: Saubere Sache?
Für Waschmittel gibt es kein Bio-Siegel. Eine Reihe von Anbietern garantiert auch ohne Zertifizierung hohe Standards
Reinigungs- und Waschmittel werden zunehmend damit beworben, vegan, ökologisch, natürlich oder bio zu sein. Das klingt gut für die Umwelt und gut für den Menschen, aber so einfach ist es nicht: „Würden wir jetzt über Naturkosmetik sprechen, lägen die Dinge klarer, da verbieten Standards etwa alle erdölbasierten Inhaltsstoffe“, erklärt die Diplom-Chemikerin und Expertin für Ernährung und Umwelt Kerstin Etzenbach-Effers von der Verbraucherzentrale NRW. Bei Wasch- und Reinigungsmitteln hingegen müsse genauer hingeschaut werden. Weder „bio“ noch „öko“ sind in diesem Bereich eindeutig definierte Begriffe, die EU-Öko-Verordnung greift nur für Lebensmittel. Ergo: Was unter „bio“ in Bezug auf Wasch- und Reinigungsmittel verstanden wird, wäre bei jedem Hersteller nachzulesen.
Zwar verzichten viele von ihnen auf optische Aufheller und Enzyme, aber bei Weitem noch nicht alle. Auch beziehen sich diese Kennzeichnungen üblicherweise auf die Herkunft der Substanzen – häufig werden Tenside beziehungsweise Saponine aus nachwachsenden Rohstoffen eingesetzt.
Doch auch natürliche Rohstoffe können zur Umweltbelastung werden. Etwa wenn sie über das Abwasser in heimische Gewässer fließen. Limonen, ein Duftstoff aus der Zitronenschale sei schwer abbaubar und könne sich im Fettgewebe etwa von Fischen anreichern, so Etzenbach-Effers. Chemisch-synthetisch produzierte Stoffe wie der Moschus-Duft stellen die Umwelt noch einmal vor eine besondere Herausforderung. Beim Menschen führten Duftstoffe, pflanzliche wie synthetische, des Öfteren zu Kontaktallergien, erklärt die Expertin.
„Ätherische Öle sind Stoffe, die an Land gewonnen wurden, in Gewässern haben die nichts zu suchen“, erklärt Marcus Gast vom Umweltbundesamt. Für Wasserorganismen sind sie teilweise giftig, in Kläranlagen können sie nicht abgebaut werden. Kritisch wird es, wenn es durch eine erhöhte Konzentration zu einer toxischen Anreicherung in den Gewässern kommt, die sich schließlich in der Nahrungskette von Algen, Kleinstkrebsen und Fischen wiederfindet.
Nicht minder übel ist das Mikroplastik, das nahezu allen konventionellen Flüssig-Waschmitteln wegen der Optik beigemengt wird. In winzigen Partikeln sorgt es dafür, dass sich Licht in der Flüssigkeit ansprechend schillernd bricht. Letzte Woche habe allerdings die Europäische Chemikalienagentur der EU-Kommission einen Vorschlag vorgelegt, freut sich Gast, Mikroplastik in Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmitteln generell zu verbieten.
Schon einen Schritt weiter ist man mit EU-Ecolabel und Blauem Engel, Umweltsiegeln, die nur Reinigungs- und Waschmittel tragen dürfen, die kein Mikroplastik enthalten sowie keine oder auf ein Minimum reduzierte Konservierungs- und Duftstoffe – die sowohl Kerstin Etzenbach-Effers als auch Marcus Gast ausdrücklich empfehlen.
In Bio-Läden gebe es durchaus Produkte zu kaufen, die sich ohne Zertifizierung an hohe Standards halten, so Gast. Einigen Labeln fehlt es aber an Transparenz oder Eindeutigkeit, so beziehen sie sich nur auf die Produktion ihrer Waschmittel, nicht aber auf Inhaltsstoffe und deren Umweltwirkung. Für den Laien lässt sich die Waschkraft selbst überprüfen. Ob Nachhaltigkeitsaspekte Berücksichtigung finden, wie bei Euro-Blume oder Blauem Engel, eher nicht. Gerade die Einhaltung solcher Kriterien wäre wichtig, findet Gast, denn noch immer sei der Einsatz von Palmöl als generierender Tensid- und Seifenrohstoff bei Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmitteln „der große Klassiker“. „Ohne Vorgaben zum nachhaltigen Anbau wird für unsere Wäsche-Reinigung immer noch Regenwald gerodet.“ Neben Palmöl konkurrieren ebenso nachwachsende Rohstoffe mit Anbauflächen für Lebensmitteln in den Produktionsländern, gibt Etzenbach-Effers zu bedenken. Allzu oft werde das Problem nur global verlagert. Ein Beispiel: So beflügelten die leistungsstarken Waschnüsse die hiesige Nachfrage und einen Preisanstieg. In Indien, wo die Nüsse angebaut werden, muss sich die Bevölkerung nun wieder mit den billigeren industriellen Reinigern begnügen.
Für die Umweltbilanz eines Produktes sind eben die Randparameter genauso entscheidend wie die verwendeten Stoffe, sagt Gast. Das fängt damit an, dass ein Konzentrat weniger Verpackungsmaterial benötigt. Übrigens sind viele der Reinigungs- und Waschmittel zwar vegan, aber noch immer 90 Prozent der Weichspüler auf dem Markt talgbasiert (also wird hier mit tierischen Zusätzen gearbeitet). Prinzipiell können Seifen aus tierischen Fetten gewonnen werden. Gallseife ist tierischen Ursprungs, aber auch bei Fleckenentfernern gibt es Alternativen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte nach dem Siegel der Vegan Society Ausschau halten, das wird von Experten empfohlen.
Bleibt eine Faustregel, zu der die Experten einstimmig raten: Möglichst zu schwach Duftendem greifen und sparsam dosieren. Jana Janika Bach
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