„Ich wurde ausspioniert“

Die Grüne Margarete Bause kritisiert die Menschenrechtslage in China. Dessen Regierung will dem Digitalausschuss des Bundestags nun die Einreise verweigern – weil Bause auf der Delegationsliste steht

Foto: Felix Hörhager

Margarete Bause, 60, ist Bundestagsabgeordnete der Grünen und Sprecherin ihrer Fraktion im Menschenrechtsausschuss des Bundestags.

Interview David Rutschmann

taz: Frau Bause, die chinesische Regierung will den Digitalausschuss des Deutschen Bundestags nicht einreisen lassen, solange Sie dabei sind. Wieso nicht?

Margarete Bause: Bisher gibt es keine offizielle Darstellung, nur mehrere Anrufe beim Ausschusssekretariat. Zunächst wurde beanstandet, dass ich kein reguläres Mitglied des Digitalausschusses sei. Es ist allerdings bei allen Fraktionen üblich, dass diese selbst bestimmen können, wer an einer Delegationsreise teilnimmt. Ich wurde von meiner Fraktion für den Zeitraum der Reise als Vollmitglied des Ausschusses benannt. Das wurde gegenüber der chinesischen Seite auch klargestellt. Es kam keine weitere Begründung, nur die klare Ansage: Ich werde von der Delegationsliste entfernt, andernfalls darf der Ausschuss nicht einreisen.

Wieso will man Sie nicht einreisen lassen?

Vermutlich stört Peking mein eindeutiges Engagement für Menschenrechte und Uiguren, einer unterdrückten muslimischen Volksgruppe in China. Im November haben wir Grüne im Bundestag eine Debatte über die massiven Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren in der Provinz Xinjiang initiiert. VertreterInnen der chinesischen Botschaft riefen bei mir an, um den Antrag zu verhindern. Nach der Debatte wurde dem Bundestag vorgeworfen, sich in die inneren Angelegenheiten Chinas einzumischen.

Ist die Reise nun abgesagt?

Nein. Ich habe an den Ausschussvorsitzenden geschrieben, dass es keine Veranlassung für mich und meine Fraktion gibt zurückzuziehen. Wir planen nun weiter wie gehabt, zu reisen.

Aber China wird Sie nicht ins Land lassen.

Das werden wir sehen. Die grundsätzliche Frage ist aber, ob der Bundestag sich solche Erpressungsversuche gefallen lässt. Wir können nicht die Menschenrechte hochhalten, aber dann hinnehmen, dass deutsche Abgeordnete nicht ins Ausland reisen dürfen.

Der chinesischen Regierung sind Sie schon länger ein Dorn im Auge.

Meine erste Erfahrung mit der Regierung hatte ich, als ich noch im Bayerischen Landtag war. Der chinesische Generalkonsul kam in mein Büro in München, weil ich zum Weltkongress der Uiguren eingeladen worden war. Er forderte mich auf, dieser Veranstaltung fernzubleiben. Ich habe ihn gefragt, woher er von der Einladung wisse, und er antwortete: „Wir haben unsere eigenen Informationskanäle.“ Da war ich schon ziemlich baff – ich wurde also ausspioniert und unter Druck gesetzt.

Wie haben Sie reagiert?

Ich habe Anzeige wegen des Verdachts auf geheimdienstliche Tätigkeit erstattet. Allerdings bewirkte der chinesische Generalkonsul das genaue Gegenteil dessen, was er erreichen wollte: Ich begann, mich mit dem Schicksal der UigurInnen in China auseinanderzusetzen. Seitdem setze ich mich für deren Rechte ein.

Sie selbst waren erst ein Mal in China.

Ich hatte 2014 die Möglichkeit, den Künstler Ai Weiwei zu treffen, der seinerzeit unter Hausarrest stand. Ich habe ihn gefragt, ob es überhaupt etwas bringt, wenn VertreterInnen westlicher Demokratien gegenüber der Kommunistischen Partei die Menschenrechtslage anprangern. Seine Antwort: Das sei die einzige Hoffnung, die MenschenrechtlerInnen in China haben – im Ausland wahrgenommen zu werden. Das hat mich bestärkt.