: Kippe bedroht Kröten
Die Hannoverschen Basaltwerke wollen in Südniedersachsen einen ehemaligen Steinbruch zur Deponie machen. Tausende fordern in einer Onlinepetition ein Aus für das Vorhaben
Von Reimar Paul
Im südniedersächsischen Mittelgebirge Ith wurde über Jahrzehnte Gestein abgebaut. Einer der stillgelegten Steinbrüche, bei Bisperode im Kreis Hameln-Pyrmont gelegen, soll künftig als Bauschuttdeponie genutzt werden. Dagegen regt sich Widerstand. Umweltschützer befürchten, dass dort auch kontaminierter Schutt, der beim Abriss des Atomkraftwerks Grohnde anfällt, abgekippt werden könnte.
Eigentümer des Geländes sind die Hannoverschen Basaltwerke GmbH. Die Firma hat beim Gewerbeaufsichtsamt, der zuständigen Behörde, bereits eine Genehmigung für die Nachnutzung des Steinbruchs beantragt. Der Antrag lag vom 5. Juni bis zum 3. Juli öffentlich aus.
Geplant ist demnach eine Deponie der Klasse I. Die deutsche Deponieverordnung sieht für die oberirdische Ablagerung je nach Gefährlichkeit der abzulagernden Stoffe fünf Deponieklassen vor. Die Deponieklassen I und II sind für „nicht gefährliche Abfälle“ bestimmt. Dazu gehören Haus- und Gewerbemüll, Industrieabfälle sowie Einlagerungsstoffe ohne besonderen Überwachungsbedarf. Die Abfälle können einen geringen organischen Anteil enthalten.
Konkret soll die Deponie im Ith „schwach belastete mineralische Abfälle ohne organische Bestandteile“ aufnehmen, wie das Unternehmen mitteilte – also etwa Bauschutt oder Reststoffe, die bei der Produktion von Rigips im nahen Werk Bodenwerder anfallen. Auswaschbare Schadstoffe würden nicht eingelagert.
Ein erster Versuch, den Steinbruch zur Deponie zu machen, war vor drei Jahren am Veto des Kreistags gescheitert. Die rot-grün-rote Mehrheit im Kommunalparlament hatte sich dagegen ausgesprochen, das Areal aus dem Landschaftsschutz zu entlassen. Im zweiten Anlauf haben die Hannoverschen Basaltwerke nun den Kreis umgangen und sich direkt an das Gewerbeaufsichtsamt gewandt. Die Behörde kann eine Ausnahmegenehmigung erteilen und diese mit einem „übergeordneten Interesse“ begründen.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Ulrich Watermann, der auch Landtagsabgeordneter ist, sagt, dass sich die Position seiner Partei nicht geändert habe. Sie fordere das Gewerbeaufsichtsamt auf, das Votum des Kreistags zu akzeptieren und keine Ausnahmegenehmigung zu erteilen. Auch die Grünen-Kreisvorsitzende Britta Kellermann und die Linke bekräftigen ihr Nein zu den Deponieplänen. Kellermann hat im Internet eine Petition an den Landtag initiiert, die bis zum Mittwochnachmittag schon knapp 6.200 Unterstützer zählte.
Die Unterzeichner fordern das Land auf, „im Falle des Steinbruchs Bisperode/Ith keine Ausnahmegenehmigung für den Betrieb einer Deponie der Klasse 1 zu erteilen“. Stattdessen solle das Gelände in das umgebende europäische Schutzgebiet „Flora-Fauna-Habitat Ith“ aufgenommen werden. Obwohl der Steinbruch als „schlimme Wunde in der Landschaft wahrgenommen“ werde, könne sich das Abbaugebiet zu einer ökologisch wertvollen Nische für viele Tier- und Pflanzenarten entwickeln. So habe dort bereits „eine nicht unerhebliche Population“ der Geburtshelferkröte ausgemacht werden können – ebenso wie die Gelbbauchunke, eine besonders geschützte Art.
Als weiteres Argument führt die Petition den Wasserschutz an. Weil das durch die Deponie belastete Oberflächenwasser nicht mehr versickern dürfe, sondern extern entsorgt werden müsse, sinke der Grundwasserspiegel und der Wasserstand der umgebenden Quellbäche: „Davon wäre das gesamte Ökosystem Ith betroffen.“
Stefan Entrup, Geschäftsführer der Hannoverschen Basaltwerke, hält die Bedenken der Kritiker für unbegründet. Auswirkungen beispielsweise auf das Grundwasser oder auch die Trinkwasserquellen von Lauenstein und Bisperode seien nicht zu erwarten, das sei gutachterlich belegt. Für eine Renaturierung des Steinbruchs, wie sie in der Petition gefordert wird, sei das Gelände wenig geeignet.
Die Deponie soll nach ihrer bis zu 30 Jahre langen Nutzung abgedichtet und mit einer Bodenschicht bedeckt werden. Vom Tagebau werde eines Tages nichts mehr zu sehen sein, versprach Entrup jüngst in der Deister- und Weserzeitung. Auch kleine Wasserflächen sollen angelegt werden.
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