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Debatte Lehrerverbeamtung in BerlinKeine Flucht in die Verbeamtung

Die Linke erfragt Zahlen zu Berliner LehrerInnen, die nach dem Examen in andere Bundesländer abwandern, weil dort der Beamtenstatus lockt.

Uneins beim Thema Verbeamtung: SPD-SenatorInnen Scheeres (l.) und Kollatz Foto: dpa

In der Debatte über die Wiedereinführung der Lehrerverbeamtung bringen sich die politischen Gegner zusehends in Stellung. Die vermeintliche Tatsache, dass LehrerInnen nach dem zweiten Staatsexamen lieber in ein anderes Bundesland gehen würden, um sich dort verbeamten zu lassen, war in den letzten Wochen von BefürworterInnen der Verbeamtung gerne als Argumentationshilfe in eigener Sache genutzt worden. Nun sagt die Linken-Bildungspolitikerin Regina Kittler unter Berufung auf Zahlen aus der Verwaltung von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD): „Es gibt keine Berlinflucht von jungen Lehrkräften.“

Eine interne Schätzung der Bildungsverwaltung Ende Januar ging von rund 400 LehrerInnen aus, die – angeblich wegen Nichtverbeamtung – Berlin jedes Jahr den Rücken kehren. Das klang ernst, die CDU nutzte die medial kolportierten Zahlen sogleich, um die Wiederverbeamtung zu fordern.

Nun widerlegen die Zahlen, die Kittler erfragt hat, nicht direkt diese Schätzung. Allerdings zeigen sie, dass die Verbeamtung anderswo die JunglehrerInnen auch nicht über die Maßen beeindruckt. Denn die Einstellungszahlen von AbsolventInnen des landeseigenen Vorbereitungsdiensts schwanken zwar, blieben in den letzten vier Jahren aber konstant zwischen 816 (2018) und rund 1.200 BewerberInnen. Und die Bewerbungen von AbsolventInnen aus anderen Bundesländern – wo ja verbeamtet wird – legten sogar zu (von 423 in 2013 auf 762 in 2018).

Linken-Abgeordnete Kittler hatte auch die Wanderungsbewegungen dienstälterer Berliner Lehrkräfte bei der Bildungsverwaltung angefragt. Die Antworten stehen allerdings noch aus.

Scheeres: Verbeamtung „kein Tabu mehr“

Grünen-Fraktionschefin Silke Gebel äußerte sich zuletzt ablehnend zum Thema Verbeamtung. In ihrem Koalitionsvertrag haben Rot-rot-grün ebenfalls festgehalten, nicht zur Verbeamtung zurückkehren zu wollen.

Die SPD muss nun auf ihrem Parteitag Ende März eine gemeinsame Linie finden. Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) hatte sich zuletzt skeptisch zu den Kosten einer Wiederverbeamtung geäußert. Seine Parteigenossin Scheeres hatte indes mehrfach betont, sie sei im Kampf um Fachkräfte „kein Tabu mehr“ und komme Berlin auch langfristig nicht teurer zu stehen.

Die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Maja Lasić, warb hingegen unlängst für eine ergebnisoffene Prüfung, was teurer sei: Die Verbeamtung, oder eine finanzielle Besserstellung von dienstälteren angestellten LehrerInnen, die im Vergleich zu BeamtInnen schlechter gestellt sind – etwa bei Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bei der Altersvorsorge.

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2 Kommentare

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  • "Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) hatte sich zuletzt skeptisch zu den Kosten einer Wiederverbeamtung geäußert."



    Das ist sachlich falsch!



    Hier sei auf die Berliner Zeitung vom 9.1. verwiesen: "Würden alle tarifbeschäftigten Lehrkräfte unter 50 Jahren mit abgeschlossenem Lehramtsstudium und gesundheitlicher Eignung verbeamtet, spare man rechnerisch zunächst sogar jährlich 266 Millionen Euro, hieß es." www.berliner-zeitu...n-lehrern-31845560

    Was Frau Kittler leider vergisst: Seit 15 Jahren wird versprochen, dass die Nachteile ausgeglichen werden. Allein passiert ist nichts. Das neoliberale "Ungleiches Geld für gleiche Arbeit" scheint ein Motto bei einigen von Rot-Rot-Grün.

    Spannender Nebenpunkt ist auch noch, dass Frau Kittler laut Webseite des Abgeordnetenhaus selber Beamtin ist - Studienrätin ist ein Titel, der nur von Beamtinnen geführt werden darf!

    Da die restlichen Arbeitsbedingungen in dem Beruf wahrscheinlich erst ernsthaft angegangen werden, wenn der BER fertig ist (aka Sanktnimmerleinstag), wäre wenigstens die finanzielle und soziale Gleichstellung der Lehrkräfte ein Zeichen in die Kollegien, dass r2g ernsthaft etwas im Bildungsbereich verbessern will. Aber das ist offensichtlich ungewollt.

    Zu den angesprochenen Änderungen im Krankheitsfall und im Alter sagt selbst die GEW Berlin, dass dies ohne jegliche Tarifverhandlung oder Gesetzesänderung möglich ist, konkret über die VBL und entsprechende Zusatzversicherungen.

    Aber wie gesagt: Keine der Regierungsparteien tut etwas und leiert nur die Sprüche runter, mit denen man seit 15 Jahren Menschen vertröstet bzw. veräppelt.

    Die Frage nach der Wanderungsbewegung ist daneben populistisch und unsinnig. Niemand erfasst, warum jemand kündigt und das Lehreraustauschprogramm wird wenig genutzt. 6 Wochen ist die Kündigungsfrist für Angestellte - das reicht für eine Kündigung und einen entspannten Wechsel über die Sommerferien.

  • Eine finanzielle Besserstellung von dienstälteren angestellten LehrerInnen ist sehr gefährlich. Die verbamteten Lehrer könnten wegen der Ungleichbehandlung klagen und dann würde es richtig teuer.

    Angesichts des extremen Ungleichgewichtes bei der Bezahlung liegt eine Abwanderung wegen Verbeamtung auf der Hand. Sollte dies tatsächlich nicht die Ursache sein, bleiben eigentlich nur noch die politischen Umstände in dieser Stadt.