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Männerkrach am Monbijou

Die Ex-Freunde Christian Schulz und David Regehr konkurrieren um die Erlaubnis, das Open-Air-Theater im Monbijoupark betreiben zu dürfen. Ein Prinzen-Drama frei nach Shakespeare

Durchaus begehrt: Das Monbijou-Theater wird jährlich von etwa 100.000 Menschen besucht Foto: Bernd Schönberger

Von Tom Mustroph

Es gibt Zank um das Monbijou-Theater in Berlins historischer Mitte – also jenem Volkstheater mit recht derber Bühnensprache, das von Kritikern eher verpönt und vom Publikum aber für Kult erachtet wird. Drei Freunde treten auf, drei Ex-Freunde. Schulz und Regehr arbeiten seit 19 Jahren dort zusammen. Sie hoben die benachbarte Strandbar aus der Taufe, sind gemeinsame Besitzer von Clärchens Ballhaus und engagierten sich anfangs im Schloss Schwante, einem ehemaligen Gutshaus in Brandenburg, das von Kreativen zum Theater umfunktioniert wurde. Regehr ist dort, sagte er der taz, inzwischen ausgestiegen.

Dritter Mann ist Sven Diedrich, Bezirksverordneter der Linken in Mitte. „Ich unterstütze das Monbijou-Theater seit 21 Jahren“, sagt er taz. Pech nur, dass er eher selten erwähnte, dass ihm bei einem eigenen Gastwirts-Abenteuer die Freunde Schulz und Regehr finanziell mit 35.000 Euro unter die Arme griffen.

„Ja, man kann darin einen Interessenkonflikt sehen“, sagt Frank Bertermann, Bezirksverordneter der Grünen. „Sven Diedrich hätte vor den Abstimmungen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) auf diesen Sachverhalt durchaus aufmerksam machen können.“ Er versichert aber: „Sven Diedrich war nie in einer Position, allein über das Monbijou-Theater entscheiden zu können.“ Diedrich sagt, keine persönlichen Interessen am Theater zu haben und bei keinem Bewerberkonzept finanziell zu profitieren.

Zwei Bewerberkonzepte gibt es, weil die Freunde zanken. Regehr und Diedrich stehen auf der einen, Schulz und die ehemaligen Begründer der Urformation des Hexenkessel Hoftheaters, Roger Jahnke und Jan Zimmermann, auf der anderen Seite. Jahnke und Zimmermann hatten sich von Schulz, Regehr & Co. vor vier Jahren im Zorn getrennt, sind nun aber wieder da. Streit und Versöhnung – wie auf der Bühne.

Anlass des Konflikts ist, dass Strandbar und Theater sich auf öffentlichem Parkgelände befinden. Die Nutzung durch Gastro und Theater wird nur geduldet. Die Duldung wird jedes Jahr routinemäßig vom Bezirksamt Mitte erteilt – Strandbar und Amphitheater sind ja Kult.

Jetzt aber hatten Bezirksamt und BVV Mitte den Verdacht, dass die Strandbar mehr erwirtschaftet, als zur Querfinanzierung des Theaters nötig ist. „Es machte zuletzt mehr den Eindruck von Kneipenbetrieb mit angeschlossenem Theater. Der Unmut war groß, weil es Gerüchte gab, dass aus dem Geschäft, das den Park belastet, Gelder für das Schloss Schwante in Brandenburg flossen. Wir wollen deshalb den Gastrobetrieb auf gemeinnützige Füße stellen“, sagt BVV-Abgeordneter Bertermann.

Schloss Schwante wurde von Schulz 2009 gekauft. Es ist Teil der GmbH, wie auch das Monbijou-Theater, die Strandbar und das Restaurant „Altes Europa“. Schulz begründet den Erwerb des Schlosses so: „Es diente mir vor allem als Sicherheit für den Theaterbetrieb. Das Schloss ist ein Objekt, das ich Banken als Sicherheit geben kann, wenn ich einen Kredit brauche.“ Über diese Brücke kann man gehen. Der Theaterbetrieb ist durch Unsicherheit geprägt. Kommt jedes Jahr die Duldung? Was passiert, wenn der Sommer verregnet ist?

„Das Theater wirft doch selbst Geld ab, er muss sich doch gar nichts leihen“, meint aber Bertermann. Wenn das stimmt, müsste Schulz von den Berliner Haushältern eine Art Landesverdienstorden überreicht bekommen: für das erste Theater der Stadt, das ohne Förderung auskommt und trotzdem Geld macht.

Bei einer Untersuchung des Arbeitskreises Monbijou-Theater an der BVV kam heraus, dass das Theater zumindest nah an der Kostendeckung arbeitet. 2017 wurden 1,345 Millionen Euro durch Eintrittsgelder eingenommen. Produktionskosten für das Theater: 1,16 Millionen Euro. Hinzu kommt ein Anteil an 400.000 Euro „allgemeinen Kosten“. Dieser Anteil, etwa Gehälter für die Buchhaltung und für Transportkosten in der gesamten GmbH, ist schwer ­abzuschätzen. Viel Luft für Schwante bleibt nicht. Wie sehr das Theater auf die Querfinanzierung durch die Strandbar angewiesen ist, ist jedoch ebenfalls unklar.

Nun liegen zwei Konzepte vor. Eines der Gruppe um Schulz und Jahnke, ein anderes von Regehr & Co. Künstlerisch weisen beide Programme Parallelen auf. Beide wollen den „Faust“-Stoff bearbeiten, als Jubiläumsstück. Anlass: 1819 wurde „Faust“ ausgerechnet im Schloss Monbijou uraufgeführt.

Aktuell liegt ein Kompromiss­angebot in der Luft. Danach soll Regehr das Theater bekommen und Schulz den Gastrobetrieb, allerdings als gemeinnützige GmbH mit dem Zweck der Querfinanzierung des Theaters. In Kurzform: Der, der rausgedrängt wird, darf zu schlechteren Bedingungen wieder mittun, als Querfinanzierer für ein Theater, das sich laut Behauptungen derer, die es betreiben wollen, locker selber trägt. Shakespeare wäre verzückt über so viele Widersprüche. Die Humboldt-Universität, Verwalterin des Geländes, will noch in dieser Woche eine Entscheidung fällen. Das ist auch nötig. Denn die rivalisierenden Künstlergruppen planen die Saisoneröffnung Anfang Juni.

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