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Schwer in Ordnung

Lastenräder verursachen keine Abgase, sie sind leise und nehmen weniger Platz weg als Automobile. Unterstützt mit E-Motor werden sie zum vielseitigen Transporter

Sattelschlepper: Paketzustellung per Lastenrad in Berlin-Prenzlauer Berg Foto: Jürgen Heinrich/imago

Von Lars Klaaßen

Lieferverkehr verschmutzt in den Innenstädten die Luft, produziert Stau und sorgt für Parkplatznot. Lastenräder können Abhilfe schaffen. In Berlin bringt eine Reihe von Projekten die effiziente Alternative voran, auch für private Nutzer. So war im vergangenen Jahr die Freude vieler Berliner Fahrradfahrer groß – zumindest die Vorfreude: Der Senat förderte erstmals Lastenräder, 200.000 Euro wurden dafür lockergemacht. Etwa 1.950 Anträge auf Förderung gingen Mitte 2018 ein. Drei Fördertöpfe gab es: 90.000 Euro für private Nutzer (rund 1.700 Anträge), 40.000 Euro für Nutzer, die ihre Lastenräder mit anderen teilen (Baugruppen oder Nachbarschaften; rund 120 Anträge) und 70.000 Euro für gewerbliche Nutzer (rund 120 Anträge). Bei den privaten Nutzern musste aufgrund der vielen Anträge das Los entscheiden.

„Das Prozedere war frustrierend“, berichtet Immanuel Hardtmann, der einen solchen Antrag gestellt hatte. „Wann der Startschuss für die Ausschreibung fällt, musste man jeden Tag auf einer Webseite überprüfen.“ An einem Werktag war es dann so weit, Stunden bevor Hardtmann von der Arbeit kam und den Antrag ausdrucken konnte: „Der musste dann in Papierform ausgefüllt zur Senatsverwaltung gebracht werden – in Zeiten, wo alle von den Chancen der Digitalisierung reden.“ Dann passierte lange nichts: „Man musste tatsächlich ein halbes Jahr auf eine Absage warten“, erinnert sich Hardtmann. „Das Verfahren war intransparent, zig Leute reichen ihre Unterlagen ein und warten – schließlich bekommt irgendwer eine Zuteilung oder auch nicht und die Kriterien dafür sind nicht klar.“

2019 geht die Förderung des Senats in die nächste Runde, diesmal werden 500.000 Euro vergeben. „Im Prozess der Beantragung und Bewilligung“ sei 2018 „ein Optimierungsbedarf deutlich“ geworden, räumte der Senat ein. Diesmal solle es besser laufen. Darauf baut unter anderem Sibylle Mühlke, die einen Antrag stellen möchte: „Ich empfinde ein Lastenrad in der Innenstadt als echte und wirklich gute Alternative zum Auto.“ Der Alltag werde einfacher, man sei flott unterwegs, bekomme alles Nötige mit und müsse nicht mit Packtaschen oder Anhänger hantieren. „Dass der Berliner Senat die Anschaffung von Lastenrädern bezuschusst, finde ich großartig – eine gute Motivation für den Umstieg.“ Auch andere Städte von Aachen bis Wolfratshausen haben Kaufprämien für Vereine, Freiberufler, Kleingewerbe und manchmal Privatleute ausgelobt, die sich Lastenräder zulegen wollen.

Unternehmen und Gewerbetreibende in Berlin wurden in den vergangenen zwei Jahren bereits über einen anderen Weg motiviert, ein Lastenrad zu nutzen. „Wir haben verschiedene Lastenrad-Modelle mit und ohne elektronischer Unterstützung kostenlos zum Testen bereitgestellt – in Kooperation mit der Industrie- und Handelskammer IHK sowie der Handwerkskammer zu Berlin und gefördert vom Bundesumweltministerium“, sagt Cora Geißler, Geschäftsführerin bei Velogut (velogut.de). „Von den 180 teilnehmenden Betrieben haben viele danach ein Lastenrad gekauft, eine Firma für mobile Reparaturdienste sogar eine Flotte von 25 Rädern.“ Mit dabei waren Schornsteinfeger, Hauswartdienste, medizinische Dienste, mobile Narkose und Palliativärzte, Tischler und Installateure. Für Einsätze auf dem eigenen Gelände beteiligte sich auch die Charité.

„Das Interesse an Lastenrädern ist in den vergangenen Jahren stark angewachsen“, so Geißler. „Mit den Kurieren fing es an, mittlerweile fragen Gewerbetreibende aus unterschiedlichen Ecken danach – und nicht zuletzt Familien wählen diesen Weg der Mobilität.“ Velogut hat Lastenräder für jeden Bedarf im Angebot, ob für Freizeit oder Business. Die Spezialausstattung reicht von der Aufhängung für eine Leiter bis hin zu Stoßdämpfern, die es erlauben, sensible Geräte zu transportieren.

Auf individuelle Bedürfnisse hin entworfene Fahrzeuge schweißt auch Lucas Bachmann zusammen, oft größer dimensioniert als klassische Modelle von der Stange. In seiner Werkstatt an der Rummelsburger Bucht fertigt der 28-Jährige Lastenräder komplett von Hand (lastenfahrradberlin.de). Die Räder aus Luc’s Lastenradschmiede transportieren Ladungen bis zu 120 Kilo und lassen sich dank kleinem Wendekreis sicher durch die Stadt navigieren. Damit die Velos in Übergröße nicht im Verkehr steckenbleiben, sind die Konstruktionen maximal 1,14 Meter breit und passen somit durch die Poller, die in Berlin üblicherweise 1,20 Meter auseinander stehen.

Wer erst einmal ausprobieren möchte, was ein Lastenrad kann oder nur für den Einzelfall eines benötigt, kann sich seit August 2018 an fLotte Berlin wenden (flotte-berlin.de). Das vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) unterstützte Projekt stellt die Tret-Transporter kostenfrei zur Ausleihe bereit, Spenden werden aber gerne angenommen. Interessenten müssen sich registrieren, bevor sie ein Rad buchen können. Die Standorte befinden sich bislang ausschließlich in Lichtenberg und Spandau. Die Bezirke unterstützen das Projekt ebenfalls.

Unternehmen, die in Berlin ausliefern lassen, können mittlerweile auch Velo-Transporter dafür nutzen. Velogista etwa fährt Waren mit Elektro-Lastenfahrrädern ans Ziel, die bis zu 250 Kilo zuladen können und eine Geschwindigkeit von 25 Kilometer pro Stunde erreichen (velogista.de). Die Ladeboxen haben Innenraummaße von 135 mal 135 mal 95 Zentimeter.

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