piwik no script img

Krise in der Iran-PolitikWachsende Nervosität am Golf

Angebliche „Sabotageakte“ gegen Handelsschiffe schüren die Sorge vor einem Irankrieg. Überraschend sucht der US-Außenminister das Gespräch mit der EU.

Der Flugzeugträger „USS Abraham Lincoln“ Foto: ap

Genf taz | Angebliche Sabotageakte gegen Handelsschiffe und Öltanker im Persischen Golf haben die Sorgen verstärkt vor einer militärischen Eskalation des Konflikts zwischen dem Iran auf der einen und den USA, Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten auf der anderen Seite. Für zunehmende Nervosität sorgte auch eine Warnung der US-Regierung vor Reisen in den Irak.

Überraschend reiste am Montag US-Außenminister Mike Pompeo nach Brüssel, wo die EU-Außenminister über die weitere Politik gegenüber Teheran nach dem angedrohten Teil­ausstieg Irans aus dem Nuklearabkommen berieten.

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Saudi-Arabien hatten am Sonntag „Sabotageakte“ gegen vier Handelsschiffe vor der Küste der Emirate gemeldet. „Vier kommerzielle, zivile Handelsschiffe unterschiedlicher Nationalitäten“ seien „Sabotageakten“ vor der Küste des zu den VAE gehörenden Emirats Fudschaira ausgesetzt gewesen, teilte das Außenministerium in Abu Dhabi mit. Es habe sich um „staatsfeindliche Operationen“ in der Nähe des Hoheitsgebietes des Landes gehandelt. Details wurden zunächst nicht genannt.

Der saudische Energieminister Chalid al-Falih erklärte am Montag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur SPA, bei den angeblichen „Sabotageakten“ seien zwei saudische Tanker erheblich beschädigt worden. Es habe aber keine Opfer gegeben und es sei kein Öl ausgelaufen. Es habe sich um einen Versuch gehandelt, weltweit die Sicherheit von Öllieferungen zu gefährden. Die ägyptische Regierung versicherte den VAE ihre Solidarität.

Die iranische Führung bezeichnete die Meldungen über Sabotageversuche als „alarmierend“ und forderte eine „lückenlose Untersuchung“. Der Zwischenfall sei bedauerlich und besorgniserregend, sagte Außenamtssprecher Abbas Mussawi am Montag. Derartige Vorfälle hätten „negative Auswirkung auf die Sicherheit des Persischen Golfes“. Er warnte vor „Verschwörung und Abenteurertum ausländischer Elemente“, um unter solchen Vorwänden einen Militärkonflikt zu provozieren. „Die Länder in der Region sollten aufpassen, dass dies nicht passiert.“

„Ein Konflikt aus Versehen“

Der britische Außenminister Jeremy Hunt äußerte sich am Montag vor dem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel „sehr besorgt über die Gefahr, dass ein Konflikt aus Versehen ausgelöst werden könnte“. Hunt forderte „eine Zeit der Ruhe, damit jeder versteht, was die andere Seite denkt“.

Die Bundesregierung wollte sich bei den Beratungen der EU-Außenminister für einen Erhalt des Atomabkommens mit dem Iran einsetzen. Sollte der Iran seinen Verpflichtungen nachkommen, seien die Europäer für das Abkommen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert vor Beginn der Beratungen. Außenminister Heiko Maas erklärte vor einem bilateralen Gespräch mit seinem US-Amtskollegen, Europa sei „sich einig, dass das Atomabkommen für die Sicherheit notwendig“ sei. Niemand wolle, dass der Iran in den Besitz einer Atombombe gelange. Das sei bislang auch erreicht worden.

Unter EU-Diplomaten in Brüssel wurde damit gerechnet, dass US-Außenminister Pompeo seine Amtskollegen hingegen zu einer konfrontativen Haltung gegenüber Teheran bewegen wolle. Auch bei Pompeos für Dienstag geplanten Gesprächen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Außenminister Sergei Lawrow in Sotschi dürfte der Konflikt und das von Moskau entschieden unterstützte Iran-Abkommen eines der Hauptthemen sein.

