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Nach ExtremismusvorwürfenDoppelt grün in Mitte

Die Grünen-Fraktion im Bezirk Mitte ist nach Vorwürfen gegen zwei Abgeordnete gespalten. Für eine rot-grüne Koalition reicht es damit nicht mehr.

Die Abgeordneten der Fraktion Grüne 2 der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte Foto: dpa

Hamburg taz | Den Grünen geht es so gut derzeit, dass sie sich verdoppeln. Zumindest im Hamburger Bezirk Mitte. Zur konstituierenden Sitzung der Bezirksversammlung nach der Hamburger Bezirkswahl am 26. Mai erschienen am Donnerstagabend gleich zwei grüne Fraktionen – und das hat Gründe und Konsequenzen.

Die beiden neugewählten Abgeordneten Fatih-Can Karismaz und Shafi Sediqi werden von der Parteiführung islamistischer Umtriebe verdächtigt. Sediqi soll vor Jahren zu Spenden für die islamische Hilfsorganisation Ansaar International mit Hauptsitz in Düsseldorf aufgerufen haben.

Sie soll Teil eines islamistisch-salafistischen Netzwerks sein und die in Deutschland als islamistische Terrorgruppe geltende palästinensische Hamas unterstützen. Am 10. April wurden in sechs Bundesländern 90 Büros von Ansaar von der Polizei durchsucht. Karismaz wiederum soll der islamischen Bewegung Milli Görüş nahestehen.

Am Freitag zuvor hatten sich zehn grüne Abgeordnete als Fraktion zusammengeschlossen. Die beiden Beschuldigten wollten sie aber nicht dabei haben. Prompt solidarisierten sich vier weitere Grüne mit ihnen und gründeten jetzt offiziell die Fraktion „Grüne 2“. Die bisherigen Weggefährten hatten sich am Donnerstag nicht viel zu sagen, im Sitzungsaal liegen ihre Plätze weitmöglichst auseinander.

Mit der ersten Konsequenz, dass die Grünen nun nicht die stärkste Fraktion in der Bezirksversammlung sind, sondern die SPD dies bleibt. Auch für eine Fortsetzung der rot-grünen Koalition reicht es nicht mehr. Welches Dreierbündnis – mit CDU, FDP, Linken oder gar Grünen 2 – möglich sein kann, ist derzeit offen.

Ein Parteiordnungsverfahren könnte folgen

Zweite Konsequenz könnte ein Parteiausschluss von Karismaz und Sediqi sein. Der Vorstand um die Landesvorsitzende Anna Gallina hat sie zunächst zu einem Gespräch zitiert, schließt ein förmliches Parteiordnungsverfahren aber ausdrücklich nicht aus. „Wir Grüne zeigen klare Kante gegen jede Form von Extremismus. Sonst machen wir uns unglaubwürdig“, sagt Gallina.

Unklar ist, seit wann die grüne Chefetage von den Vorwürfen weiß. Bereits seit Anfang Februar wird darüber gemunkelt, der neue grüne Fraktionsvorsitzende Manuel Muja und die Kreis­chefin Sonja Lattwesen wollen aber erst am 6. Juni vom Landesvorstand informiert worden sein. Und unklar ist ebenfalls, ob eine Partei mit zwei Fraktionen in einem Parlament vertreten sein kann. Das Rechts­amt des Bezirks habe dies bejaht, die FDP hingegen will das gerichtlich prüfen lassen.

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3 Kommentare

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  • 9G
    93649 (Profil gelöscht)

    Die Anschuldigen scheinen ja auch irgendwie rassistisch motiviert zu sein ;-)

  • Oh jeh- die zerlegen sich schon, bevor sie je etwas vollbracht haben.

  • Chapeau, GRÜNE auf den Spuren der AfD? In Baden-Württemberg gab es befristet zwei Fraktionen, da man sich wegen des Ausschlusses eines deutschen Holocaustleugners in die Haare bekommen hatte. Mittlerweile sind sie wieder traut vereint - mal abwarten, was da in HH-Mitte geschieht.