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Streit um LandeslisteSachsen-AfD droht mit Anwälten

Die sächsische AfD will die gekürzte Wahlliste nicht akzeptieren. Sie stellt ein Ultimatum bis Montag und droht mit Anzeigen.

Listenstress bei der AfD Foto: reuters

Dresden taz | Die AfD Sachsen geht mit allen Mitteln gegen die vom Landeswahlausschuss verfügte Nichtzulassung ihrer Listenplätze 19-61 zur Landtagswahl vor. Sie stellte am Freitag dem Wahlausschuss und der Landesregierung ein Ultimatum, diese vor einer Woche getroffene Entscheidung bis Montag zu revidieren. Andernfalls würde man die Ausschussmitglieder wegen Rechtsbeugung anzeigen.

Tags zuvor war bereits Verfassungsbeschwerde beim Landes- und beim Bundesverfassungsgericht eingereicht worden. Man wolle nicht erst ein Wahlprüfungsverfahren nach der Konstituierung des neuen Landtages nach der Wahl am 1. September abwarten, sagte der Landesvorsitzende Jörg Urban.

Der Wahlausschuss hatte nur die ersten 18 Plätze anerkannt, weil beim zweiten Listenparteitag ein anderes Wahlverfahren unter anderen Bedingungen angewendet wurde. Die AfD war ab Listenplatz 31 von ihrem umständlichen Einzelwahlverfahren aus Zeitgründen zu Gruppenabstimmungen übergegangen.

Urban nannte die Nichtanerkennung am Freitag „böswillig und/oder dilettantisch“. Man habe die Landesliste frist- und formgerecht eingereicht und sei sich keines Fehlers bewusst. Um diese Behauptung zu untermauern, stellte der für die Fraktion tätige Jurist Michael Elicker ein Rechtsgutachten vor. Ein Wechsel des Listenplatz-Wahlverfahrens während eines Parteitages sei zulässig.

Die AfD Sachsen steht in Umfragen derzeit bei rund 25 Prozent. Das entspricht etwa 30 Sitzen im Landtag. Wegen der Listenpanne stehen für die Partei also mehrere Mandate auf dem Spiel.

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23 Kommentare

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  • Eine Klage hilft ja immer irgendwem, aber nur selten dem Kläger.

  • Bei einer vergangenen Wahl hatte die AfD das Problem (sie konnten beim ersten mal nicht alle Wählen und mussten das Verfahren ändern) schonmal ... damals haben sie einfach alle bereits gewählten "nochmal" gewählt (d.h. durchgewunken), nach den neuen Regeln ... die AfD lernt also nicht nur nicht dazu sondern verlernt sogar das, was sie mal konnte.

  • Versteh ich nicht, warum man glaubt, der Afd durch Tricks beikommen zu können. Mir ist es doch egal, wie sie ihre Listenplatz festgelegt haben: der Wähler und die Wählerin haben ihnen nun einmal eine bestimmte Anzahl Sitze verschafft. Wenn Demokraten sich ins Unrecht setzen... Das hilft uns nicht.

    • @JuR:

      Niemand hat hier versucht, der AfD irgendwie „durch Tricks beizukommen“.



      Als „Trick“ könnte man allenfalls den Versuch der AfD ansehen, ihre Wahlliste nicht - wie im Sächsischen Wahlgesetz und in der Wahlordnung vorgeschrieben - in einem einheitlichen Verfahren aufzustellen, sondern uneinheitlich verteilt auf zwei Parteitage mit abweichenden Tagungsleitungen und unterschiedlichen Wahlverfahren (Einzel- und Blockabstimmungen). Diese uneinheitlich zusammengezimmerten Wahllisten sind definitiv ungültig. Das müsste eigentlich auch allen Beteiligten klar gewesen sein. Ob nun Klagen gegen die eigene Beknacktheit überhaupt zugelassen werden, wird man sehen. Nach meiner Auffassung hätte der Wahlausschuss die Wahlliste durchaus auch komplett ablehnen können. Kann auch sein, dass ein Gericht das jetzt im Nachhinein so entscheidet.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @JuR:

      Auch hier empfiehlt sich die Faktenprüfung.

