Meisterpflicht im Handwerk: Eine Lehre für Mitte-links
Für zwölf Berufe kommt die Meisterpflicht wieder. Ein richtiger Schritt, um dem Qualitätsverlust im Handwerk entgegenzuwirken.
Die rot-grüne Bundesregierung von 1998 bis 2005 war radikal: Sie schleifte den deutschen Sozialstaat mit Hartz IV und der Rentenreform und senkte die Unternehmenssteuern. Dass sie mehr zerstört als modernisiert hat, zeigt sich in der langen Reihe an Reparaturmaßnahmen. Die Grundrente wird gerade deshalb diskutiert, weil die Rentensenkungen und Niedriglohnjobs Altersarmut verstärkt haben. An Hartz IV wird seit über zehn Jahren herumgebastelt, um die größten Ungerechtigkeiten anzugehen.
Jetzt kommt die Meisterpflicht wieder, zumindest für zwölf Gewerke. Die Abschaffung derselben für noch mehr Branchen wurde vom damaligen SPD-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und seinem treuen Adlatus, dem grünen Wirtschaftsstaatssekretär Rezzo Schlauch, durchgesetzt. Der Meisterzwang sei ein verstaubtes Überbleibsel der Zünfte, hemme Existenzgründungen und sei bürokratisch und teuer, hieß es damals. Inzwischen zeigen sich die Fehlentwicklungen, und deswegen ist die Rückkehr des Meisterbriefs richtig.
Nach Zahlen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) hat sich die Zahl der Fliesenlegerbetriebe seit 2004 fast verdreifacht, während die Zahl der Auszubildenden zurückgegangen ist. Kleine Ein-Mann- oder Ein-Frau-Betriebe, deren Zahl sprunghaft angestiegen ist, haben nicht die Ressourcen, um auszubilden. Die Zahl der Insolvenzen ist mit der Liberalisierung ebenso hochgegangen; Klagen über mangelnde handwerkliche Qualität häufen sich.
Das Scheitern der rot-grünen Reform geschah mit Ansage aus dem Lehrbuch: Liberalisierung führt zuerst zu einem Gründerboom, die Preise sinken (was zunächst die Kunden freut), die Qualität der Produkte leidet; kleine Betriebe können wegen des Konkurrenzdrucks nicht mehr mithalten und schließen. Die Rückkehr des Meisterbriefs sollte den Parteien von Mitte-links eine Lehre sein. Das Anbiedern an die Marktgläubigen geht nach hinten los – bei der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit wie an der Wahlurne.
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