Flugzeugträger und Bomberstaffel

Die USA hatten vorletzte Woche den Flugzeugträger „USS Abraham Lincoln“ und eine Bomberstaffel Richtung Iran verlegt. Als Begründung nannten Pompeo und der nationale Sicherheitsberater John Bolton die „Gefahr“, dass Iran US-Truppen im Irak oder US-Schiffe im Persischen Golf angreife. Am Freitag kündigte das Pentagon zudem die Verlegung des Flugzeugträgers „USS Arlington“ und eines Patriot-Systems in die Region an.

Die US-Botschaft in der irakischen Hauptstadt Bagdad rät US-Bürgern inzwischen von Reisen in das Land ab. In einer Sicherheitswarnung auf Twitter am Sonntagabend schrieb die Botschaft, im Irak gebe es „erhöhte Spannungen“.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Der Iran baringt doch nur Frieden mit Hilfe der Hizbollah. Und unterstützt auch die Hamas die den armen Palestinensern mit ihren Hassreden hilft, einen Staat aufzubauen. Warum man jemand was gegen den Iran und sein totalitäres islamistisches Regime haben sollte, verstehe ich absolut nicht.

    • @Friedrich Helmke:

      Etwas gegen die Mullas haben und einen Krieg mit unabsehbaren Folgen vom Zaun zu brechen, sind zwei verschiedene Dinge.

  • Bin gespannt, wenn die Maddox in den persischen Golf einläuft und in irgendwas verwickelt wird.

  • 9G
    94797 (Profil gelöscht)

    Wie wurde der Überfall auf Polen begründet?



    "Seit 5.45 wird zurückgeschossen"

    Jetzt sind's halt " Sabotageakte gegen Handelsschiffe".

    Wenn man einen Grund findet will, kann man immer einen Krieg anfangen.

    • @94797 (Profil gelöscht):

      Irgendwann werden es die Deutschen schon schaffen, der Welt klar zu machen, dass das von Ihnen vorgetragene Zitat von Franklin D. Roosewelt stammt.

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Keine Details = keine Belege, nur Behauptungen von US-hörigen Staaten die auch mal bereit sind einen Menschen in einer Botschaft umzubringen. Sehr vertrauenswürdig

    Sieht für mich nach einer False Flag Attacke aus.

  • 0G
    05654 (Profil gelöscht)

    Die US-Aktionen sind de facto Völkerrechtswidrig . Da einerseits das Völkerrecht jedem Staat Souveränität garantiert und so niemand zur Teilhabe an Völkerrechtswidrigen Aktionen & Sanktionen gezwungen werden kann . Sowie andererseits das Völkerrecht Interventionen nur zu Humanitären Zwecken und zur Selbstverteidigung legitimiert , welches beides im vorliegenden Fall faktisch nicht gegeben ist , da der Iran de facto weder die USA angriff noch damit drohte . Wichtigste positivrechtliche Rechtsquellen des Völkerrechts sind die Charta der Vereinten Nationen und das in ihr niedergelegte allgemeine Gewaltverbot das auch über die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen (UNO) hinaus verbindlich ist und jedem Staat einen Angriffskrieg verbietet wie ihn die USA gerade planen . Während die UN-Charta ein Recht auf präventive Selbstverteidigung nicht vorsieht, ist eine vorbeugende Selbstverteidigung in gewissen Situationen (Caroline-Kriterien) nur dann legitim , wenn ein Angriff nachweislich unmittelbar bevorsteht , welches im Bezug auf den Iran ebenfalls nicht zutrifft . Es existiert kein Recht auf eine einer vermuteten Bedrohung vorgreifende Verteidigung , wie sie in der National Security Strategy der USA unter Berufung auf den Begriff der präemptiven Selbstverteidigung verfolgt wird.

  • „Ein Konflikt aus Versehen“

    Sieht mehr nach einer bewussten Eskalation aus...