Frankfurt: Die Klimapläne der Koalition reichen nicht Foto: dpa

Berlin taz | Vor einem Spitzentreffen der Koalition zum Klimaschutzpaket hat sich die Union auf den Emissionshandel als eine zentrale Maßnahme festgelegt. So soll der Treibhausgasausstoß von Verkehr und Gebäuden verteuert und damit verringert werden, heißt es in einem Papier der Bundestagsabgeordneten Andreas Jung (CDU) und Georg Nüßlein (CSU). Mit diesem Vorschlag ging die Union am Freitagabend in den Koalitionsausschuss.

Auch Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) ist für einen höheren Preis von Treibhausgasemissionen. Sie befürwortet aber eine höhere CO2-Steuer als Instrument. Ihr Sprecher sagte am Freitag, die Ministerin klebe jedoch nicht an einem bestimmten Modell. Entscheidend sei, dass der Mechanismus wirke und der Ausstoß klimaschädlicher Gase sinke.

Weil Deutschland seine Ziele für die CO2-Reduktion bis 2020 verpasst, steht die Regierung unter Druck, einen verlässlichen Plan für die Zeit bis 2030 zu entwerfen. Vor allem sollen die Emissio­nen aus Verkehr und Gebäudeheizungen verringert werden. Diese sind bisher zu wenig gesunken. Das Klima-Kabinett, an dem unter anderen die MinisterInnen für Finanzen, Wirtschaft, Umwelt, Verkehr und Bauen teilnehmen, soll am kommenden Freitag dafür eine Lösung finden.

Das Bundesverkehrsministerium plant dafür offenbar, bis 2030 bis zu 75 Milliarden Euro zu investieren, berichtete am Freitag zunächst die Süddeutsche Zeitung. 3 Milliarden Euro jährlich sollen so für den Aus- und Neubau von Bahnstrecken zur Verfügung stehen, weitere 600 Millionen pro Jahr könnte es kosten, die Mehrwertsteuer für Bahnreisen über 50 Kilometer zu reduzieren.

Höhere Kaufprämien für Elektroautos

Eine weitere Milliarde jährlich fließen demnach in Forschung und Entwicklung synthetischer, etwas klimafreundlicherer Treibstoffe, um die Technologie des Verbrennungsmotors noch länger zu nutzen. Höhere Kaufprämien für Elektroautos schlagen mit rund 300 Millionen Euro pro Jahr zu Buche. Die Zahl der in Deutschland angemeldeten Elektrofahrzeuge soll so von derzeit gut 80.000 auf 7 Millionen bis 2030 steigen. Ladesäulen sollen dann bis zu 10 Millionen Pkws versorgen können.

Fraglich ist, wer derartige Programme bezahlen soll. Emissionshandel oder CO2-Steuer bringen zwar zusätzliche Einnahmen, doch sowohl Union als auch SPD planen, einen großen Teil davon zurückfließen zu lassen, beispielsweise durch eine niedrigere Stromsteuer.

Vor allem die Union erweckt den Eindruck, viele Leute würden finanziell von den Klimaschutzmaßnahmen profitieren. Jung und Nüßlein erwähnen neben einem „Emissionsdeckel“ auch einen „Steuerdeckel“. Privathaushalten werden beispielsweise steuerliche Abschreibungen in Aussicht gestellt, wenn sie energiesparende Haushaltsgeräte kaufen oder Immobilien wärmedämmen.

Dort ist allerdings auch die Rede davon, die Gewinnsteuer für Unternehmen von derzeit gut 30 auf maximal 25 Prozent zu senken. Gleichzeitig soll die Schwarze Null bewahrt werden – das Prinzip, keine neuen Schulden im Bundeshaushalt aufzunehmen. Für Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ist es ein Rätsel, wie er höhere Ausgaben, niedrigere Einnahmen und das Verbot neuer Schulden unter einen Hut bringen soll.

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5 Kommentare

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  • 9G
    93559 (Profil gelöscht)

    Kaufprämien für Elektroautos?! Was soll dieser Schwachsinn? Leute, die es sich leisten können, kriegen Geld für's angeblich umweltfreundliche Zweit- oder Drittauto geschenkt und die altern verpesten andernorts die Luft und erhöhen dann die Schrottberge. Die Einzigen, die sowas kriegen sollten, sind Handwerksbetriebe und Leute, die ihren Beruf NICHT ohne Auto ausüben können. Und da gehören Pendler nicht dazu. Da muss der ÖPNV ausgebaut werden und auch andere Arbeitsformen gefunden werden.

    • @93559 (Profil gelöscht):

      Ja, das sehe ich genauso! Green Capitalism is a lie. Leider fallen viele Menschen auf diese Denke hinein und denken wirklich, ein neues Auto wäre ökologisch. Es wird leider nicht mitbedacht, dass für die Produktion von mindestens 1,5 Tonnen Material pro Auto ein Vielfaches an Ressourcen geschürft werden muss, dabei Natur/Böden vergiftet werden und die Ressourcen dann energieintensiv weiteverarbeitet müssen. Denken diese Leute, Autos wüchsen an Bäumen, oder was? Und dann soll es ökologisch sinnvoll sein, jeweils 1 Person mit diesen 1,5 Tonnen-Autos zu transportieren? Und dann soll noch Straßen ausgebaut und Parkfläche vorgehalten werden - egal ob des Massensterbens vieler Tiere aufgrund von eben dieser Flächenversiegelung und von dieser Zersiedelung tierlicher Lebensräume durch den Menschen?

  • Wenn ich mir das so anhöre und durchlese, was die Medien zu den Planungen der Bundesregierung senden und schreiben, werde ich den Eindruck nicht los, dass das Mäntelchen Klimaschutz dazu dienen soll, die Reichen noch reicher zu machen. Den Klimawandel wird man durch diese Maßnahmen nicht aufhalten oder auch nur bremsen, die Ziele für 2030 wieder krachend verfehlen.

    Die Ärmeren können sich weder ein E-Auto noch die Wärmedämmung ihrer gemieteten(!) Wohnung leisten. Neue, sparsamere Haushaltsgeräte können erst dann angeschafft werden, wenn sie kaputt sind - trotz aller Subventionen. Klientelpolitik!

    Union und SPD haben immer noch nicht verstanden, dass der Großteil der Bevölkerung nicht reich ist. Wer Minister, höherer Beamter oder Bundestagsabgeordneter ist, gehört mit seinem Einkommen zu den Reicheren, kann sich vieles leisten, was sich die ärmere Hälfte der Bevölkerung nicht leisten kann. Sie haben jede Bodenhaftung verloren.

    Vielleicht sollte die Bundesregierung mal auf diejenigen Reichen hören, die sich alles leisten können und eine spürbare Steuererhöhung für die Reichen fordern. Die sind glaubwürdig und führen keine Neiddebatte.

    Was bisher über die Planungen der Bundesregierung hinsichtlich Maßnahmen zum Klimaschutz bekannt ist, ist nicht nur nutzloser Aktionismus, sondern Bevorteilung der Reichen durch Vermögensumverteilung von unten nach oben.

    Stopp! So nicht!

  • Emissionshandel hat bis jetzt nichts gebracht, außer die Taschen der Händler zu füllen. Wieso sollte er jetzt plötzlich dem Klima etwas bringen?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      "Vor allem sollen die Emissio­nen aus Verkehr und Gebäudeheizungen verringert werden. Diese sind bisher zu wenig gesunken."

      Ergo der kleine Mann soll geschröpft werden und die Reichen nix zahlen.



      Widerlich.