: Oskar kommt in die Tonne
Das Einkaufszentrum „Oskar“ am Osnabrücker Neumarkt wird nicht gebaut. Nun ist die Zukunft des zentralen Platzes unklar, dabei gibt es seit 2017 ein Alternativkonzept
Von Marie-Luise Braun
„Oskar“ sollte das große Einkaufszentrum am Osnabrücker Neumarkt heißen, jetzt hat der Investor Unibail-Rodamco-Westfield (URW) verkündet, dass das Unternehmen es nicht bauen wird. Nun soll eine andere Lösung erarbeitet werden, dabei haben Fachleute aus Osnabrück bereits 2017 ehrenamtlich einen Alternativplan entwickelt.
Denn dass das Projekt scheitern könnte, haben in der Stadt viele erwartet. Leider hätten sich mit dieser Entscheidung „meine frühzeitigen Zweifel an der Realisierung des Centers“ bestätigt, sagt Osnabrücks Oberbürgermeister Wolfgang Griesert (CDU) laut einer Pressemitteilung. Als der Rat der Stadt den Durchführungsvertrag im Juli 2014 beschlossen hat, habe er dagegen gestimmt.
Auch Reinhart Richter erzählt, dass ihn die Entscheidung des Investors nicht überrascht habe. Er sich vielmehr gewundert hätte, dass sie erst jetzt komme, sagt der selbstständige Berater für Kommunen. Richter ist aktiv geworden, als sich seine Zweifel erhärteten.
Mit Mitstreitern gründete er die Konzeptgruppe PlanB und entwickelte einen Alternativplan für das Grundstück, der verschiedene Nutzungsformen vorsieht – Wohnungen, Bildungseinrichtungen, Büros, aber auch Geschäfte. Richter betont, dass sich sein Plan rechnen würde. Mit ihm haben Experten aus Architektur, Mobilität, Einzelhandel, Hochschule, Start-up und anderen Bereichen an dem Plan gearbeitet. 2017 haben sie ihn dem Rat der Stadt präsentiert. Daraufhin ist nichts passiert.
Dabei ist das Gelände ein Sahnestück: Mitten in der Stadt, drum herum Geschäfte und ein Park. Die Universität und die Hochschule suchen nach neuen Flächen. Und: Wie überall ist auch in Osnabrück Wohnraum knapp.
Seit 16 Jahren wird kontrovers darüber diskutiert, was auf dem Gelände an Osnabrücks zentralem Platz entstehen soll. Geplant hat URW ein modernes Gebäude mit 25.000 Quadratmetern Verkaufsfläche auf drei Ebenen. Bereits 2015 sollte der Bau von „Oskar“ starten. Doch immer wieder kam es zu Verzögerungen, Hinhaltungen von Seiten des Investors, der Eigentümer eines benachbarten Grundstücks klagte.
Jetzt hat URW die Reißleine gezogen. Auch wegen der Kosten, die um 50 Prozent gestiegen sein sollen. Ein Grund für die Entscheidung könnten aber auch Entwicklungen sein, die sich in der Stadt bereits seit Langem zeigen. Durch Online-Shopping kämpfen viele Geschäfte ums Überleben, einige Ladenlokale in Osnabrück stehen leer. Das vor 15 Jahren eröffnete Einkaufsviertel „Kamp-Promenade“ kann erst aktuell vermelden, alle Geschäfte vermietet zu haben.
„Ich hätte erwartet, dass der Oberbürgermeister, die Verwaltung und die Politik in einer Situation voller Unwägbarkeiten an Alternativen gedacht hätten“, sagt Reinhart Richter. Aber das Gegenteil sei der Fall gewesen: „Wir hatten den Eindruck, dass das Alternativkonzept als störend empfunden wurde, nicht als Impuls.“
Dr. Claas Beckord, der verantwortliche Planungsleiter bei der Stadt Osnabrück, sagt dazu: „Da der Investor sich bis zuletzt an alle vertraglichen Verpflichtungen gehalten hat, bestand weder Anlass noch Rechtsgrundlage für eine Alternativplanung.“ Beckord hebt hervor, dass bei fortschreitender Projektplanung konkretere Ideen geäußert werden würden. „Gleichzeitig sind bis zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits die meisten Entscheidungen schon gefällt worden .“
Hinzu käme, dass es bei den Osnabrückerinnen und Osnabrückern keine einheitliche Meinung in dieser Frage gebe. Selbstverständlich würde nun gemeinsam mit dem Investoren nach Alternativlösungen gesucht, auch ein Kauf der Grundstücke durch die Stadt könne angedacht werden. Auch URW setzt weiterhin auf Gespräche mit der Stadt über die Zukunft des Grundstücks.
Womöglich kommt dabei nun doch noch das von der Gruppe PlanB ausgearbeitete Konzept zum Zuge. So werde die Stadtverwaltung „im Falle der Schaffung neuer Planungsgrundlagen versuchen, die vorgetragenen Interessen angemessen zu berücksichtigen und sich für eine Beteiligung der Öffentlichkeit einsetzen“, betont Planungsleiter Beckord.
Am gestrigen Dienstag wurde der Rat über die aktuelle Situation informiert. Die Realisierung eines neuen Konzepts kann aber noch ein paar Jahre dauern. Denn dafür muss auch der Bebauungsplan geändert werden. Und jetzt ist ja erst einmal Sommerpause.
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