piwik no script img

Kommentar Grüne und GewerkschaftenKooperation ist keine Einbahnstraße

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Es ist gut, wenn sich die Grünen stärker sozialen Fragen widmen. Umgekehrt sollten sich auch die Gewerkschaften dem Ökologischen öffnen.

Ihnen ist die soziale Frage wichtiger als die ökologische: Kohlearbeiter bei einer Demo in Berlin im Jahr 2015 Foto: Stefan Boness/Ipon

E s ist ein Bild, dass die Grünen und die Gewerkschaften enger zusammenarbeiten. Der medial inszenierte Schulterschluss der Spitzen von Partei und DGB soll vor allem deutlich machen, dass die Grünen sozialen Fragen wieder mehr Raum geben wollen. Das ist ohne Frage richtig. Ökologie kann nur erfolgreich sein, wenn sie die soziale Frage mitdenkt, das zeigen die massiven Proteste gegen die höheren Spritsteuern in Frankreich. Und wenn sie statt mit der SPD immer öfter mit der Union regieren, wächst damit automatisch die Verantwortung der Grünen in der Arbeits- und Sozialpolitik, um die sich sonst die Sozialdemokraten kümmern.

Doch um wirklich erfolgreich zu sein, darf der intensivere Austausch keine Einbahnstraße sein. Mindestens ebenso wichtig wie eine Stärkung des Sozialen bei den Grünen ist eine Stärkung des Ökologischen bei den Gewerkschaften. Und da gibt es, um es freundlich auszudrücken, noch viel Potenzial.

Das zeigt sich nicht nur in der Energiepolitik, wo die IG BCE mit großem Einsatz gegen die deutschen Klimaziele und für einen möglichst späten Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohleverstromung gekämpft hat – und dabei von der DGB-Spitze unterstützt wurde. Auch in der Verkehrspolitik kämpften die Gewerkschaften gegen ambitionierte CO2-Ziele und polemisieren gegen die Deutsche Umwelthilfe, die Fahrverbote durchsetzt.

Den Umstieg aufs Elektroauto sehen viele ArbeitnehmervertreterInnen nicht als umweltpolitische Notwendigkeit, die viele Chancen bietet – sondern als Gefahr für Arbeitsplätze jener KollegInnen, die Diesel- und Benzinmotoren bauen.

Natürlich gibt es auch innerhalb der Gewerkschaften eine andere Strömung, die Klimaschutz als Voraussetzung für zukunftsfähige Jobs begriffen hat. Viele GewerkschafterInnen wollen den notwendigen Strukturwandel nicht aufhalten, sondern aktiv gestalten, doch sie können sich oft nicht durchsetzen. Wenn diese Kräfte durch die wachsende Kontakte zu den Grünen gestärkt werden, wäre das ein großer Gewinn für alle Beteiligten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!