piwik no script img

Europäische Richtlinien für ExporteNeue deutsche Rüstungsdebatte

Frankreich fordert mehr Freiheit bei Rüstungsgeschäften. In einem Ge­heim­papier stimmt Deutschland zu. Dabei sieht der Koalitionsvertrag anderes vor.

Deutscher Expoprtschlager: Ein Leopard-Panzer der türkischen Armee Foto: dpa

Berlin taz | Beim Thema Rüstungsexporte blieb Heiko Maas in dieser Woche uneindeutig. Der Außenminister empfing am Mittwoch seinen britischen Amtskollegen Jeremy Hunt, und das Thema Nummer eins während der anschließenden Pressekonferenz war ausnahmsweise nicht der Brexit, sondern die Frage, ob Deutschland im europäischen Interesse seine Richtlinien zum Rüstungsexport aufweichen sollte. Über Exporte müssten im Zweifel auch in Zukunft die Mitgliedstaaten entscheiden, sagte Maas. Den Bundessicherheitsrat, der bisher zuständig ist, wolle er nicht antasten. Aber: „Trotzdem glaube ich, dass es durchaus Optimierungsmöglichkeiten gibt.“

Deutschland hat eine neue Rüstungsdebatte. Es geht um Rüstungsgüter, die deutsche Unternehmen mit Partnern aus anderen EU-Ländern bauen. Auch wenn nur wenige Bauteile einer Waffe aus deutscher Produktion stammen, gelten am Ende die deutschen Exportrichtlinien. Und die sind zwar noch immer nicht besonders streng, aber zumindest strikter als die in vielen anderen EU-Staaten. Dort sorgt das für Ärger.

Ein Beispiel sind die Kampfjets Tornado und Eurofighter, die in Großbritannien gefertigt und zum Teil nach Saudi-Arabien verkauft werden sollen. Die Bundesregierung genehmigt wegen der Menschenrechtslage derzeit keine Rüstungsexporte an den Golfstaat. Entsprechend erhalten britische Fabriken für die Jets keine Bauteile mehr aus Deutschland – zum Ärger der britischen Regierung.

Die Debatte wird in Zukunft noch relevanter: Deutschland hat sich mit anderen EU-Staaten darauf geeinigt, bei Rüstungsprojekten stärker zusammenzuarbeiten. Im Idealfall soll es in Zukunft nicht mehr zehn Panzer aus zehn verschiedenen Ländern geben, sondern nur noch einen gemeinsamen für alle. Rüstungsprojekte sollen durch Konsolidierung effizienter werden.

Ärger mit Frankreich

Konkret angedacht ist, dass deutsche und französische Firmen gemeinsame Kampfpanzer und Kampfflugzeuge bauen werden. Derzeit würden auch hier die relativ strengen deutschen Richtlinien den Export der Waffen an bestimmte Länder verhindern. Der französischen Regierung, die bei Rüstungsexporten nachgiebiger ist, passt das nicht.

Bei den Verhandlungen über den neuen deutsch-französischen Freundschaftsvertrag, der im Januar in Aachen unterzeichnet wurde, forderte die französische Seite mehr Freiheit bei Rüstungsgeschäften. Im offiziellen Abkommen landete zu dem Thema nur ein schwammiger Satz. Konkrete Vereinbarungen stehen dagegen in einem Zusatzpapier, über das vergangene Woche zuerst der Spiegel berichtete. Die Existenz des Papiers (unter diesem Link im Volltext abrufbar) war zuvor nicht bekannt. Dem Bundestag liegt es bis heute nicht vor.

Dabei hat es die zweiseitige Vereinbarung, die laut Bundesregierung bisher nur eine Gesprächsgrundlage sein soll, in sich. Bei gemeinsamen Rüstungsprojekten, so heißt es dort, sei Einspruch gegenüber Exportvorhaben des einen Staates nur zulässig, wenn „direkte Inter­essen oder die nationale Sicherheit“ des anderen Staates gefährdet seien. In solchen Fällen sollen Gespräche auf Regierungsebene starten. Wer Einspruch erhebt, muss „Alternativlösungen“ vorlegen.

Widerspruch zum Koalitionsvertrag

Das wäre eine Aufweichung, die dem Koalitionsvertrag widerspricht. Dort ist vereinbart, die „Rüstungsexporte für Drittländer weiter einzuschränken“. Trotzdem wirbt die CDU jetzt dafür, die Exportrichtlinien entsprechend dem Geheimpapier aufzuweichen. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz plädierte Kanzlerin Merkel für eine gemeinsame europäische Rüstungsexportpolitik. „Da haben wir in Deutschland noch viele komplizierte Diskussionen vor uns“, sagte sie. Aber auch die SPD ist gesprächsbereit. Nicht nur, dass Außenminister Maas von „Optimierungsmöglichkeiten“ spricht. Auch Florian Post, in der Bundestagsfraktion für das Thema zuständig, redet von Kompromissen.

Am Donnerstag diskutierte das Parlament auf Antrag der Grünen über das Geheimpapier. „Es wäre völlig naiv, zu glauben, dass wir unsere deutschen Grundsätze bis ins letzte Komma durchsetzen können“, sagte Post. Zu stark will er die Richtlinien aber nicht aufweichen: „Sensible Rüstungsgüter“ wie Kampfpanzer und Jets dürften auch in Zukunft nicht an Länder wie Saudi-Arabien exportiert werden.

Den Grünen wäre auch das nicht restriktiv genug. Deutsche und französische Unternehmen sollen Rüstungsgüter „gerne für den europäischen Markt bauen“, sagte die Abgeordnete Katja Keul im Bundestag. Das sei „wirtschaftlich nicht so uninteressant“, dass man die Waffen dann auch noch an Dritte verkaufen müsse.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • lle deutschen “Pro-Europäer”, die eine gemeinsame Armee und eine gemeinsame Rüstung fordern, sollten mal kurz darüber nachdenken, was das wirklich bedeutet: den endgültigen Verlust der letzten Einspruchsmöglichkeiten sowohl des Bundestages als irgendwann auch der Bundesregierung, die ja sowieso ihre Macht an die “Wirtschaft” abgeben will. “Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt”, und deutsche Soldaten ebenfalls. Wer das dann immer noch befürwortet, ist nicht Pro-Europäer, sondern Kriegstreiber. Quelle Nachdenkseiten

  • Eindeutig: Seit Jahren WILL die EU in einen Krieg ziehen ausserrhalb der traditionellen Schauplätze "Nahost/Afrika" ziehen. Damit werden dann wirtschaftliche Konkurrenten niedergebombt. PS: B in neugierig, ob wir das Smartphone mal für ne Sekunde weglegen, wenn die erste EU Atombombe an einem deustschen Schrottbomber hängt....

  • "Deutsche und französische Unternehmen sollen Rüstungsgüter „gerne für den europäischen Markt bauen“, sagte die Abgeordnete Katja Keul im Bundestag. Das sei „wirtschaftlich nicht so uninteressant“, dass man die Waffen dann auch noch an Dritte verkaufen müsse."

    Richtig. Wir brauchen europäische Richtlinien, die das umsetzen.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...die Bundesregierung, gerne auch verharmlosend als 'GroKo' bezeichnet, kriecht auch allem und jedem in den Hintern. Sei es nun die Autoindustrie, die Rüstungsindustrie, die Energiewirtschaft, oder die Landwirtschaftsindustrie, überall gibt's was zu verdienen.

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Vor allem muss man ja auch an die Zukunft denken,an all die herrlich lukrativen Jobs in dieser von der Groko von allen Bürden befreiten Wirtschaft denken.