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Tödlicher Schuss auf Walter LübckeDas Problem heißt nicht RAF

140 Todesopfer rechter Gewalt gibt es seit 1993. Dennoch verweisen nach der Tötung von Lübcke viele auf die 70er. Der Bezug ist geschichtsvergessen.

Terror gab es in Deutschland auch nach der RAF – zum Beispiel in der Kölner Keupstraße Foto: dpa

An die Rote Armee Fraktion fühlen sich einige erinnert, seit die Ermittlungsbehörden einen rechtsradikalen Hintergrund beim Mord am Regierungspräsidenten von Kassel, Walter Lübcke, vermuten und ein Verdächtiger mit einschlägigen Verbindungen und entsprechend aktenkundiger Vergangenheit festgesetzt ist.

Die RAF bleibt offenbar auch gut 26 Jahre nach dem letzten ihr zugeschriebenen Anschlag der unangefochtene Referenzrahmen für die brutale Störung des bürgerlichen Friedens in Deutschland.

Aber warum? Im selben Zeitraum, seit dem Frühjahr 1993, zählt die Amadeu Antonio Stiftung mehr als 140 Todesopfer rechter Gewalt. Mit dem NSU wurde 2011 zumindest ein Teil eines rechtsradikalen Terrornetzwerkes enttarnt. Vergleichswerte abseits der RAF gibt es also zur Genüge.

Und dennoch führt die schnelle Assoziationskette immer wieder zurück auf die Baader-Meinhof-Gruppe und ihre Erben. So verständlich es sein mag, dass der Mord an einem Politiker die öffentliche Erinnerung in die bleierne Zeit wirft, so sichtbar wird hier die Leerstelle deutscher Selbstwahrnehmung.

Obdachlose, Blumenhändler und Imbissbetreiber nichtdeutscher Herkunft, Asylbewerber*innen, Punker, sexuelle Minderheiten und Linke – die Ziele der rechten Mordbrenner haben weniger Gewicht, sie werden in der Mehrheitsgesellschaft selbst als Fremdkörper wahrgenommen.

Die mörderische Realität des rechten Terrors hingegen ist den Verteidiger*innen der freiheitlichen, demokratischen Grundordnung oft kaum mehr als ein Achselzucken wert.

Ihr Tod und ihre Verletzungen gewinnen nie die treibende Symbolkraft, die eine rigorose Isolierung und die daraus folgende energische Verfolgung der Täter und ihres Umfeldes hätte begründen können. Dahinter stehen Bequemlichkeit, Gleichgültigkeit und immer wieder Rassismus.

„Gewalt, Terror, Mord – so kann es nicht weitergehen. … Jetzt muss gehandelt werden. Die CDU fordert die gesetzlichen Maßnahmen, die den Terrorismus wirkungsvoll bekämpfen. Offene Gewalt und Unterwanderung dürfen nicht länger geduldet, den Feinden der freiheitlichen, demokratischen Grundordnung muss der Kampf angesagt werden.“

Das plakatierte die Union 1977 nach dem Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback. Zum Werkzeugkasten der Verfolgung der RAF gehörten Rasterfahndung, der parteiübergreifende Große Krisenstab im Kanzleramt, Gedankenspiele über die Erschießung von Häftlingen, die massive Kriminalisierung tatsächlicher und vermeintlicher Sym­pathisant*innen, inklusive Jahrzehnte dauernder Repression.

Die mörderische Realität des rechten Terrors hingegen ist den Verteidiger*innen der freiheitlichen, demokratischen Grundordnung oft kaum mehr als ein Achselzucken wert. Die Meldungen über Rechtsradikale in Polizei, Bundeswehr und Justiz reißen nicht ab. Ihr parlamentarischer Arm konsolidiert sich in der ganzen Republik und kann sich Hoffnungen machen, noch in diesem Jahr an Landesregierungen beteiligt zu sein. Nichts, aber rein gar nichts erinnert hier an die RAF. Auch nicht der Mord an Walter Lübcke.

Alle müssen handeln

Dass selbst aufmerksame und sensible Beobachter*innen bei diesem Verbrechen einen möglichen Wendepunkt im Umgang mit dem rechten Terror sehen wollen, ist wohl Ausdruck einer ganz besonderen Déformation professionnelle, die alle befällt, die sich regelmäßig mit Nazis und ihren Netzwerken beschäftigen: dem Unglauben, der Fassungslosigkeit darüber, dass einfach nichts geschieht.

Jeder neue Mord sollte dieser Wendepunkt sein, keiner wird es. Das ändert auch nicht der geschichtsvergessene RAF-Bezug. Denn solange nicht jedes einzelne Todesopfer rechter Gewalt als Symbol für einen Angriff auf die Gesellschaft als Ganzes in deren Selbstvergewisserung einfließt, solange Rassismus und soziale Ausgrenzung Alltag sind, so lange bleiben die Terroristen, selbst wenn sie einen CDU-Politiker hinrichten, Einzeltäter.

Einfach nur über die Stränge schlagende „Jungs von hier“, deren Verbrechen uns nichts über den fruchtbaren Humus der mörderischen Menschenverachtung erzählen, der das ganze Land und seine Institutionen durchzieht und der alle zu eiligem Handeln auffordert.

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30 Kommentare

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  • Danke für diesen notwendigen Hinweis, der die notorische Unausgewogenheit der Wahrnehmung des "demokratischen" politischen Spektrums noch mal r i c h t i g klarstellt. Der Antikommunimus wird unser alltäglicher Angstmacher bleiben auch wenn die wichtigsten russischen Oligarchen alle keinen Wohnsitz mehr in Russland haben ... das Feindbild Russland muß auch gepflegt werden! P. Meyer

  • Der Kommentar bringt es auf den Punkt. Während die RAF nie Sympathiesanten bis hinein in die Sicherheitsorgane hatte, trifft dies auf den rechten Terror zu. Da wird Munition an Prepper weitergegeben, Beamte waren Mitglied beim Ku Klux Klan und die Verbindungen zum NSU-Umfeld wurden nie aufgeklärt. Wenn es eine Gemeinsamkeit gibt, dann die, dass unsere Sicherheitsorgane und Dienste involviert sein könnten - siehe der Fall Schmücker in Berlin.

  • "Jeder neue Mord sollte dieser Wendepunkt sein, keiner wird es."

    leider ist das nur all zu wahr

  • 0G
    05654 (Profil gelöscht)

    👍

    Anregender Artikel ...

    Sicherlich ist ein Vergleich des Falles mit Aktionen der Raf - schon wegen der unterschiedlichen Politischen ( Links / Rechts ) Motivation - bestenfalls schwierig und schlimmstenfalls unzutreffend .

    Wenn auch nichts desto trotz ein paar Gemeinsamkeiten zwischen den Rechts- & Links-Radikalen Gruppierungen besteht . Remember : Rechtsradikale Gruppierungen - wie die Wehrsportgruppe Hoffmann welche für das Oktoberfestattentat verantwortlich war - fungierte als sog. Stay-Behind-Organisation der Nato & BRD Nachrichtendienste ( u.a. BfV & LfV welches durch einzelne V-Leute auch Verbindungen zur NPD , NSU & Reichsbürgern hatte ) de.wikipedia.org/w...ehind-Organisation , de.wikipedia.org/w...ortgruppe_Hoffmann . RAF fungierte als Stay-Behind-Organisation für Sozialistische Dienste ( MfS , KGB ) www.bstu.de/assets...f_barrierefrei.pdf , www.stasi-mediathe...ung/stasi-und-raf/ . Insofern fallen die völlig Unterschiedlichen Gruppierungen quasi dennoch in ein und dieselbe Kathegorie .

    Es ist hier von Gruppierungen die Rede , da auch der Lübcke-Täter in Kontakt zu NSU , Combat18 & weiteren Rechtsextremen Organisationen & Chatgruppen stand .

    Ein durch den Bundestag zu beschließender Gesetzesentwurf welcher - wie früher bei der RAF - das bloße Sympatisieren mit , die Glorifizierung , oder Bagatellisierung von derartigen Verfassungsfeindlichen Rechtsextremen Organisationen , Gruppen & Einzelpersonen , unter Strafe stellt , wäre sinnvoll damit die um sich greifende Problematik Kompensiert wird und nicht weiter expandiert & eskaliert .

    Zudem im Rahmen der Prävention intensivierte Warnungen & Aufklärung , sowie Information durch Presse & Regierung über die Negativen Auswirkungen & Aspekte von Xenophobem - & Rechtsextremem Gedankengut erfolgen sollte , um dem Rechts-Terrorismus zukünftig den Nährboden zu nehmen .

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Wer Beispiele will kann die fast in der gesamten sogenannten Qualitätspresse finden:

    Tagesspiegel:



    www.tagesspiegel.d...-hin/24465578.html

    Süddeutsche:



    www.sueddeutsche.d...-polizei-1.4489214

    Welt:



    www.welt.de/geschi...-200-Menschen.html

    Spiegel Online / FDP:



    www.spiegel.de/pol...ahr-a-1272832.html

    Dresdner Neueste Nachrichten / RND - Redaktionsnetzwerk Deutschland aka Reichsnachrichtendienst



    www.dnn.de/Nachric...rinnert-an-die-RAF

    Siemens-Chef Joe Käser:



    www.fr.de/politik/...t-zr-12368892.html

    Münchner Merkur:



    www.kn-online.de/N...nem-neuen-Alptraum

    Tagesschau.de:



    www.tagesschau.de/...d/luebcke-131.html

    Elbe-Jeetzel-Zeitung:



    www.ejz.de/blick-i...11730414-122-.html

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Henryk Broder hat letztens ja schon eine Aktion eines Umweltaktivisten auf der Daimler-Hauptversammlung mit der RAF verglichen.

    Kinder würden zu "Öko-Jakobinern" "ausgebildet", schreibt er kurze Zeit später, nimmt damit deren zukünftigen Staatsterrorismus schon einmal vorweg - und Rolf B. ist sich nicht zu schade dafür, es für den taz-Kommentarbereich nochmal abzuschreiben.

    Wenn das eigene schamlose Nach-Mir-die-Sintflut-Gehabe und der Anspruch, mit einer auf's Maßlose überhöhten SUV-Front rücksichtslos die Überlebenschancen der Anderen auf nahezu Null zu reduzieren, zum gesellschaftlichen Thema werden, geht offensichtlich auch noch das letzte Stück Anstand verloren.

    Da schreibt Broder - völlig unreflektiert über den eigenen strukturellen Antisemitismus - eine wirre Verschwörungstheorie nach der anderen herbei. Wenn das Herbeifaseln einer linksextremen Guerilla nichts mehr hergibt, dann muss er wohl schon mit einer psychologischen Zwangsläufigkeit noch etwas tiefer in die verschwörungsideologische Kiste greifen und einen zukünftigen Staatsterrorismus von Radikalaufklärern heraufbeschwören.

    So geht Geschichts- und Realitätsverleugnung von rechts.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Im Gegensatz zu Ihnen beschäftige ich mich nicht mit Broder, lese nichts von ihm und brauche ihn auch nicht zwecks Verleumdung. Es ist schon ziemlich hohlköpfig, erst einen Popanz aufzubauen, um ihn dann heroisch zu bekämpfen.

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @Rolf B.:

        "Der Nationalkonvent beschloss am 5. September 1793 offen die Einführung von Terrormaßnahmen zur Unterdrückung aller „konterrevolutionären“ Aktivitäten, die insgesamt etwa 35.000 bis 40.000 Todesopfer forderten. Etwa 21.000 „Überwachungsausschüsse“ wurden gebildet.

        Robespierre rechtfertigte den Terror mit seinem Ziel, der Tugend. In einem „Tugendstaat“ seien „das Volk durch Vernunft zu leiten und die Feinde des Volkes durch terreur zu beherrschen“, erklärte er am 5. Februar 1794 vor dem Nationalkonvent:



        „Der Terror ist nichts anderes als unmittelbare, strenge, unbeugsame Gerechtigkeit; sie ist also Ausfluss der Tugend; sie ist weniger ein besonderes Prinzip als die Konsequenz des allgemeinen Prinzips der Demokratie in seiner Anwendung auf die dringendsten Bedürfnisse des Vaterlandes.“"

        de.wikipedia.org/wiki/Terrorherrschaft

        Auf diesen historischen Kontext haben Sie verwiesen, als sie ein Verbot von FCKW, Plastikstrohhalmen oder Inlandsflügen als "Jakobinertum" bezeichneten. www.taz.de/Debatte...bb_message_3805192

        Ich gehe davon aus, dass Sie ganz bewusst diesen Bezug hergestellt haben.



        Wenn Ihnen die Geschichte der französischen Revolution nicht bekannt ist und Sie die ersten drei Viertel des Wikipedia-Eintrags über das Jakobinertum einfach ignoriert haben, umso schlimmer.

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @Rolf B.:

        Na gut, dann brauchen Sie Broder halt nicht, um wie er Menschen als Staatsterroristen zu verleumden, die auf ganz normalem demokratischen Weg gesetzliche Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Gesellschaft schaffen wollen.



        Entschuldigung, dass ich Sie falsch eingeschätzt habe. Sie können auch ohne Anleitung so hohlköpfig sein und den Popanz aufbauen, Demokrat*innen, die ernsthaft die Gesellschaft verändern wollen, würden tausende anders Denkende aus ihren Wohnungen treiben und öffentlich hinrichten - nur um diesen zu Staatsterroristen stilisierten Unmenschen dann heroisch die Stirn zu bieten.



        Ich hatte Sie doch bisher für besser gehalten.

        • @85198 (Profil gelöscht):

          Völlig Banane ist doch die Tatsache, dass es in meinem Beitrag HIER zum Thema RAF/Rechter Terrorismus überhaupt nicht um Jakobiner ging. Das haben Sie angesprochen und sich auf einen Beitrag von mir zum Thema Verbote bezogen. Allerdings ist Ihnen -um es freundlich zu formulieren- entgangen, dass ich mich auf den Begriff des Jakobinismus in der politischen Debatte des 20. Jahrhundert in F bezog. Das muss man schon begreifen können.

          Ich zitiere das nochmal hier:

          "In der französischen politischen Kultur des 20. Jahrhunderts bezeichnet der Begriff des Jakobinismus ... eine nationalistische und etatistische Position, sowie moralisierende Tendenzen, Bürger durch Gesetze und Verbote zu einem „ethischen Verhalten“ im Sinne des jeweils aktuellen Mainstreams zu erziehen."



          de.wikipedia.org/wiki/Jakobiner

          Mein Tipp: Diskutieren Sie doch besser zum jeweiligen Thema mit den RICHTIGEN Argumenten.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Die bislang mir bekannten veröffentlichten Meinungen können in letzter Konsequenz nicht wirklich verwundern. 74 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges zeugen sie von einer konsequenten Linie - fernab REALER Bedrohungen: rechtsextreme bis faschistische Gesinnungen werden ignoriert, verleugnet und belohnt (siehe die frühen Jahre der Bonner Republik), links wird mit der Lupe gesucht. Beispiel: "Radikalenerlass". Die Republik drohte, durch "rote" Briefträger zersetzt zu werden.

    Dass Vollpfosten der RAF willfährige Erfüllungshelfer waren, ist besonders makaber. "Kämpfer" gegen das verhasste System, die mit ihren Worten und Taten genau dieses System stärkten. Respekt!

    Ich empfehle das Nachdenken über eine einzige Frage: WER profitiert davon, Ross und Reiter beim Tode Herrn Lübckes nicht beim Namen zu nennen?

    Gescheite Antworten können wegen der zeitlichen Fortgeschrittenheit des Monats leider nicht prämiert werden.

    ^^

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Lieber Rolf B.,

    Ich finde den Vergleich mit der RAF trotz der bekannten - und genannten - Aspekte ganz und gar nicht absurd.

    Trotz dieser nicht wegzuredenden und -schreibenden Unterschiede bleiben deutliche Analogien, die einen Vergleich zulassen.

    Ihrem Fazit in Sachen Die Grünen schließe ich mich - wenig erfreut - an. Ich sehe oft Bilder vor mir von den Herren Bouffier und Al Wazir - und frage meine vier Wände: "wieso hat dieser S***** keine Eier, mal unter vier Augen mit Herrn B. Klartext zu reden?" Außer Machterhalt fällt mir nichts ein.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Lieber Wolfgang Leiberg,



      ich habe meine Meinung begründet. Sie leider nicht. Deswegen verstehe ich sie auch nicht wirklich.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Rolf B.:

        ???

        Sorry. Jetzt bin ich es, der Ihre Erwiderung nicht versteht. Wo fehlt Ihnen denn eine klarere Begründung?

        Bei meiner Zustimmug in Sachen Die Grünen - oder unserem Dissens beim RAF-Vergleich?

        • @76530 (Profil gelöscht):

          Natürlich beim RAF Vergleich.

          • 7G
            76530 (Profil gelöscht)
            @Rolf B.:

            Nun denn.

            Ich finde den Vergleich - trotz durchaus bestehender Unterschiede zwischen RAF und Rechtsterrorismus - nach wie vor nicht absurd.

            Und ich sehe keinen Unterschied zwischen den Taten der RAF und denen von NSU und jetzt bei der Hinrichtung von Herrn Lübcke. Die Taten waren allesamt abscheulich.

            Der sogenannte Überbau ist für mich eine Petitesse, die hinter den Taten verschwindet.

            Mord bliebt Mord. Bleibt Mord. Da gibt es für mich nichts zu diskutieren.

  • Zitat: "Dennoch verweisen nach der Tötung von Lübcke viele auf die 70er. Der Bezug ist geschichtsvergessen."

    Da würden mich jetzt wirklich mal ein paar Beispiele interessieren. Ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand so ignorant ist, das gegeneinander aufzurechnen.

  • Der Vergleich mit der RAF ist schon deshalb absurd, weil die RAF mit allen Mitteln rechtsstaatlicher Gewalt und auch darüber hinaus gejagt wurde.



    Vergleichen könnte man nur, wenn die RAF sowohl beim Verfassungsschutz als bei den Polizeiorganisationen und auch in der Politik aktive Unterstützer gehabt hätte. Selbst die Rechtsanwälte der RAF erhielten "Sonderbehandlungen". Und auch der Knast war etwas Besonderes.



    Dass heute der Verfassungsschutz wichtiges Beweismaterial bei Rechtsterroristen schreddert, wird wie ein Kavaliersdelikt betrachtet.



    Man sollte endlich die AfD nicht als Ablenkung benutzen, sondern die antidemokratischen und teils faschistischen Netzwerke in staatlichen alimentierten Organisationen wie VS, Polizei und BW zerschlagen. Dazu ist es notwendig, dass die zuständigen Ministerien von Politikerinnen oder Politiker geleitet werden, die Rechtsterrorismus unnachgiebig verfolgen.



    In Hessen hat die Beteiligung der Grünen nicht zu einem anderen Verhältnis der Politik zum Rechtsterrorismus geführt. Nach meiner Wahrnehmung sind sie einfach weggetaucht nach dem Mord an Lübcke.

    • @Rolf B.:

      Sie können davon ausgehen, dass es in den 70ern RAF-Sympathisanten in den Behörden gab. Allein die Umstände, unter denen sich die Stammheimer Häftlinge umbringen konnten, lassen keinen anderen Schluss zu, genau wie es hete vielleicth Polizisten gibt, die rechten Straftätern Verstädnnis entgegen bringen oder ihnen vielleicht sogar die Daumen drücken.