    • @JuR:

      Pardon, die Wähler werden der Afd mehr Sitze verschaffen (nicht "haben verschafft").

      • @JuR:

        Es gibt im Umfeld von Wahlen präzise Regelungen, weil sonst jeder unter "demokratisch" und "rechtsstaatlich" etwas anderes versteht. Wer zu dämlich ist, sich mit diesen Regelungen zu befassen und sie einzuhalten (ist gar nicht so schwer!), sollte mangels Befähigung gar nicht erst antreten.

        • 8G
          83492 (Profil gelöscht)
          @Bitbändiger:

          "Es gibt im Umfeld von Wahlen präzise Regelungen, weil sonst jeder unter "demokratisch" und "rechtsstaatlich" etwas anderes versteht."

          Es gibt gesetzlich Regelungen. Die sind aber nie präzise, weil Sprache und Sachverhalte immer interpretiert werden müssen. Wäre es anders, bräuchten wir gar keine Richter, sondern Algorithmen. Der Instanzweg wäre auch überflüssig.

          "Wer zu dämlich ist, sich mit diesen Regelungen zu befassen und sie einzuhalten (ist gar nicht so schwer!), sollte mangels Befähigung gar nicht erst antreten."

          Ich weiß nicht, welche Qualifikationen Ihnen auf das hohe Ross geholfen haben. Aber es gibt andere Juristen, die die Entscheidung des Landeswahlausschusses kritisch sehen.

          'Die Düsseldorfer Juraprofessorin Sophie Schönberger bekräftigte im Magazin „Der Spiegel“, bei den angeblichen Verstößen beziehe sich der Ausschuss auf Regeln, die es gar nicht gebe oder die eine andere Bedeutung hätten.'

          www.deutschlandfun...rn:news_id=1027262

          • @83492 (Profil gelöscht):

            Erinnert alles ein bisschen an einen gewissen Lungenarzt, der mal die Gefährlichkeit von Stickoxiden angezweifelt hat.

            • 8G
              83492 (Profil gelöscht)
              @Artur Möff:

              Mag sein, dass die Frau Schönberger eine Außenseitermeinung vertritt. Aber in der Juristerei gibt es immer wieder Entscheidungen, die für mich nicht nachvollziehbar sind. Deshalb glaube ich nicht, dass viele hier im Forum die Gesetzeslage wirklich kompetent zu beurteilen. Drei Juristen, fünf Meinungen.

  • So richtig krachend fände ich es, wenn das Agieren der AfD dazu führte, dass sie nicht mehr zur Wahl zugelassen werden kann...

    • @Vidocq:

      Yap. Aber ich fürchte, da freute ich mich zu früh… schade eigentlich…

  • Ach du liebe Güte - da suhlen sie sich wieder in ihrem angeblichen kollektiven Verfolgtsein, "Keiner mag uns!".

    Dabei verdeutlicht der ganze Vorgang nur, dass nicht nur die AfD-Wählerschaft sich weitgehend aus dem intellektuellen Bodensatz des Gesamt-Wählerreservoirs rekrutiert - auch die "Führungsebene", z.B. dieser Herr Urban, versucht jetzt verzweifelt, mit abstrusen Verschwörungstheorien von der eigenen Inkompetenz abzulenken. Macht nur weiter so, Leute - die beste Waffe gegen Hetzer und Schwätzer ist immer noch, sie ihrer eigenen Lächerlichkeit preiszugeben.

  • Das wird wohl ein Fall für juristische Spitzfindlinge. Die juristische Selbstsicherheit der AfD-Lautsprecher überrascht angesichts der Vorgeschichten, z.B. die seinerzeit von Frauke Petry befolgte Handlungsempfehlung der Wahlkommission. Offenbar ist das Wahlgesetz in Sachsen interpretationsanfällig. Mir als Laien erschliesst sich nicht, warum so ein wichtiges Gesetz nicht eineindeutig formuliert werden kann.



