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UN-Seegericht verurteilt Russland

Die 24 ukrainischen Matrosen, die seit einem halben Jahr in russischer Haft sitzen, müssen freigelassen werden, urteilt der Internationale Seegerichtshof in Hamburg. Russland akzeptiert das Urteil nicht

Aus Kiew Bernhard Clasen

Russland muss die 24 ukrainischen Marineangehörigen, die sich seit einem halben Jahr in russischer Haft befinden, sofort freilassen. Dies urteilte am Samstag der Internationale Seegerichtshof in Hamburg mit großer Mehrheit. Nur der russische Richter schloss sich dem Votum nicht an.

Gleichzeitig erklärte das Gericht, dass es keine Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen in Russland gegen die ukrainischen Seeleute fordere. Beide Staaten, die Ukraine und Russland, forderte das Gericht jedoch auf, Handlungen zu unterlassen, die den Konflikt noch verschärfen können.

Hintergrund ist der Gewaltakt vom 25. November 2018 in der Meerenge bei Kertsch, bei dem die russische Küstenwache einen ukrainischen Schlepper und zwei Patrouillenboote der Marine enterte und die Mannschaft verhaftete. Die ukrainischen Kriegsschiffe wollten vom Schwarzen Meer über das Asowsche Meer in die ukrainische Hafenstadt Mariupol – der Weg führt durch die Meerenge von Kertsch, die Russland von der russisch annektierten Krim trennt und über die mittlerweile eine Brücke führt. Während russische Stellen behaupteten, die Ukrainer hätten sich in russischen Hoheitsgebiet aufgehalten, befanden sich die ukrainischen Schiffe nach Angaben aller anderen Stellen in neutralen Gewässern, als sie vom russischen Grenzschutz beschossen worden waren. Seitdem sitzen die 24 Ukrainer in russischer Untersuchungshaft. Diese wurde im April bis Ende Juli verlängert. Russland beschuldigt die ukrainischen Militärs der Grenzverletzung. Bei einer Verurteilung drohen ihnen bis zu sechs Jahre Haft.

Aus russischer Sicht ist das Hamburger Gericht für diesen Fall nicht zuständig. Die Erklärungen, die die Ukraine und Russland bei der Unterzeichnung der UNO-Konvention 1982 zum Seerecht abgegeben hätten, so das russische Außenministerium auf seinem Internet-Portal, schlössen eine Behandlung eines Ereignisses wie am 25. November 2018 im Rahmen der Streitschlichtung der Seerechtskonvention aus.

Die Ukraine werde nun von Berlin neue Sanktionen gegen Russland verlangen, sollte Moskau die Forderungen des Gerichts nicht erfüllen, erklärte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, gegenüber der Nachrichtenagentur Ukrinform. „Das Urteil des Gerichts ist ein klares Signal an Russland, dass es nicht straflos internationales Seerecht verletzen darf“, schrieb Elena Serkal, stellvertretende Außenministerin der Ukraine, auf Facebook. „Das Tribunal hat deutlich festgestellt, dass Russland die Konvention der UNO zum Seerecht verletzt hat – sogar dann, wenn die fraglichen Gewässer russisches Territorium gewesen wären“, kommentierte der ukrainische Parlamentsabgeordnete Mustafa Nayyem.

Ukraines neuer Präsident Wolodimir Selenski hofft, dass Russland die Forderungen des Hamburger Gerichts erfüllt und die Matrosen freilässt. Damit, so Selenski gegenüber ukrainischen Medien, würde Russland seine Bereitschaft zur Beendigung des Konfliktes mit der Ukraine zeigen. Sergej Sidorenko, Chefredakteur der Ukrainska Prawda, zieht Parallelen zu einem ähnlichen Ereignis von 2013. Damals hatte der russische Grenzschutz das Greenpeace-Schiff „Arctic Sunrise“ gekapert, die Mannschaft verhaftet und vor Gericht gestellt. Und auch damals hatte der Internationale Seegerichtshof die Freilassung gefordert. Zwar hatte Russland auch diese Anhörungen boykottiert, das Urteil nicht akzeptiert – doch wenige Wochen danach seien die Greenpeace-Aktivisten freigekommen.

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