Färöischer Walfang: Das „Grindadráp“ geht weiter
Dutzende Wale sind vor den Färöern an Land getrieben und getötet worden. Bereits das zehnte Mal in diesem Jahr. Ein Ende ist nicht in Sicht.
Dabei gehören die Färöer zum Königreich Dänemark, dieses ist Mitglied der Europäischen Union: Jegliche Art von Walfang ist hier strengstens verboten. Doch Dänemark will offenbar nicht mit der Inselgruppe im Nordatlantik streiten und die dortige Unabhängigkeitsbewegung anheizen. Auch die EU übt wegen der Tierrechtsverletzungen keinen Druck auf Kopenhagen aus.
Zuletzt wurde 2014 ein größerer Grindadráp verhindert: Unter anderem hatten die Tierschützer vom deutschen Wal- und Delfinschutzforum (WDSF) Sender vor die Küste der Färöer angebracht, die die Grindwale durch Störsignale abhalten sollen. Am Ende des Jahres belief sich die Bilanz auf „nur“ 48 getötete Tiere. Die Jahre darauf stieg die Anzahl wieder an, es fehlten Spendengelder für die Sender. Mit dem zehnten Grindadráp in diesem Jahr sind es 543 getötete Tiere, meldet Sea Shepherd.
Niemand weiß auf den Färöern genau, wann Grindwale vor ihre Küste kommen, es ist stets Zufall. Laut dem Nachrichtenmagazin Newsweek gibt es eine Meldepflicht aller Einwohner an die Behörden, falls diese eine Grindwalschule sichten. Wer sich nicht daran hält, muss bis zu 3.000 Euro Strafe zahlen und geht im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahre ins Gefängnis.
Langsamer Tod
Ist die Grindwalschule gesichtet und gemeldet, kommen fast alle Inselbewohner an die Küste, um mit anzupacken. Angestellte und Schulkinder erhalten in der Regel frei, und es wird versucht, viele Boote ins Wasser zu bringen. Grindwale werden nur deswegen vor den Färöern gesichtet, weil sie dort ihre Hauptnahrungsquelle, die Kalmaren jagen.
Mit Motorboten kesseln die Bewohner die Tiere ein und treiben sie bis an die Küste. Grindwalen, die nicht gestrandet sind, wird ein an einem Seil befestigter Haken in ihr Blasloch gerammt, mit dem sie bis zur Küste geschleppt werden. Zwar wollen die Einwohner laut eigener Aussage die Tiere so schnell wie möglich töten, dennoch kursieren auf Twitter Videos, wie die Grindwale minutenlang mit dem Leben kämpfen.
Die Argumente der Färöer sind seit Jahren gleich. Sie beharren auf ihrer „Tradition“ und betonen, dass diese Grindwale nicht kommerziellen Zwecken dienen. Zwar gibt es wirklich einen Verteilungsschlüssel: Zuerst bekommen die Bewohner der Insel, auf der der Wal angelandet wird, den Großteil des Fleisches, der Rest wird auf die 16 weiteren Inseln verteilt.
Doch laut Sea Shepherd landen die Tiere regelmäßig auch auf Speisekarten in Restaurants und werden somit anderen Besuchern der Insel zugänglich gemacht. Dabei kann ihr Fleisch gefährlich sein: Da die Tiere an der Spitze der Nahrungskette stehen, enthält Grindwalfleisch größere Mengen von unter anderem Arsen, Zink oder Quecksilber. Eine Studie der Artenschutzorganisation Pro Wildlife zeigte, dass der Konsum von Wal- und Delfinfleisch bei Menschen unter anderem zu Sprachstörungen, Parkinson und Diabetes führen kann. Im Jahr 2008 hatte das färöische Gesundheitsamt schon gewarnt, dass das Fleisch von Grindwalen aufgrund zu hoher Mengen Quecksilber und anderer Schadstoffe nicht für den menschlichen Verzehr geeignet ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind