Kolumne Nullen und Einsen: Männer und Technik
Viele Männer trauen sich Aufgaben mit Technik nicht zu. Natürlich ist Technik manchmal frustrierend. Aber lassen Sie sich nichts einreden!
I ch kann das nicht, ich bin zu dumm dafür, ich habe Angst, etwas kaputt zu machen. Das sind die häufigsten Gründe, die Männer in meinem Umfeld nennen, warum sie technische Aufgaben lieber Frauen für sich erledigen lassen. Das zieht sich durch alle Generationen. Vergangene Woche im Helsinki-Urlaub: Meine Freundin und ich haben gerade eine Fahrkarte gekauft, da sprechen uns drei Männer Ende 50 an. Sie sind gut angezogen, ihr Englisch ist stabil. Sie fragen meine Freundin, ob sie ihnen beim Fahrkartenkauf behilflich sein könne, obwohl der Automat auch ein Menü auf Englisch hat. Sie haben es nicht alleine versucht, sondern lieber gleich eine Frau gefragt.
Oder bei meinem Großonkel ist die Angst, „etwas kaputt zu machen“, so groß, dass er sich nicht traut, die Uhr im Küchenradio von Sommer- auf Winterzeit umzustellen. Er schwärmt von seinem „so selbstständigen“ Freund, der es schafft, mit seinem digitalen Videorecorder Fernsehserien aufzunehmen. Ich wundere mich auch über meine Freunde Anfang dreißig, die immer diese eine alte Bekannte aus Schultagen anfragen, die nun Informatikerin ist, ob sie nicht ihren Computer ansehen könne. Es ist ihnen nicht zu peinlich, sie zu sich nach Hause zu bitten, obwohl sie ansonsten mit ihr seit Jahren nichts mehr zu tun haben. Und dann kommt sie extra vorbei, um mit vier Klicks ein Programm zu installieren.
Doch es geht nicht nur um Digitales, viele Männer trauen sich Aufgaben mit Technik im Allgemeinen nicht zu. Mein Mitbewohner hat schon seine Ex-Geliebte einbestellt oder sogar seine Arbeitskollegin nach Hause mitgebracht, nur um ein einfaches Loch in die Wand bohren zu lassen.
Zwar bieten manche Baumärkte Heimwerkerkurse speziell für Männer an. Und in vielen Städten haben sich Hacker zusammengetan, um niedrigschwellig Männern das Programmieren beizubringen – zielgruppengerecht mit Grillabend und Bratwurst. Doch hat das Problem von den Männern und der Technik natürlich gesamtgesellschaftliche Ursachen. Richtig sauer werde ich nur, wenn die Männer auch noch stolz auf ihre Hilflosigkeit sind und sich damit schmücken, „halt nicht mit Computern umgehen zu können“, und auch betonen, „schon immer schlecht in Naturwissenschaften“ gewesen zu sein, oder am schlimmsten: biologistisch zu argumentieren und zu sagen, „Frauen können so was einfach besser“.
Hey, Männer. Klar ist Technik manchmal frustrierend. Vor allem, wenn man sich mit etwas Neuem beschäftigt, muss man oft nachschlagen oder die Anleitung mehrmals lesen. Manchmal muss man die unerreichbare Servicehotline erreichen oder Hilfe in einem Forum suchen. Vielleicht auch mal den Stecker ziehen und von vorne anfangen. Aber das müssen Frauen auch – auch wenn sie es öffentlich nicht gerne zugeben. Also lassen Sie sich nichts einreden. Ich meine, stellen Sie sich die Situation mit vertauschten Geschlechterrollen vor. Wie absurd wäre das bitte?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Fans angegriffen
Gewalt in Amsterdam
+++ Nach dem Ende der Ampel +++
Habeck hat Bock
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Die Regierungskrise der Ampel
Schnelle Neuwahlen sind besser für alle
Angriffe auf israelische Fans
Sie dachten, sie führen zum Fußball
Schönheitsideale in der Modewelt
Zurück zu Size Zero