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Neues Album der Kölner Band Von SparDie Dumbo-Trilogie

Experimente, auch noch nach einem knappen Jahrzehnt: Von Spars gelungene Wiederbelebung des Songformats auf ihrem neuen Album „Under Pressure“

Bloß nicht an guten Songs sparen! Die Kölner Band Von Spar Foto: Jan Lankisch

Es gibt Aufnahmeorte und Studios, die in der Popgeschichte eine bedeutende Rolle spielten, wie das Aufnahmestudio Abbey Road in London, wo viele Werke der Beatles aufgenommen wurden. Für die deutschen Indie-Rocker ist es das Studio Electric Avenue in Hamburg, betrieben von Toningenieur Tobias Levin.

Spätestens jetzt muss auch das Dumbo-Studio im Kölner Süden in diese Aufzählung aufgenommen werden, denn es ist Schauplatz einer ganz besonderen Trilogie. Hier, in Zollstock, da wo Köln viel kölscher ist als in den meisten anderen Gegenden, direkt neben der Zeltinger Straße, die immerhin den Namen mit einer der größten Ikonen der Domstadt teilt, entsteht zugleich die unkölscheste Musik, die man sich vorstellen kann.

„Für uns ist der Ort eminent wichtig“, erzählt Christopher Marquez, Bassist der Band Von Spar. „Man geht zwangsläufig für das Festhalten von Musik in ein Studio und bucht das tage- oder wochenweise. Mit dem eigenen Studio haben wir die Chance, entspannt, ohne Druck, Musik zu machen, Experimente einzugehen.“

Bei diesen Experimenten ist ein neues Album entstanden. Der Name: „Under Pressure“. Also gibt es doch Druck? Nicht auf der musikalischen Ebene. Vielleicht ist es auf dieser sogar das bisher entspannteste Album der vier Von Sparler.

Das Album

Von Spar: „Under Pressure“ (Bureau B/Indigo)

Elektro-Punk-Anfänge

Nachdem man Anfang der 2000er als Elektro-Punker startete, war schon der Zweitling eine krasse Abkehr – von den Erwartungen, vom Songformat und von der parolenhaften Punkigkeit. Es wartete auf mit Drone, Metal-Gitarren und irgendwann auch mal Groove. Es war ein Übergang, der drei Jahre später zu „Foreigner“ wurde, einer kosmischen Platte mit vielen Space-Disco-Bezügen.

Die erste der – hier jetzt mal so genannten – „Dumbo-Trilogie“. Mit gewisser Ernsthaftigkeit suchte man nach einem neuen Trademark-Sound und fand ihn in den Arpeggiatoren von Sebastian Blume, den rückwärts laufenden Gitarren von Philipp Tielsch, dem sluggy Groove von Marquez und dem unheimlich tighten Schlagzeugspiel von Jan Philipp Janzen. Von Spar stand plötzlich für eine Nachfolgeschaft der rheinischen Kraut-Vergangenheit: Neu! und Can standen auf einmal Pate.

Das konnte und wollte man vermutlich gar nicht einlösen; auch wenn man zusammen mit Pavements Stephen Malkmus eine „Ege Bamyasi“-Interpretationsplatte veröffentlichte. Doch der eigene Weg ist stets der beste, weswegen man sich schon mit dem Nachfolger auf die Straße begab. „Street Life“, 2015, war die konsequente Weiterentwicklung der vorherigen Platte und gleichzeitig der sound­ästhetisch krasseste Bruch.

Obwohl man mit den gleichen Mitteln agierte, fühlte sich die Platte gänzlich anders an. Es ging um vortreffliche Musik knapp abseits des Clubs. Hatte man auf dem Vorgänger noch ausgelotet, wo das Songformat seine Grenzen kennt, schaute man nun, was einen Track als Track ausmacht. Sind es die Geschwindigkeit, die Stimmung, die verwendeten Samples?

Experimente und Findungsphase – auch nach einem knappen Jahrzehnt. Das ist dennoch nicht mit Haltlosigkeit zu verwechseln. Auf „Under Pressure“ macht man sogleich einige Schritte nach vorne: die Platte klingt unfassbar gut, die Produktion glasklar. Das große Thema diesmal: Wie kann man das Songformat wiederbeleben?

Stereolab an Bord

Neben dem Hausbarden Chris Cummings alias Marker Starling, der schon auf „Street Life“ prominent war, holte man sich dafür einige der besten SongwriterInnen der letzten Jahrzehnte an Bord. Da ist einerseits die Underground-Legende R. Stevie Moore, der über 400 Songs veröffentlicht hat, andererseits sind es Laetitia Sadier von Stereolab, die japanische Musikerin Eiko Ishibashi und die Post-Punkerin und Dub-Professorin Vivien Goldman.

Gebündelte Songkompetenz. „Doch einen Masterplan, ein großes Konzept haben wir nicht verfolgt. Vor einem halben Jahr hätten wir nicht sagen können, wo die Reise endet“, stellt Sebastian Blume klar. Dennoch fällt auf, dass man den eigenen Ansatz genau im richtigen Moment genügend geformt hat, denn es lässt sich allerorten eine Rückwendung zum Song-Format erkennen.

„Under Pressure“ ist aus einem Guss gefertigt, auch wenn es hier kein „continuous play“ gibt, keine Übergänge, sondern stets alle Lieder (bis auf die beiden Auftakte „A Dream“ und „Dream“) voneinander explizit zu unterscheiden sind. Derweil ist selbstverständlich nicht jeder Song etwas Gutes oder etwas Besseres beziehungsweise nicht jeder Dur-Akkord gleich Freude.

Scheinen die neun Lieder erst mal recht freundlich, stellt sich dies auch schnell als Trugschluss dar. „Positive Messages sucht man vergeblich“, so Blume. Es dreht sich viel um das Träumen, Aufwachen, um Neuanfänge und Rückblicke, alles stets wehmütig. „Better Late“ mit seinem barocken Antlitz und den Prog-Sounds wird durch Cummings Gesang plötzlich zur absurden R’n’B-Nummer.

Ist „Under Pressure“ nun ein krönender Abschluss der Dumbo-Trilogie? Das darf man gerne so behaupten. Ob es denn eine Trilogie bleibt oder sich doch noch eine Platte reinschleichen wird, bleibt erst mal offen, denn die Zukunft des Studiokomplexes, in dem sich das Studio befindet, ist ungeklärt.

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