    Oder steckt auch Kalkül der AfD- "Edelhirsche" dahinter, die ihr teilweise arg unvorzeigbares -oder zu kritisches- Personal auf die hinteren Plätze weggebissen haben und nun dankbar sind für die Steilvorlage, dass diese "Störer" wegen "Machenschaften der Altparteien" und nicht wegen innerparteiler Schienbeintreterei nicht zum Zuge kommen werden.



    Mal sehen, wie uns demnächst die "juristischen Gutachten" um die Ohren gehauen werden und wann dann das ominöse Schreiben der Landeswahlleiterin an die AfD, dessen Erhalt die Partei bestreitet, ans Licht der Öffentlichkeit gelangt. Das Sommerloch beginnt sich zu füllen, ich mach schon mal 'ne Flasche Chips auf (oder "Pommfritzzz"?).

    • @Edward:

      Mir als Laien erschliesst sich nicht, warum so ein wichtiges Gesetz nicht eineindeutig formuliert werden kann.



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      Sie geben ja zu ein Laie zu sein. Tatsächlich ist das Gesetz in diesem Fall ausnahmsweise mal durchaus eindeutig. Der Spielraum den der Gesetzgeber beim Aufstellungsverfahren läßt, ist in der ersten Linie dem Umstand geschuldet, dass eine noch engere Setzung der Grenzen kleinere Parteien übermnäßig benachteiligen würde, da diese gewöhnlich nicht über die logistischen wie personellen Ressourcen verfügen.

      • @Duckunwech:

        Laie in einer speziellen Angelegenheit zu sein muss man nicht „zugeben“.

        Sollte das Wahlgesetz in dem betreffenden Punkt unklar sein, wären die Mitglieder des Wahlausschusses mit ihrer juristischen Beratung des Landes qualifiziert zur Beurteilung.

        • @Sven2000:

          Der Wahlausschuss muss neben den von den Parteien vorgeschlagenen Mitgliedern noch zusätzlich 2 nichtparteigebundene Juristen inklusieren. Ich persönlich halte es für ein großes Manko des Wahlrechts, dass die Wahlausschüsse überhaupt Mitglieder anderer Parteien enthalten. Es lädt geradezu ein, diese Institution zu mißbrauchen.

  • Andernfalls würde man die Ausschussmitglieder wegen Rechtsbeugung anzeigen.



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    Wenn die das wirklich so gesagt haben, ist das nur ein weiterer Beweis, dass sie keine Ahnung von Gesetzgebung haben, denn die einzelnen Mitglieder des Wahlausschusses können in ihrer Funktion als Ausschussmitglieder gar nicht verklagt werden. Verklagt werden könnte höchstens der Wahlausschuss im Gesamten. Die können es gerne versuchen, aber vor Gericht müssen sie diese Klage erst einmal begründen und das dürfte ihnen schwer fallen, zumal sie selber die jenigen waren, die im Vorlauf in jeden Fettnapf reingetreten sind.

  • Die Regelung ist eindeutig. Die AfD zieht hier eine große Show ab, um einen Opfermythos zu kreieren. Kein Gericht wird ihr recht geben, aber die Propaganda wird bei ihren Anhängern verfangen.

  • Ich verteidigen die Afd nur ungern aber angesichts der Europawahl/von der Leyen-Affaire halte ich die Entscheidung des Wahlausschusses für fragwürdig.

    • @Klappstuhl:

      Vielleicht sollte HJ sich vor einem Statement mit SS beraten?

      Ich sag‘s ja nur...

    • 7G
      75064 (Profil gelöscht)
      @Klappstuhl:

      Von welcher Affäre reden Sie und was soll die Europawahl mit der Landtagswahl zu tun haben?

      • @75064 (Profil gelöscht):

        Der Zusammenhang ist ganz offensichtlich: Zu beidem hat HJ eine Meinung...