      Aber auch das Umgekehrte dürfte es geben, denn auch diese Typen haben im ganzen politischen Spektrum auch unerbittliche Feinde - sogar Rechte. (Herr Leiberg stellt weiter oben zu Recht die Frage des cui bono, bzw. ob solche Gewalttaten nicht effektiv eher die eigene Sache konterkarieren). Die Mär von den grundsätzlich und immer rechtslastigen Strafverfolgern wird nicht wahrer dadurch, dass man sie mantraartig wiederholt.

      Davon abgesehen geht es hier um die TATEN, die mit denen der RAF verglichen werden. Wer da sofort lsoheult, dass die RAF aber für ihre viel stringenter verfolgt worden wäre, verkennt die Kausalitäten. Es kommt immer erst das Verbrechen und DANN die Verfolgung.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Normalo:

        Danke für Ihren gefälligen Beistand, Sie Schlingel! ;-)

        Bei Ihrer eingehenden Behauptung von RAF-Sympathisanten (wir sollten mal klären, worin sich das Sympathisantentum gezeigt haben könnte) sehe ich keine Evidenz. Plausibilität: ja. Aber nicht mehr.

        Aus den zahlreichen RAF-Dokus ist mir auch nichts davon bekannt (Erinnerungsverluste mal außen vor), dass es Hinweise in diese Richtung gegeben hätte. Wenn Sie mehr wissen ...

        • @76530 (Profil gelöscht):

          Da die RAF-Leute halt in erster Linie mehrfache Mörder waren und Mord nicht verjährt, tut auch der heutige Dokufilmer gut daran, keine Hinweise auf etwaige Helfer zu veröffentlichen, wenn er für deren Beteiligung nicht absolut hieb- und stichfeste Beweise hat. Sionst würde ihnen die Strafbarkeit drohen. Es ist ein wenig wie mit den Altnazis, die nach dem Krieg zuhauf straflos ausgingen: Es mangelte weiß Gott nicht immer nur am Willen, sie zu verfolgen. Und DASS es diese Sympathisanten gab, weiß ich aus privaten Quellen. Die Details behalte ich aber aus den genannten Gründen lieber für mich.

          Aber ich will gar nicht länger in Ihren Identitätsmythen herumstochern. Das bringt am Ende eh nichts. Mein Hauptpunkt war, dass man beim Vergleich von Terrorakten untereinander der Wahrheit keinen Gefallen tut, wenn man primär darauf schaut, wie sie verfolgt wurden.

      • @Normalo:

        Leider gibt es dafür keinerlei Beweise.



        Da stellt sich schon die Frage, warum ein solches Scheinargument kommt.



        Das es braune Netzwerke im bundesdeutschen Staat gab, ist jedoch eine Tatsache.



        Nicht umsonst steht gerade die CDU im Zentrum der Kritik. Die Frage ist nur, ob sie 78 Jahre nach der Niederlage des Faschismus sich grundsätzlich demokratischen orientiert oder wie einst das christliche Zentrum wieder zum Steigbügelhalter der Faschisten willig einreiht.



        Das wäre die wesentliche Analogie, wenn schon Geschichte bemüht wird.

        • @f.m. renke:

          Das eigentliche Scheinargument habe ich, denke ich, ausreichend deutlich gemacht: Die Intensität der Verfolgung ist ein völlig sekundäres Kriterium, um bestimmte Tatprofile - Opferauswahl, Methodik, Zielsetzung etc. - miteinander zu vergleichen. Wer das anführt, bei dem schwingt entweder ein gehöriges Stück Rechtfertigungsdrang mit (die RAF war ja GEGEN die bösen Rechten und die gegen sie), oder aber es wird nach Strohhalmen gegriffen, um den Vergleich zu entkräften.

