Bayernparteivorsitzender zum Frauentag: „Das ist Agitprop“
Warum ausgerechnet die Bayernpartei gegen den Frauentag als neuen Feiertag in Berlin ist? Das erklärt deren Vorsitzender Florian Weber.
taz: Herr Weber, Berlin gehört zu den fünf Bundesländern mit den wenigsten Feiertagen, nämlich neun. Die Bayern haben je nach Wohnort zwölf bis vierzehn. Warum gönnen Sie den Berlinern nicht wenigstens einen zehnten?
Florian Weber: Ich gönne den Berlinern jeden Feiertag. Aber hier geht es doch um eine rein politische Propagandamaßnahme. Das Groteske in diesem Fall ist ja, dass wir Bayern diesen Feiertag auch noch mitbezahlen müssen, und das ist dann schon etwas schwierig.
Sie meinen: über den Länderfinanzausgleich?
Zum Beispiel. Es gibt noch weitere Ausgleichszahlungen, aber das Spürbarste ist natürlich der Länderfinanzausgleich.
Was muss denn der bayerische Steuerzahler abdrücken, damit die Berliner feiern können?
Das lässt sich nicht ganz genau sagen, weil man erst mal berechnen müsste, um wie viel die Wirtschaftsleistung in der Zeit geschwächt wird. Aber es sind sicher sehr hohe Summen. Wir kennen das Thema ja von den Tarifverhandlungen: Ob man einen Tag mehr oder weniger arbeitet, das macht schon viel aus.
Bayern war nicht immer Geberland. Fast 40 Jahre lang hat es selbst vom Länderfinanzausgleich profitiert – und trotzdem reichlich Feiertage gehabt.
Das ist richtig. Ich bin auch nicht grundsätzlich gegen Feiertage, solange sie eine Sinnhaftigkeit haben. Übrigens: Bayern hat inzwischen das, was es aus dem Länderfinanzausgleich erhalten hat, schon 17-mal zurückgezahlt.
Jahrgang 1963, kämpft als Chef der Bayernpartei für die Unabhängigkeit Bayerns – bislang vergeblich. Bei der Landtagswahl im Oktober kam die Partei gerade noch auf 1,7 Prozent der Stimmen.
Das Wesen der Solidarität ist aber nun mal: Man hilft dem, der's gerade braucht – ohne Bilanz zu ziehen, ob es sich unterm Strich für einen lohnt.
Auch da stimme ich mit Ihnen überein. Es geht auch gar nicht um eine Gegenleistung. Aber ich finde, dass Solidarität schon auch an eine gewisse Sinnhaftigkeit geknüpft sein sollte. Wenn ich wirklich helfen will, dann will ich beim anderen auch das Bestreben erkennen, mit dem Geld halbwegs zielführend umzugehen. Natürlich klappt das nicht immer zu 100 Prozent. Aber man sollte es versuchen. Mein Vorschlag wäre ein neuer Feiertag, wenn der Berliner Flughafen fertig wird. Das wäre eine echte Leistung.
Sie sind gar nicht gegen einen weiteren Feiertag in Berlin, sondern speziell gegen diesen Feiertag?
Ich finde schon, dass es für die Einführung eines Feiertags einen gesellschaftlichen Konsens braucht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Zustimmung zu diesem Feiertag in Berlin so rasend groß ist – abgesehen davon, dass es natürlich immer schön ist freizuhaben.
Die Bayernpartei ist eine sehr männlich dominierte Partei. Kann es sein, dass Ihnen auch einfach das Verständnis für das Anliegen dieses Feiertags fehlt?
Unsinn, dafür habe ich sehr großes Verständnis. Ich will das Problem absolut nicht kleinreden: Frauen sind in vielen Bereichen benachteiligt, das ist keine Frage. Und da gibt es vieles, was wir ändern müssen. Aber mit einem Feiertag wird uns das sicher nicht gelingen. Das ist eine reine Agitprop-Maßnahme, die aus einem bestimmten ideologischen Hintergrund, aber eben nicht aus der Mitte der Gesellschaft kommt. Ich finde es auch bezeichnend, dass sich Berlin jetzt in die Reihe von so grandiosen Staaten wie Kasachstan und Nordkorea stellt. Da frage ich mich schon, ob man die Berliner Politik dann noch ernst nehmen kann.
Kann es sein, dass Sie sich nur bei den Berlinern unsympathisch machen wollen? Schließlich haben Sie schon mal bei der Europawahl um Berliner Stimmen geworben – mit dem Slogan „Wollt ihr nicht auch die Bayern loswerden?“.
Das gilt natürlich nach wie vor. Wer uns Bayern in Berlin loswerden will, für den gibt es nur eines: Bayernpartei wählen. Ich finde Berlin im Übrigen ausgesprochen sympathisch. Unsympathisch sind mir nur bestimmte politische Aktivitäten, die in der Berliner Politik offenbar mehrheitsfähig sind. Das hat aber nichts mit den Menschen zu tun.
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