Neil Young in Berlin: Der alte Young
Die Fans sind in die Jahre gekommen, wie der Godfather of Grunge selbst. Abgesehen davon ist der bei seinem Konzert in Berlin aber ganz der alte.
Hey hey, my my: Die Fahrradrikschas machen ein gutes Geschäft, als Neil Young in Berlin auftritt. Die Fans sind in die Jahre gekommen, wie der Godfather of Grunge selbst. 10 Euro kostet die Fahrt vom U-Bahnhof Olympiastadion zur Waldbühne. Laufen dauert 20 Minuten. Und so sieht man am Mittwochabend vor Konzertbeginn den einen oder anderen Silberschädel den Rücksitz einer Rikscha drücken.
In der Waldbühne zeigt sich dann: Verglichen mit dem Young-Konzert 2016 ist auf den oberen Rängen diesmal viel Luft. Ausgehend davon, dass sich wahre Young-Fans keinen Auftritt entgehen lassen, gibt es dafür nur eine Erklärung: Hinfälligkeit oder Tod. Umso größer die Freude bei der Feststellung, dass sich der Meister selbst offenkundig immer noch bester Gesundheit erfreut. Das Konzert, das er wie 2016 mit den Jungspunden von Promise of the Real bestreitet, ist zwar 45 Minuten kürzer. 2016 hatte die Band drei Stunden gespielt. Ansonsten ist dem Alten aber keine Müdigkeit anzumerken. Wie gewohnt mit schwarzem Hut und Holzfällerhemd tänzelt der 73-Jährige über die Bühne und reizt seine Gitarre aus.
Jedes Konzert von Neil Young ist anders. Tingeltangel wie Nebelwerfer und Videoshows sind verpönt. Eine Indianerfigur ist das einzige Dekor auf der Bühne, und dass das Licht auf dem Vorhang hinter der Band ab und an die Farbe wechselt. Es geht nur um die Musik.
Wenn es ein Manko gibt, dann dass der Sound im oberen Teil der Waldbühne nicht sauber rüberkommt und viel zu leise ist. Weiter unten, wo die Karte 120 statt 86 Euro kostete, ist es besser, aber da lassen einen die Ordner nicht hin. Auch wenn man in dem Gang dahinter steht, wird man von den ausgesprochen unfreundlich auftretenden Security-Leuten verscheucht.
Nur vier Auftritte absolviert Neil Young diesmal in Deutschland. Als er die Mundharmonika spielt und das Publikum jeden Refrain mitsingt, zieht mit dem Geruch von Marihuana auch ein Hauch von Wehmut durch die Waldbühne. „Rockin’ in the Free World“, schier endlos dauert das Finale. Zum Schluss reißt Young Saiten seiner Gitarre ab und humpelt mit dem Instrument wie auf einen Stock gestützt über die Bühne. Reine Verarsche. Bei den Zugaben ist er wieder ganz der Alte. Rock ‚n‘ Roll will never die.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!