          Ich habe mir lediglich die Mühe gemacht, auch an diesen Strohhalmen noch herumzukritteln. Dabei ist etwas, was nicht endgültig und öffentlich bewiesen, aber doch überwiegend wahrscheinlich ist, noch lange kein Scheinargument. Es gibt aus der Zeit auch noch ein paar Zeugen, die die Suppe kannten, ohne selbst Sympathisanten gewesen zu sein. Ich stamme zufällig von zwei von ihnen ab. Und dass es sehr "progressiv" eingestellte Polizisten gibt (und immer schon gab), weiß ich aus eigener beruflicher Erfahrung mit Staatsanwälten und Kripo. Der Beruf des Strafverfolgers mag tendenzielll rechte Einstellungen fördern ("Law and Order", einseitige Wahrnehmung nur der kriminellen Elemente bestimmter Communities...), aber das geht bei den Allermeisten einher mit einer weit tiefergehenden Beziehung zum Rechtsstaat und dem Gedanken der Gerechtigkeit. Nimmt man dann noch die natürlicher Streuung von Geisteshaltungen in JEDEM Teil der Gesellschaft dazu, sollte klar sein, wie daneben die Theorien über die immer auf seiten des braunen Sumpfes stehenden Verfolgungsbehörden sind.

          Nur zur Erinnerung: Die für die Rechten geradezu ikonische Kölner Silvesternacht ist genau deshalb zum nachhaltigen Aufreger geworden, weil Polizei und Presse zunächst die Ereignisse selbst und dann die vornehmliche Beteilgung von Ausländern daran herunterspielen wollten, um andere Ausländer vor dem Backlash zu schützen. Ist das das Vorgehen rechter Hetzer?

  • Es geht nicht nur um die militante bis terroristische braune Basis. Die Sicherheitsorgane gehören viel stärker in den öffentlichen Fokus. Wenn davon auszugehen ist, dass es rechtsextremistische Netzwerke in den Sicherheitsapparaten und bei der Bundeswehr gibt - ist es da wirklich so abwegig davon auszugehen, dass die auch bestrebt sein könnten, sich untereinander zu vernetzen? All die Schludrigkeiten, Vertuschungen, Vernichtung von möglichem Beweismaterial, Nichtweitergabe von Informationen - alles immer nur Zufall, Einzelversagen? Vielleicht ja; vielleicht wäre es auch mal an der Zeit, da etwas genauer hinzuschauen? Systematisch auf mögliche Verbindungen zu prüfen?

  • Die einen fokussieren sich auf islamistische Täter, die TAZ auf rechtsradikale, ein paar Leute sicher auch auf Linksextremisten..... Jeder sieht an anderer Stelle das größte Problem für die Gesellschaft.

    • 0G
      05654 (Profil gelöscht)
      @gyakusou:

      Zum Problem : Es gab in der BRD im Jahr 2019 bis letzten Monat nur eine Terroranschlags-Serie und ebensolche wurde ( nicht von militanten Islamisten oder Linken , sondern ) von Rechtsextremen-Terroristen verübt ... de.wikipedia.org/w...nd_Oberhausen_2019

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @gyakusou:

      Welche grandiose Leistung menschlicher Denkkunst!!!

      Jetzt weiß ich auch, warum Herr Seehofer in "alle Richtungen" ermitteln möchte. (Wobei seine besondere Spezialität seit langem die Sackgassen sind.)

      Für Sie hoffe ich sehr, dass Ihre Sicht der Dinge nicht zu verschlimmernden Vernebelungen Ihres Geistes - und damit: der Debatte - führt. :-)

    • 7G
      75064 (Profil gelöscht)
      @gyakusou:

      Mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass sowohl linksradikaler als auch islamistischer Terrorismus gesellschaftlich geächtet sind, der rechtsradikale aber nicht einmal als solcher benannt wird und der permanenten Verharmlosung unterliegt.

      • 9G
        98589 (Profil gelöscht)
        @75064 (Profil gelöscht):

        Stimmt!