Vorschlag zum Berliner Mietendeckel: Langsam Dampf unterm Deckel
Es wird konkreter: Der Berliner Mieterverein legt Vorschläge für den Mietendeckel vor. Der Senat ist aufgeschlossen.
Kernpunkt des Vorschlags sind an den Mietspiegel angelehnte Höchstmieten. Sie sind aufgeteilt in insgesamt sechs Stufen nach Wohnungsgröße – unter oder über 60 Quadratmetern – und Baujahr des Hauses. Die so definierten Höchstpreise dürfen nicht überschritten werden. Die 25 Prozent der Mieten, die aktuell unter diesen Höchstmieten liegen, sollen – anders, als es der Senat bislang plant – weiter angehoben werden dürfen, allerdings um maximal 1,5 Prozent pro Jahr.
Während der Senat die Mieten auf derzeitigem Stand für fünf Jahre einfrieren möchte, plädieren die Mietervertreter für eine langfristige Regelung. Diese beinhaltet die Möglichkeit einer jährlichen Anpassung der Höchstmieten. „Ein genereller Mietenstopp kann nur sehr befristet sein“, so Reiner Wild, Geschäftsführer des Mietervereins. Das vorgestellte Modell könne auch länger gelten.
Als Basis seiner Miethöchstwerte hat der Mieterverein den Mietspiegel von 2011 herangezogen – damals habe es noch einen „relativ ausgeglichenen Wohnungsmarkt“ mit einer dafür notwendigen Leerstandsquote von 3 Prozent gegeben. Auf die damaligen Werte wurden die jährlichen Lebenshaltungskosten draufgeschlagen. Im vergangenen Jahr etwa betrug die durchschnittliche Steigerung des Preisniveaus 1,9 Prozent.
Weit unter Mietspiegel
Im Ergebnis stehen deutlich niedrigere Höchstmieten, als sie der im April dieses Jahres veröffentliche Mietspiegel vorsieht. Für eine unter 60 Quadratmeter große Altbauwohnung beträgt die vom Mieterverein definierte Höchstmiete von 5,99 Euro kalt pro Quadratmeter, im aktuellen Mietspiegel werden dagegen 7,80 ausgewiesen.
Bei Häusern, die zwischen 1950 und 1990 errichtet wurden, fällt dieser Unterschied deutlich geringer aus, bei Bauten bis 2018 wieder etwas höher. Spätestens ab 2021 könnte eine Anhebung des Deckels, wie ihn sich der Mieterverein vorstellt, um die Höhe der Lebenshaltungskosten erfolgen. Daraus würden sich dann für Mieten, die unter den Höchstwert rutschen, Erhöhungspotenziale ergeben. Mietsenkungen gegenüber ist der Mieterverein aufgeschlossen – an einem entsprechenden Konzept werde derzeit noch gearbeitet, so Wild.
Einen eigenen Vorschlag legt der Mieterverein auch für Modernisierungen vor: Definiert wurden die maximalen Erhöhungsspielräume einzelner Maßnahmen, etwa 0,47 Euro pro Quadratmeter für einen Heizungsaustausch oder 0,57 Euro für Wärmedämmung. Die Werte dürfen auf die Maximalmieten aufgeschlagen werden, auch nachträglich, wovon vor allem Genossenschaften profitieren könnten, die ihre Sanierungskosten nicht sofort auf ihre MieterInnen umlegen.
Maren Kern vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen zeigt sich aufgeschlossen ob der Vorschläge: „ Auf den ersten Blick scheinen sie aber erfrischend differenziert und diskussionsfähig.“ Sie ergänzt: „Dabei sollte es zu denken geben, wenn auch der Mieterverein einen Mietendeckel auf Grundlage der vom Senat beschlossenen Eckpunkte ablehnt.“
Aus der Koalition kommen vorsichtig positive Reaktionen: „Der Mieterverein macht interessante Vorschläge, die grundsätzlich zu begrüßen sind und die wir gerne aufnehmen“, so Katrin Schmidberger, mietenpolitische Sprecherin der Grünen.
Auch die Linken-Abgeordnete Gaby Gottwald spricht von einem „sehr hilfreichen“ Vorschlag, der dazu geeignet ist, „sich vorzustellen, was ein Mietendeckel sein kann“. Festhalten will Gottwald dagegen am generellen Einfrieren der Mieten, dem Mietenstopp. Ohne diesen entstünden vor allem für günstige Wohnungen Möglichkeiten für Mietsteigerungen. „Ich will diesen MieterInnen nicht das Zeichen geben, dass sie da rausfallen“, so Gottwald.
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